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HRRS 2013 Nr. 185<br />
HRRS 2013 Nr. 185<br />
BGH 2 StR 591/11 - 10. Oktober 2012 (LG Bonn)<br />
Untreue (Teilnichtigkeit; Vermögensbetreuungspflicht; Pflichtverletzung: vermögensbezogene<br />
Pflicht; Vermögensnachteil: bereicherungsrechtliche Ansprüche und Ausschluss <strong>de</strong>r<br />
Zurückfor<strong>de</strong>rung durch § 817 Satz 2 BGB); Betrug (beson<strong>de</strong>rs schwerer Fall); Verletzung <strong>de</strong>s<br />
Fernmel<strong>de</strong>geheimnisses; unbefugte Verarbeiten von personenbezogenen Daten gegen Entgelt<br />
(Speicherung von Verbindungsdaten); ausreichen<strong>de</strong> Feststellung einer konventionswidrigen<br />
Verfahrensverzögerung.<br />
§ 263 Abs. 1 StGB; § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB; § 266 StGB; § 206 Abs. 1 StGB; § 44 Abs. 1<br />
BDSG; § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG; § 134 BGB; § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB; § 818 Abs. 2 BGB; §<br />
817 Satz 2 BGB; Art. 6 EMRK; Art. 13 EMRK<br />
Leitsätze <strong>de</strong>s Bearbeiters<br />
1. § 817 Satz 2 BGB ist auch innerhalb <strong>de</strong>r Untreuenachteils anzuwen<strong>de</strong>n. § 817 Satz 2 BGB<br />
verkörpert <strong>de</strong>n Grundsatz, dass bei <strong>de</strong>r Rückabwicklung Rechtsschutz nicht in Anspruch nehmen<br />
kann, wer sich selbst durch gesetzes- o<strong>de</strong>r sittenwidriges Han<strong>de</strong>ln außerhalb <strong>de</strong>r Rechtsordnung<br />
stellt (BGH NJW 1997, 2381, 2383).<br />
2. Ein Vermögensbetreuungspflichtiger darf nicht die Begleichung von For<strong>de</strong>rungen veranlassen,<br />
die keinen rechtlich anerkannten wirtschaftlichen Wert haben, weil sie auf gemäß § 134 BGB<br />
nichtige Verträge gestützt waren und auch bereicherungsrechtliche Ansprüche nicht bestan<strong>de</strong>n.<br />
Hinsichtlich <strong>de</strong>r Begründung <strong>de</strong>s Vermögensnachteils kommt es in diesem Fall nicht darauf an, ob<br />
das entgegen § 134 BGB verletzte Gesetz <strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>s Vermögens diente. Der für § 134 BGB<br />
ausschlaggeben<strong>de</strong> Verstoß ist lediglich Auslöser <strong>de</strong>r Untreuestrafbarkeit, in<strong>de</strong>m er zur Nichtigkeit<br />
<strong>de</strong>s abgeschlossenen Vertrages und damit zur Rechtsgrundlosigkeit darauf erbrachter Leistungen<br />
führt.<br />
3. Gemäß § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt,<br />
wenn sich aus <strong>de</strong>m Gesetz nichts an<strong>de</strong>res ergibt. Ergibt sich aus <strong>de</strong>m Verbotsgesetz keine<br />
Rechtsfolge, ist eine normbezogene Abwägung vorzunehmen, ob es mit <strong>de</strong>m Sinn und Zweck <strong>de</strong>s<br />
Verbots vereinbar o<strong>de</strong>r unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung<br />
hinzunehmen. Richtet sich das Verbot gegen bei<strong>de</strong> Vertragsparteien, ist in <strong>de</strong>r Regel anzunehmen,<br />
dass das Rechtsgeschäft nichtig sein soll (st. Rspr.). Einzelfall <strong>de</strong>r Anwendung auf § 206 Abs. 1<br />
StGB und § 44 Abs. 1 BDSG.<br />
Entscheidungstenor<br />
1. Die Revision <strong>de</strong>s Angeklagten gegen das Urteil <strong>de</strong>s Landgerichts Bonn vom 30.<br />
November 2010 wird mit <strong>de</strong>r Maßgabe als unbegrün<strong>de</strong>t verworfen, dass eine<br />
unangemessen lange Verfahrensdauer festgestellt wird.<br />
