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vom 16. Mai 2013 [PDF, 5.00 MB] - Glattfelden

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Seite 14, Nr. 10, <strong>16.</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2013</strong><br />

Der Minizug, der aus dem Kraftwerk kam<br />

Im Jahr 1847 fuhr die<br />

erste Eisenbahn der<br />

Schweiz von Zürich nach<br />

Baden. 98 Jahre später<br />

bauten die Mitarbeiter<br />

im Rheinsfelder Kraftwerk<br />

ein naturgetreues<br />

Modell der legendären<br />

Spanisch-Brötli-Bahn.<br />

Bruno Meier<br />

Die Mini-Spanisch-Brötli-Bahn<br />

wird beim Kraftwerk für den<br />

Auftritt am Zürcher Sechseläuten<br />

bereitgestellt. Fotos: zvg<br />

Probefahrt mit Zweidler Schulkindern auf der im Jahre 1947 noch holprigen Rheinsfelderstrasse.<br />

Am 7. August 1847 fuhr die erste<br />

Eisenbahn der Schweiz zum ersten<br />

Mal von Zürich nach Baden<br />

und zurück. Schon bald nach der<br />

Einweihung erhielt die Bahn den<br />

bis heute legendären Namen<br />

«Spanisch-Brötli-Bahn». Dies deshalb,<br />

weil die «feinen» Zürcher<br />

Herrschaften sich – vornehmlich<br />

sonntags – von einem bekannten<br />

Badener Koch und Bäckermeister<br />

Blätterteiggebäck durch ihre Boten<br />

holen liessen. Vorher mussten<br />

die armen Bediensteten sich<br />

jeweils kurz nach Mitternacht zu<br />

Fuss auf den Weg machen, damit<br />

ihre Auftraggeber frische Spanische<br />

Brötchen auf dem Sonntag-<br />

Morgentisch zur Verfügung hatten.<br />

Die Originalfahrzeuge dieser<br />

historischen Bahn wurden später<br />

bei der Elektrifizierung der Strecke<br />

bis auf zwei Wagen verschrottet.<br />

Zur 100-Jahrfeier wurde<br />

der Zug allerdings nachgebaut<br />

und steht heute im Verkehrshaus<br />

Luzern.<br />

Im Verkehrshaus der Schweiz<br />

kann aber auch eine Miniatur-<br />

Spanisch-Brötli-Bahn bewundert<br />

werden, die im Massstab 1:3 gebaut<br />

wurde und eine beinah<br />

ebenso abenteuerliche Geschichte<br />

hat, wie das Original selbst.<br />

Spielzeug für Erwachsene<br />

Dieser Minizug wurde laut der<br />

Wochenendausgabe der «Neuen<br />

Zürcher Zeitung» <strong>vom</strong> 20. April<br />

1947 Anfang der 1940er-Jahre<br />

im NOK-Kraftwerk Eglisau in<br />

Zweidlen gebaut. Laut Zeitungsbericht<br />

hatte der damalige Betriebsleiter<br />

Kurt Gloor die Idee,<br />

anlässlich der bevorstehenden<br />

Elektrifizierung der Bahnstrecke<br />

Eglisau–Basel ein historisches<br />

Miniaturzüglein zu bauen. Dieses<br />

sollte dann bei der Einweihungsfeier<br />

im Rahmen eines von der<br />

Jugend aufgeführten Festspieles<br />

in Zweidlen eine Rolle spielen. So<br />

wurde mit Zustimmung der Direktion<br />

in Baden von den Kraftwerkmitarbeitern<br />

ein Miniaturdampfzug<br />

konstruiert. Dies vorwiegend<br />

in der Freizeit, wie die<br />

Zeitung schreibt. Der Erfolg dieses<br />

«Spielzeuges für Erwachsene»<br />

sei dann derart gross gewesen,<br />

dass es für würdig befunden<br />

wurde, im Zürcher Eisenbahnmuseum<br />

einen Platz zu erhalten.<br />

Premiere am Sechseläuten<br />

Die Verantwortlichen der SBB<br />

stellten jedoch schnell fest, dass<br />

die Lokomotive des Zweidler Minizuges<br />

mit wenigen Modifikationen<br />

in die historische Lok der<br />

Spanisch-Brötli-Bahn umgestaltet<br />

werden konnte. Eine Anregung,<br />

die von den Arbeitern der NOK<br />

schliesslich mit begeistertem Eifer<br />

nach Originalplänen der Lokomotive<br />

«Limmat» in die Tat<br />

umgesetzt wurde. Aus Platzmangel<br />

im Zürcher Museum musste<br />

das historische Modell anschliessend<br />

noch zwei weitere Jahre im<br />

Kraftwerk untergebracht werden.<br />

Im Jahr 1947 hatte die Minidampfbahn<br />

dann einen ersten<br />

grossen Auftritt am Kinderumzug<br />

des Zürcher Sechseläutens. Mit<br />

dabei war eine Gruppe Zweidler<br />

Schulkinder, die für dieses Fest<br />

mit Biedermeierkostümen ausgestattet<br />

wurden.<br />

Quer durch die Schweiz<br />

Nach der Premiere in Zürich<br />

stellte das Verkehrshaus der<br />

Schweiz die Minibahn anschliessend<br />

bei zahlreichen Feierlichkeiten<br />

als Publikumsmagnet zur<br />

Verfügung. Allein bei der Jahrhundertfeier<br />

in Baden im August<br />

1947 wurden damit über 10 000<br />

Kinder befördert. Aber auch an<br />

Grossanlässen in Genf, Lugano<br />

Locarno, Rorschach, Bern, Olten,<br />

Grenchen, Basel, Solothurn und<br />

St. Gallen kam der Dampfzug bereits<br />

im ersten Betriebsjahr zum<br />

Einsatz. Nach einer Wegstrecke<br />

von 1300 Kilometern und über<br />

20 000 Passagieren musste der<br />

Zug dann in den Wintermonaten<br />

einer grösseren Revision unterzogen<br />

werden. So mussten insbesondere<br />

die schweren Eisenräder<br />

durch gummibereifte Räder ersetzt<br />

werden, da die Modellbahn<br />

eigentlich nicht für eine derartige<br />

Dauerbelastung gebaut worden<br />

war. Auch diese Revision wurde<br />

im NOK-Kraftwerk durchgeführt,<br />

wie einem Dankesbrief des Verkehrshauses<br />

zu entnehmen ist. In<br />

einem weiteren Schreiben aus<br />

dem Jahr 1955 berichtet der damalige<br />

Verkehrshaus-Geschäftsführer<br />

Eugène Fontanellaz, dass<br />

das Zweidler Modell der Spanisch-Brötli-Bahn<br />

mittlerweile<br />

135 290 Passagiere, hauptsächlich<br />

Kinder, über eine Strecke<br />

von 4986 Kilometer befördert habe.<br />

Wann genau diese Publikumsfahrten<br />

eingestellt wurden,<br />

kann heute leider nicht mehr<br />

eruiert werden. Klar ist nur, dass<br />

man den Minizug aus dem<br />

Zweidler Kraftwerk noch heute<br />

im Verkehrshaus Luzern besichtigen<br />

kann.

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