PDF 54.868kB - Hochschule Ulm

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13.01.2014 Aufrufe

S T U D I U M & L E H R E Mit Lego Lagertechnik verstehen Um Materialbestände effizient zu verwalten, platzsparend zu lagern sowie schnell und fehlerfrei zu kommissionieren, setzen Unternehmen auf moderne Lagertechnik. Das Logistiklabor verfügt seit kurzem über ein automatisiertes Kleinteilelager, an dem Studierende unterschiedliche Aspekte moderner Produktionslogistik erleben können. Das Regalbediengerät bewegt sich horizontal und vertikal entlang der Regalwand und kann so jeden der knapp 100 Lagerplätze erreichen. Diese beherbergen Behälter, welche die Legobausteine oder die gefertigten Bohrmaschinen aufnehmen. Zum sicheren Auffinden sind sie mit Barcodes und RFID-Transpondern gekennzeichnet. Wer heute als Wirtschaftsingenieur die Produktions- und Lagerlogistik managen und optimieren möchte, muss den aktuellen Stand der eingesetzten technischen Systeme kennen. Das umfasst nicht nur die Komponenten aus „Stahl und Eisen“, sondern auch die damit verbundenen Informations- und Kommunikationssysteme. Sie geben Überblick darüber, welche Mengen welchen Materials sich gerade wo befinden, zu welchem Auftrag sie gehören und welchen Weg sie durch das Produktionssystem nehmen sollen. Dank des neuen Kleinteilelagers können Studierende die gesamte produktionslogistische Kette vom Kundenauftrag bis zur Lieferung nachvollziehen. Im Übungsfall geht es dabei um Bohrmaschinen, die aus Legosteinen zusammengesetzt werden. Vom Auftrag zum Auslagern Ein Kunde bestellt eine gewisse Anzahl von Bohrmaschinen zu einem bestimmten Liefertermin. Der Auftrag wird in der betriebswirtschaftlichen Standardsoftware SAP ERP erfasst. SAP ERP verwaltet für alle Produkte, also auch für die Bohrmaschinen, die zugehörigen Stücklisten und Arbeitspläne. Mit Hilfe dieser Daten kann der Kundenauftrag in einen Fertigungsauftrag umgesetzt werden, der schließlich zur Ausführung freigegeben wird. Um den Fertigungsauftrag zu erfüllen, müssen die benötigten Teile ausgelagert werden. Im konkreten Falle sind es die Legosteine, die einzeln oder schon zu Baugruppen zusammengesetzt in den Behältern des Kleinteilelagers lagern. Der Student wird also einen Auslagerungsauftrag erteilen, der an ein Lagerverwaltungssystem übertragen wird. Das Lagerverwaltungssystem ist eine Software, die – im Gegensatz zu SAP ERP – unmittelbar mit der Hardware des automatischen Kleinteilelagers gekoppelt ist. Es setzt den Auslagerauftrag in Steuersignale an das Regalbediengerät um; dieses steuert den gewünschten Behälter an, lädt ihn auf und bewegt ihn zur Auslagerstrecke. Von dort wird er über einen Riemenförderer zum Übergabeplatz bewegt, an dem der Student nun in der Rolle des Lagerlogistikers den Behälter entgegennimmt. Ein optisches Führungssystem, das direkt neben dem Übergabeplatz installiert ist, teilt ihm nun mit, wo er den Behälter abstellen soll. Dies geschieht mit einem farbigen Lichtpunkt, der über einen beweglichen Spiegel auf ein Tablett projiziert wird und den Ablageort markiert. Beleglos kommissionieren Als nächstes ist die Rolle des Kommissionierers gefragt, der die benötigten Teilmengen zusammenstellt. Er entnimmt die Legosteine aus den bereitgestellten Lagerbehältern und legt sie in einen Kommissionierbehälter. Dabei wird er optisch geführt durch das Anleuchten jenes Behälters, auf den er als nächstes zugreifen soll. Ein LED- Display zeigt ihm die zu entnehmende Menge an. Jede Entnahme quittiert der Kommissionierer dabei durch einen Tastendruck. Die computergesteuerte Lagertechnik erspart somit das Lesen und Abhaken von Kommissionierlisten. 16