2. Der Beschwer<strong>de</strong>führer hat die Kosten <strong>de</strong>s Rechtsmittels zu tragen.<br />
Bearbeiter: Karsten Gae<strong>de</strong><br />
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HRRS 2013 Nr. 185<br />
Grün<strong>de</strong><br />
Das Landgericht hat <strong>de</strong>n Angeklagten wegen Verletzung <strong>de</strong>s Fernmel<strong>de</strong>geheimnisses in sieben Fällen,<br />
Untreue in drei Fällen und Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten<br />
verurteilt. Die dagegen gerichtete Revision <strong>de</strong>s Angeklagten führt lediglich zur Feststellung einer<br />
rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung; im Übrigen hat sie keinen Erfolg.<br />
I.<br />
Nach <strong>de</strong>n Feststellungen <strong>de</strong>s Landgerichts war <strong>de</strong>r Angeklagte nach vorangegangener Beschäftigung bei<br />
<strong>de</strong>r B. bis 2008 als leiten<strong>de</strong>r Angestellter bei <strong>de</strong>r D. T. AG (im folgen<strong>de</strong>n DT AG genannt) tätig. Dort war<br />
er im Tatzeitraum von 2004 bis 2006 im Bereich <strong>de</strong>r Konzernsicherheit als Leiter <strong>de</strong>r Unterabteilung "K."<br />
tätig. Aufgrund seiner Position konnte er eigenverantwortlich finanzielle Verpflichtungen eingehen; ihm<br />
oblag die Verwaltung mehrerer Kostenstellen und er war für die ordnungsgemäße Verwendung <strong>de</strong>s ihm<br />
zugewiesenen Budgets verantwortlich.<br />
1. Zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt vor <strong>de</strong>m 18. Februar 2004 gab <strong>de</strong>r in Geldnot befindliche<br />
Angeklagte gegenüber <strong>de</strong>r Finanzbuchhaltung <strong>de</strong>r DT AG wahrheitswidrig an, für ver<strong>de</strong>ckte Ermittlungen<br />
<strong>de</strong>r Konzernsicherheit einen Vorschuss von 25.000 € zu benötigen. Ihm wur<strong>de</strong> dieser Betrag mit <strong>de</strong>m<br />
Überweisungszweck "Maßnahme <strong>de</strong>r Konzernsicherheit" auf sein Gehaltskonto überwiesen, das zu<br />
diesem Zeitpunkt ein Soll von 4.592,37 € auswies. Spätestens nach Eingang <strong>de</strong>s Gel<strong>de</strong>s entschloss sich <strong>de</strong>r<br />
Angeklagte, das nach <strong>de</strong>m Kontoausgleich verbliebene Guthaben von 20.407,63 € für eigene Zwecke zu<br />
verwen<strong>de</strong>n (Fall B. I).<br />
Das Landgericht hat insoweit eine Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB angenommen und einen Scha<strong>de</strong>n in<br />
Höhe von 20.407,63 € zugrun<strong>de</strong> gelegt.<br />
2. Nach<strong>de</strong>m sich seine finanzielle Situation nicht verbessert hatte, beantragte <strong>de</strong>r Angeklagte im Mai 2005<br />
bei <strong>de</strong>r Finanzbuchhaltung <strong>de</strong>r DT AG einen weiteren Vorschuss von 150.000 € und täuschte hierzu einen<br />
Ermittlungsbedarf im Bereich von Telefonkartenmanipulationen vor. Er stellte gegenüber <strong>de</strong>m<br />
Unternehmen <strong>de</strong>n Rückkauf aufladbarer und damit manipulierbarer Telefonkarten als wirtschaftlich<br />
sinnvolle Maßnahme zur Scha<strong>de</strong>nsbegrenzung dar und gab wahrheitswidrig vor, diese Summe zuzüglich<br />
<strong>de</strong>s bereits gewährten Vorschusses von 25.000 € für <strong>de</strong>n Rückkauf von etwa 140.000 Telefonkarten zu<br />
benötigen. Auch <strong>de</strong>n Betrag von 150.000 € ließ er sich auf sein Gehaltskonto überweisen und verwen<strong>de</strong>te<br />
<strong>de</strong>n Betrag in <strong>de</strong>r Folgezeit für eigene Zwecke (Fall B. II).<br />
Das Landgericht hat diese Tat als Betrug im beson<strong>de</strong>rs schweren Fall gemäß § 263 Abs. 1, § 263 Abs. 3<br />
Satz 2 Nr. 2 StGB gewertet.<br />
3. Am 20. Januar 2005 erschien in <strong>de</strong>r Zeitschrift "Capital" ein Artikel mit Details <strong>de</strong>r vertraulichen<br />
Mittelfristplanung <strong>de</strong>r D. T. AG, die bis dahin nur <strong>de</strong>m Unternehmensvorstand und <strong>de</strong>n<br />
Aufsichtsratsmitglie<strong>de</strong>rn bekannt war. Bei <strong>de</strong>m daraufhin einberufenen Treffen <strong>de</strong>r Konzernspitze, an <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r Angeklagte als Vertreter <strong>de</strong>s erkrankten Leiters <strong>de</strong>r Abteilung Konzernsicherheit teilnahm, erteilte <strong>de</strong>r<br />
damalige Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong> R. <strong>de</strong>r Konzernsicherheit <strong>de</strong>n Auftrag, <strong>de</strong>n Urheber <strong>de</strong>r Indiskretionen zu<br />
i<strong>de</strong>ntifizieren und geeignete Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung neuerlicher Indiskretionen zu<br />
ergreifen, ohne insoweit konkrete Maßnahmen zu benennen. Dies nahm <strong>de</strong>r Angeklagte zum Anlass, sich<br />
über eine Mitarbeiterin im Vorstandsbüro die Mobilfunknummern <strong>de</strong>r Aufsichtsratsmitglie<strong>de</strong>r zu<br />
beschaffen. Zu<strong>de</strong>m beauftragte er die N. GmbH, vertreten durch <strong>de</strong>n geson<strong>de</strong>rt verfolgten Geschäftsführer<br />
Bearbeiter: Karsten Gae<strong>de</strong><br />
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HRRS 2013 Nr. 185<br />
K., mit einer Auswertung <strong>de</strong>r Pressemeldungen und die T. GmbH mit <strong>de</strong>r Durchführung entsprechen<strong>de</strong>r<br />
Ermittlungen. Letztere ermittelte als vermeintliche Quelle <strong>de</strong>r Indiskretionen eine Person mit <strong>de</strong>n Initialen<br />
"WW" und eine dieser zuzuordnen<strong>de</strong> Mobilfunknummer. Im Juni 2005 stellte <strong>de</strong>r Angeklagte <strong>de</strong>r<br />
Konzernspitze die von <strong>de</strong>r Fa. N. erstellte Presseauswertung vor und erklärte, es bestehe <strong>de</strong>r Verdacht,<br />
dass es sich bei <strong>de</strong>m Informationsgeber um das Aufsichtsratsmitglied W. han<strong>de</strong>le. Als ihm seitens <strong>de</strong>s<br />
Vorstan<strong>de</strong>s signalisiert wur<strong>de</strong>, dass für einen <strong>de</strong>rartigen Verdacht "gerichtsverwertbare Beweise"<br />
erfor<strong>de</strong>rlich seien, beauftragte er u.a. die Fa. N., unter <strong>de</strong>m Projektnamen "R." eine I<strong>de</strong>ntifizierung <strong>de</strong>s<br />
Informanten über <strong>de</strong>n Abgleich von noch zu beschaffen<strong>de</strong>n Telefonverbindungsdaten zu versuchen,<br />
obgleich ihm die Strafbarkeit dieses Vorgehens bekannt war. Zu diesem Zweck veranlasste er mit <strong>de</strong>r<br />
wahrheitswidrigen Behauptung, <strong>de</strong>r Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong> R. habe einen entsprechen<strong>de</strong>n Auftrag erteilt,<br />
unter Mithilfe <strong>de</strong>s auf absolute Vertraulichkeit eingeschworenen Unternehmensangehörigen G. über<br />
mehrere Monate die Erhebung <strong>de</strong>r Mobilfunk-Verbindungsdaten <strong>de</strong>r Aufsichtsratsmitglie<strong>de</strong>r T. und W.<br />