Lichtgesteuert. Ein Lichtpunkt zeigt dem Lagerlogistiker, wo er den ausgelagerten Behälter abstellen soll (links). Dem Kommissionierer wird ebenfalls durch Lichtsignale gezeigt, in welcher Reihenfolge er auf die Behälter zugreifen soll. Ein LED-Display gibt ihm die Kommissioniermenge an (Mitte). Nicht-benötigte Bauteile werden per Tastendruck wieder eingelagert (rechts). Das vermeidet Fehler und beschleunigt die Arbeit. Die kommissionierten Teile werden nun zu den Montagearbeitsplätzen befördert und dort zu den Bohrmaschinen zusammengesetzt. Anschließend wird der erfüllte Fertigungsauftrag in SAP ERP rückgemeldet. Nicht-Benötigtes wird eingelagert Zeitgleich zu Transport und Produktion werden die Behälter mit den nicht benötigten Einzelteilen wieder eingelagert. Aus Sicht des Lagerlogistikers ist das einfach: Der einzulagernde Behälter wird auf den Übergabeplatz gestellt, und ein einfacher Tastendruck löst die Einlagerung aus. Damit das Lagerverwaltungssystem jedoch erkennt, um welchen Behälter mit welchem Inhalt es sich handelt, muss er entsprechend gekennzeichnet sein. Dazu stehen wahlweise Barcodes und RFID-Transponder zur Verfügung, die an jedem Behälter angebracht sind. Auf diesen Datenträgern sind die Nummer des Behälters und die Nummer der im Behälter liegenden Teile hinterlegt. Der Ladekopf des Regalbediengerätes besitzt einen Barcode-Scanner und eine RFID- Schreib-Lese-Einheit, die jeden ankommenden Behälter identifizieren. Das Lagerverwaltungssystem nutzt diese Information dann, um den anzusteuernden Lagerplatz festzulegen. In den verschienden Rollen lernen die Studenten die technischen Systeme kennen und können sich mit ihnen auseinandersetzen. So hängt zum Beispiel die zum Ein- und Auslagern benötigte Zeit wesentlich vom Lagerplatz des Behälters ab. Es ist also wichtig, die zu lagernden Teile so auf die Lagerplätze zu verteilen, dass die mittlere Zugriffszeit minimiert wird. Im Lagerverwaltungssystem sind verschiedene Lagerstrategien implementiert. Anhand von Messungen an der Anlage lassen sich die Ergebenisse theoretischer Spielzeitberechnungen und der Simulation verschiedener Lagerstrategien verifizieren. Sven Völker Wirtschaftsingenieurwesen/Logistik Professor Dr. Sven Völker ist Mitglied der Fakultät Produktionstechnik und Produktionswirtschaft. Er lehrt die Fächer Logistikplanung und Digitale Fabrik. Aufgrund einer erfolgreichen Antragsstellung konnte das automatische Kleinteilelager am Institut für Betriebsorganisation und Logistik (IBL) angeschafft werden. 50 Prozent der Kosten von insgesamt 139.000 Euro hatte das Land Baden-Württemberg übernommen. Die Bohrmaschine ist fertig. Bis zur Auslieferung an den Kunden wird sie im Regallager aufbewahrt. 17

S T U D I U M & L E H R E<br />

Mit Lego Lagertechnik verstehen<br />

Um Materialbestände effizient zu verwalten, platzsparend zu lagern sowie schnell und<br />

fehlerfrei zu kommissionieren, setzen Unternehmen auf moderne Lagertechnik. Das Logistiklabor<br />

verfügt seit kurzem über ein automatisiertes Kleinteilelager, an dem Studierende<br />