sowie <strong>de</strong>r Journalisten K. und P. Die Überwachung umfasste zunächst alle ein- und ausgehen<strong>de</strong>n Anrufe<br />
<strong>de</strong>r betreffen<strong>de</strong>n Anschlüsse. Systembedingt wur<strong>de</strong>n darüber hinaus auch die Nummern <strong>de</strong>r Anrufer,<br />
soweit es sich um Teilnehmer aus <strong>de</strong>m Netz <strong>de</strong>r T han<strong>de</strong>lte, "auf Überwachung gelegt". Dies hatte zur<br />
Folge, dass ab diesem Zeitpunkt alle ein- und abgehen<strong>de</strong>n Verbindungen dieser Anschlüsse ebenfalls<br />
erfasst und gespeichert wur<strong>de</strong>n. Der Angeklagte ließ sich die Verbindungsdaten in <strong>de</strong>r Regel auf<br />
Datenträgern übergeben und leitete diese zur Auswertung an <strong>de</strong>n Geschäftsführer K. <strong>de</strong>r Fa. N. weiter<br />
bzw. ließ sie in einer kennwortgeschützten, <strong>de</strong>r Fa. N. zugänglichen "dropzone" im Internet speichern. K.<br />
speicherte die Verbindungsdaten anschließend in <strong>de</strong>n Computersystemen <strong>de</strong>r N. GmbH und veranlasste<br />
die anschließen<strong>de</strong> Auswertung, welche <strong>de</strong>r erhobenen Verbindungen als "verdächtig" einzustufen seien<br />
(UA S. 29).<br />
Parallel dazu wandte sich <strong>de</strong>r Angeklagte zur Erfassung <strong>de</strong>r Verbindungsdaten aus <strong>de</strong>m Festnetz <strong>de</strong>r zu<br />
überwachen<strong>de</strong>n Personen an <strong>de</strong>n Unternehmensangehörigen C. Er veranlasste diesen in gleicher Weise<br />
unter Vorspiegelung einer entsprechen<strong>de</strong>n Auftragserteilung durch <strong>de</strong>n Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>n R. zur<br />
Erhebung und Weiterleitung von Verbindungsdaten an ihn selbst o<strong>de</strong>r die Fa. N. direkt.<br />
Nach<strong>de</strong>m im September 2005 ein telefonischer Kontakt zwischen W. und K. nachgewiesen und W. als <strong>de</strong>r<br />
(vermeintliche) Informant i<strong>de</strong>ntifiziert wor<strong>de</strong>n war, been<strong>de</strong>te <strong>de</strong>r Angeklagte die Auswertung und<br />
Erhebung von Verbindungsdaten durch <strong>de</strong>n Zeugen G. (Fall B. III). Die Überwachung <strong>de</strong>r Festnetz-<br />
Verbindungsdaten durch <strong>de</strong>n Zeugen C. hielt <strong>de</strong>r Angeklagte aufrecht. Um in Fällen zukünftiger<br />
Indiskretionen gegenüber <strong>de</strong>r Presse zeitnah <strong>de</strong>n Informanten i<strong>de</strong>ntifizieren zu können, ließ er die N.<br />
GmbH weiterhin die Presseberichterstattung auswerten, um <strong>de</strong>n Kreis <strong>de</strong>rjenigen Journalisten zu<br />
bestimmen, die regelmäßig über Betriebsinterna <strong>de</strong>r DT AG berichteten. Anschließend sollte die N.<br />
GmbH durch die Auswertung <strong>de</strong>r noch zu erheben<strong>de</strong>n Telefon-Verbindungsdaten dieser Journalisten<br />
ermitteln, zu welchen Angehörigen <strong>de</strong>r DT AG diese Kontakte pflegten.<br />
Spätestens Anfang <strong>de</strong>s Jahres 2006 beauftragte <strong>de</strong>r Angeklagte die Fa. N. mit entsprechen<strong>de</strong>n Arbeiten,<br />
die unter <strong>de</strong>m Projektnamen "C." geführt wur<strong>de</strong>n. Zusätzlich zu <strong>de</strong>n bereits im Rahmen <strong>de</strong>s Projekts "R."<br />
überwachten Journalisten K. und P. ließ <strong>de</strong>r Angeklagte die Festnetz- bzw. Mobilfunk-Verbindungsdaten<br />
von drei weiteren Journalisten über mehrere Monate erheben und in <strong>de</strong>r Internet-"dropzone" abspeichern,<br />
wo sie von Mitarbeitern <strong>de</strong>r Fa. N. zur Auswertung abgeholt wur<strong>de</strong>n. Im Juni 2006 been<strong>de</strong>te <strong>de</strong>r<br />
Angeklagte die Erhebung und Auswertung <strong>de</strong>r Verbindungsdaten (Fall B. V).<br />
Das Landgericht hat diese Taten als Verletzung <strong>de</strong>s Fernmel<strong>de</strong>geheimnisses in sieben Fällen gemäß § 206<br />
Abs. 1 StGB gewertet.<br />
4. Am 19. Oktober 2005 stellte <strong>de</strong>r Geschäftsführer K. <strong>de</strong>r Fa. N. <strong>de</strong>r DT AG für das Projekt "R." einen<br />
Betrag in Höhe von 334.394,88 € in Rechnung, wobei - jeweils pauschal und ohne weitere Angaben - ein<br />
Bearbeiter: Karsten Gae<strong>de</strong><br />
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Betrag von 279.898 € zzgl. MwSt. als Honorar und <strong>de</strong>r Restbetrag von 8.373,45 € zzgl. MwSt. als Reiseund<br />
Nebenkosten aufgeführt wur<strong>de</strong>. In Kenntnis <strong>de</strong>r Strafbarkeit <strong>de</strong>r erfolgten Erhebung von<br />
Verbindungsdaten und <strong>de</strong>ren verbotswidriger Auswertung bestätigte <strong>de</strong>r Angeklagte, <strong>de</strong>m als Leiter <strong>de</strong>r<br />
Abteilung K. ein eigenständiger Verfügungsrahmen in entsprechen<strong>de</strong>r Höhe für Ermittlungen eingeräumt<br />
war, trotz <strong>de</strong>r ihm bekannten (Teil)Nichtigkeit <strong>de</strong>s Zahlungsanspruchs <strong>de</strong>r Fa. N. die sachliche und<br />
rechnerische Richtigkeit <strong>de</strong>r Rechnung, so dass diese seitens <strong>de</strong>r DT AG in voller Höhe beglichen wur<strong>de</strong><br />
(Fall B. IV).<br />
Am 23. November 2006 stellte die Fa. N. <strong>de</strong>r DT AG für ihre Tätigkeit im Rahmen <strong>de</strong>s Projekts "C." ein<br />
Pauschalhonorar in Höhe von 358.440 € in Rechnung. Der Angeklagte entwarf daraufhin ein<br />
Memorandum, mit <strong>de</strong>m er <strong>de</strong>n Zahlungsbetrag als "richtig berechnet, angemessen und fällig" bestätigte,<br />
so dass auch diese Rechnung von <strong>de</strong>r DT AG in voller Höhe beglichen wur<strong>de</strong> (Fall B. VI).<br />
Das Landgericht hat insoweit eine Untreue in zwei Fällen angenommen und ist zugunsten <strong>de</strong>s<br />
Angeklagten davon ausgegangen, dass sich <strong>de</strong>r Großteil <strong>de</strong>r Rechnungssumme jeweils auf die<br />
Auswertung <strong>de</strong>r Presseartikel bezog und sich <strong>de</strong>r auf die Auswertung <strong>de</strong>r Verbindungsdaten entfallen<strong>de</strong><br />
Zahlungsanspruch jeweils auf einen Betrag noch unter 50.000 € belief.<br />
II.<br />
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HRRS 2013 Nr. 185<br />
Die von <strong>de</strong>m Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen haben aus <strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Antragsschrift <strong>de</strong>s<br />
Generalbun<strong>de</strong>sanwalts keinen Erfolg. Auch die Sachrüge bleibt zum Schuld- und Strafausspruch erfolglos:<br />
1. Soweit das Landgericht im Fall B. I einen Untreuescha<strong>de</strong>n in Höhe von lediglich 20.407,63 €<br />
angenommen hat, statt die volle Scha<strong>de</strong>nssumme von 25.000 € zugrun<strong>de</strong> zu legen, beschwert dies <strong>de</strong>n<br />