unterschiedliche Aspekte moderner Produktionslogistik erleben können.<br />

Das Regalbediengerät bewegt<br />

sich horizontal und vertikal<br />

entlang der Regalwand<br />

und kann so jeden der knapp<br />

100 Lagerplätze erreichen.<br />

Diese beherbergen Behälter,<br />

welche die Legobausteine<br />

oder die gefertigten Bohrmaschinen<br />

aufnehmen. Zum<br />

sicheren Auffinden sind sie<br />

mit Barcodes und RFID-Transpondern<br />

gekennzeichnet.<br />

Wer heute als Wirtschaftsingenieur die<br />

Produktions- und Lagerlogistik managen<br />

und optimieren möchte, muss den<br />

aktuellen Stand der eingesetzten technischen<br />

Systeme kennen. Das umfasst<br />

nicht nur die Komponenten aus „Stahl<br />

und Eisen“, sondern auch die damit<br />

verbundenen Informations- und Kommunikationssysteme.<br />

Sie geben Überblick<br />

darüber, welche Mengen welchen<br />

Materials sich gerade wo befinden,<br />

zu welchem Auftrag sie gehören und<br />

welchen Weg sie durch das Produktionssystem<br />

nehmen sollen. Dank des<br />

neuen Kleinteilelagers können Studierende<br />

die gesamte produktionslogistische<br />

Kette vom Kundenauftrag bis zur<br />

Lieferung nachvollziehen. Im Übungsfall<br />

geht es dabei um Bohrmaschinen,<br />

die aus Legosteinen zusammengesetzt<br />

werden.<br />

Vom Auftrag zum Auslagern Ein Kunde<br />

bestellt eine gewisse Anzahl von<br />

Bohrmaschinen zu einem bestimmten<br />

Liefertermin. Der Auftrag wird in der<br />

betriebswirtschaftlichen Standardsoftware<br />

SAP ERP erfasst. SAP ERP verwaltet<br />

für alle Produkte, also auch für<br />

die Bohrmaschinen, die zugehörigen<br />

Stücklisten und Arbeitspläne. Mit Hilfe<br />

dieser Daten kann der Kundenauftrag<br />

in einen Fertigungsauftrag umgesetzt<br />

werden, der schließlich zur Ausführung<br />

freigegeben wird.<br />

Um den Fertigungsauftrag zu erfüllen,<br />

müssen die benötigten Teile ausgelagert<br />

werden. Im konkreten Falle sind es die<br />

Legosteine, die einzeln oder schon zu<br />

Baugruppen zusammengesetzt in den<br />

Behältern des Kleinteilelagers lagern.<br />

Der Student wird also einen Auslagerungsauftrag<br />

erteilen, der an ein Lagerverwaltungssystem<br />

übertragen wird.<br />

Das Lagerverwaltungssystem ist eine<br />

Software, die – im Gegensatz zu SAP<br />

ERP – unmittelbar mit der Hardware<br />

des automatischen Kleinteilelagers gekoppelt<br />

ist. Es setzt den Auslagerauftrag<br />

in Steuersignale an das Regalbediengerät<br />

um; dieses steuert den gewünschten<br />

Behälter an, lädt ihn auf und bewegt<br />

ihn zur Auslagerstrecke. Von dort wird<br />

er über einen Riemenförderer zum<br />

Übergabeplatz bewegt, an dem der Student<br />

nun in der Rolle des Lagerlogistikers<br />

den Behälter entgegennimmt. Ein<br />

optisches Führungssystem, das direkt<br />

neben dem Übergabeplatz installiert ist,<br />

teilt ihm nun mit, wo er den Behälter<br />

abstellen soll. Dies geschieht mit einem<br />

farbigen Lichtpunkt, der über einen beweglichen<br />

Spiegel auf ein Tablett projiziert<br />

wird und den Ablageort markiert.<br />

Beleglos kommissionieren<br />

Als nächstes ist die Rolle des Kommissionierers<br />

gefragt, der die benötigten<br />

Teilmengen zusammenstellt. Er entnimmt<br />

die Legosteine aus den bereitgestellten<br />

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Dabei wird er optisch geführt durch das<br />

Anleuchten jenes Behälters, auf den er<br />

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Menge an. Jede Entnahme quittiert der<br />

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