Angeklagten nicht. Im Fall B. II hat das Landgericht <strong>de</strong>n Angeklagten rechtsfehlerfrei wegen Betruges<br />
verurteilt und einen beson<strong>de</strong>rs schweren Fall angenommen (§ 263 Abs. 1, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1<br />
StGB). Auch die Verurteilung in <strong>de</strong>n Fällen B. III und V wegen Verletzung <strong>de</strong>s Fernmel<strong>de</strong>geheimnisses in<br />
sieben Fällen (§ 206 Abs. 1, Abs. 5 Satz 2 und 3 StGB) lässt keine Rechtsfehler zum Nachteil <strong>de</strong>s<br />
Angeklagten erkennen. Dass die Strafkammer insoweit keine Verurteilung wegen eines tateinheitlich<br />
begangenen Delikts nach § 44 Abs. 1 Bun<strong>de</strong>sdatenschutzgesetz (BDSG) erwogen hat, beschwert <strong>de</strong>n<br />
Angeklagten nicht.<br />
2. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht in <strong>de</strong>n Fällen B. IV und VI jeweils eine Untreue<br />
angenommen (§ 266 Abs. 1 StGB). Auf Veranlassung <strong>de</strong>s Angeklagten nämlich hat die DT AG die<br />
Rechnungen <strong>de</strong>r Fa. N. - teilweise rechtsgrundlos - in voller Höhe beglichen und dadurch einen<br />
entsprechen<strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>n erlitten.<br />
a) Zutreffend hat das Landgericht eine Vermögensbetreuungspflicht <strong>de</strong>s Angeklagten im Sinne <strong>de</strong>s § 266<br />
Abs. 1 StGB angenommen. Als Verwalter mehrerer Kostenstellen war er befugt, eigenverantwortlich<br />
Verträge für die DT AG abzuschließen und Zahlungen zu <strong>de</strong>ren Lasten anzuweisen.<br />
b) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht gemäß § 134 BGB die Teilnichtigkeit <strong>de</strong>r zwischen <strong>de</strong>r DT AG<br />
und <strong>de</strong>r N. GmbH geschlossenen Verträge hinsichtlich <strong>de</strong>r Auswertung <strong>de</strong>r Verbindungsdaten mit <strong>de</strong>r<br />
Folge angenommen, dass ein vertraglicher Vergütungsanspruch für diese Tätigkeit nicht bestand.<br />
aa) Gemäß § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, wenn<br />
sich aus <strong>de</strong>m Gesetz nichts an<strong>de</strong>res ergibt. Ergibt sich aus <strong>de</strong>m Verbotsgesetz keine Rechtsfolge, ist eine<br />
normbezogene Abwägung vorzunehmen, ob es mit <strong>de</strong>m Sinn und Zweck <strong>de</strong>s Verbots vereinbar o<strong>de</strong>r<br />
unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung hinzunehmen. Richtet sich das<br />
Bearbeiter: Karsten Gae<strong>de</strong><br />
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HRRS 2013 Nr. 185<br />
Verbot gegen bei<strong>de</strong> Vertragsparteien, ist in <strong>de</strong>r Regel anzunehmen, dass das Rechtsgeschäft nichtig sein<br />
soll (st. Rspr., BGH, Urteil vom 14. Dezember 1999 - X ZR 34/98, BGHZ 143, 283, 286 f.).<br />
bb) Hier hatte <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n Parteien geschlossene Vertrag unter an<strong>de</strong>rem die Auswertung <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r DT<br />
AG übermittelten Verbindungsdaten zum Gegenstand, somit die Begehung einer mit Strafe bedrohten<br />
rechtswidrigen Tat.<br />
Die von <strong>de</strong>m Angeklagten veranlasste Überlassung <strong>de</strong>r Verbindungsdaten an die Fa. N. stellte eine<br />
Straftat gemäß § 206 Abs. 1 StGB dar und verstieß zu<strong>de</strong>m gegen das Verbot <strong>de</strong>s § 88 Abs. 3<br />
Telekommunikationsgesetz (TKG), an<strong>de</strong>ren über das für die geschäftsmäßige Erbringung <strong>de</strong>r<br />
Telekommunikationsdienste erfor<strong>de</strong>rliche Maß hinaus Kenntnis von <strong>de</strong>n näheren Umstän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />
Telekommunikation zu verschaffen.<br />
Die von <strong>de</strong>r Fa. N. vorgenommene Speicherung <strong>de</strong>r Verbindungsdaten stellte eine Straftat gemäß § 44<br />
Abs. 1 BDSG i.V.m. § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG dar. Danach ist u.a. das unbefugte Verarbeiten von<br />
personenbezogenen Daten gegen Entgelt strafbewehrt. Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 BDSG unterfällt <strong>de</strong>m<br />
Verarbeiten auch das Speichern von Daten, d.h. das Erfassen, Aufnehmen und Aufbewahren <strong>de</strong>r Daten<br />
auf einem Datenträger zum Zweck ihrer weiteren Verarbeitung o<strong>de</strong>r Nutzung (§ 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1<br />
BDSG). In<strong>de</strong>m die N. GmbH die ihr übermittelten Verbindungsdaten ihrerseits zum Zwecke <strong>de</strong>r<br />
Auswertung in ihren Computersystemen speicherte, hat sie unbefugt Daten verarbeitet. Die Speicherung<br />
<strong>de</strong>r Daten als notwendige Vorarbeit zu ihrer Auswertung erfolgte auch entgeltlich. Die anschließen<strong>de</strong><br />
Auswertung <strong>de</strong>r Verbindungsdaten verstieß gegen das unter Erlaubnisvorbehalt stehen<strong>de</strong> Verbot <strong>de</strong>s § 4<br />
Abs. 1 BDSG. Danach ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur<br />
zulässig, soweit das BDSG o<strong>de</strong>r eine an<strong>de</strong>re Rechtsvorschrift dies erlaubt o<strong>de</strong>r anordnet o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Betroffene eingewilligt hat. Die Auswertung <strong>de</strong>r Verbindungsdaten stellt eine Verwendung<br />
personenbezogener Daten und damit eine Nutzung dar (§ 3 Abs. 5 BDSG), die ohne Kenntnis <strong>de</strong>r<br />
Betroffenen erfolgte und von keiner Rechtsvorschrift erlaubt o<strong>de</strong>r angeordnet wird.<br />
Da die Verträge nach alle<strong>de</strong>m für bei<strong>de</strong> Teile gesetzeswidrig waren und ihre Durchführung strafbewehrt<br />
war, hat die Strafkammer zutreffend <strong>de</strong>ren Nichtigkeit angenommen, soweit sie über die - erlaubte -<br />
Auswertung <strong>de</strong>r Presseartikel hinaus die Auswertung <strong>de</strong>r Verbindungsdaten zum Gegenstand hatten.<br />
c) Es bestan<strong>de</strong>n - an<strong>de</strong>rs als die Revision meint - auch keine bereicherungsrechtlichen Zahlungsansprüche<br />
<strong>de</strong>r N. GmbH gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt., § 818 Abs. 2 BGB.<br />
aa) Infolge <strong>de</strong>r Nichtigkeit <strong>de</strong>s Kausalgeschäfts könnte zwar die N. GmbH grundsätzlich die Herausgabe<br />
<strong>de</strong>s seitens <strong>de</strong>r DT AG zu Unrecht Erlangten - Auswertung <strong>de</strong>r Verbindungsdaten - verlangen. Da<br />
insoweit eine Herausgabe <strong>de</strong>r Sache nach nicht möglich ist, wäre <strong>de</strong>r Anspruch auf Ersatz <strong>de</strong>s Wertes <strong>de</strong>r<br />
geleisteten Dienste gerichtet. Die Kondiktion ist jedoch gemäß § 817 Satz 2 BGB gesperrt. Danach ist die<br />
Rückfor<strong>de</strong>rung u.a. ausgeschlossen, wenn <strong>de</strong>r Leistungsempfänger durch die Annahme gegen ein<br />
gesetzliches Verbot verstößt und <strong>de</strong>m Leisten<strong>de</strong>n gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei <strong>de</strong>nn,<br />
dass die Leistung in <strong>de</strong>r Eingehung einer Verbindlichkeit bestand. § 817 Satz 2 BGB verkörpert <strong>de</strong>n<br />
Grundsatz, dass bei <strong>de</strong>r Rückabwicklung Rechtsschutz nicht in Anspruch nehmen kann, wer sich selbst<br />
durch gesetzes- o<strong>de</strong>r sittenwidriges Han<strong>de</strong>ln außerhalb <strong>de</strong>r Rechtsordnung stellt (BGH, Urteil vom 7. Mai<br />
1997 - IV ZR 35/96, NJW 1997, 2381, 2383).<br />
bb) Hier war zum einen die Auswertung <strong>de</strong>r Verbindungsdaten durch die N. GmbH als Leisten<strong>de</strong><br />
gesetzeswidrig. Die Fa. N., vertreten durch ihren Geschäftsführer K., als Leisten<strong>de</strong> war sich auch - wie<br />
<strong>de</strong>m Gesamtzusammenhang <strong>de</strong>r Urteilsgrün<strong>de</strong> zu entnehmen ist - <strong>de</strong>r Verbotswidrigkeit entwe<strong>de</strong>r bewusst<br />
(vgl. BGH, Urteil vom 29. April 1968 - VII ZR 9/66, BGHZ 50, 90, 92) o<strong>de</strong>r hat sich <strong>de</strong>r<br />
Bearbeiter: Karsten Gae<strong>de</strong><br />
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HRRS 2013 Nr. 185<br />
Rechtswidrigkeit ihres Han<strong>de</strong>lns zumin<strong>de</strong>st leichtfertig verschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober<br />
1991 - VIII ZR 19/91, NJW 1992, 310, 311; BGH, Urteil vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 129/04, NJW<br />
2005, 1490, 1491). Dem geson<strong>de</strong>rt verfolgten K. war bekannt, dass für die Erhebung <strong>de</strong>r<br />
Verbindungsdaten in <strong>de</strong>m konkreten Fall keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage bestand und<br />
insbeson<strong>de</strong>re eine richterliche Anordnung gemäß § 100g StPO nicht vorlag. Aus <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>s Auftrags -<br />
I<strong>de</strong>ntifizierung eines Presseinformanten - ergab sich zwangsläufig, dass die betroffenen Personen selbst<br />
keine Kenntnis von <strong>de</strong>r Maßnahme hatten und daher nicht eingewilligt haben konnten. Dass die<br />
Verantwortlichen <strong>de</strong>r N. GmbH dies billigend in Kauf nahmen, belegt auch die Art <strong>de</strong>r<br />
Rechnungsstellung, die keinen Hinweis auf die erbrachten - teilweise verbotenen - Leistungen beinhaltete,<br />
son<strong>de</strong>rn lediglich Pauschalbeträge auswies. Schließlich mahnte <strong>de</strong>r <strong>de</strong>swegen geson<strong>de</strong>rt verfolgte K. im<br />
Jahr 2008 die Zahlung von angeblich noch offenstehen<strong>de</strong>n For<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r N. GmbH gegenüber <strong>de</strong>r DT<br />
AG u.a. für das Projekt "C." an verbun<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r Drohung, die Beträge "politisch" realisieren zu wollen<br />
und sich an<strong>de</strong>rnfalls "medienwirksam zu wehren". Dies belegt, dass er um die fehlen<strong>de</strong> gerichtliche<br />
Durchsetzbarkeit <strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rungen wegen <strong>de</strong>ren Nichtigkeit wusste.<br />
cc) Zum an<strong>de</strong>ren verstieß auch die DT AG durch die Entgegennahme <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>m Angeklagten in<br />
Auftrag gegebenen Datenauswertung gegen § 88 Abs. 3 TKG, da es ihr als Dienstanbieter untersagt ist,<br />
sich auf diese Weise über das für die Erbringung <strong>de</strong>r Telekommunikationsdienste erfor<strong>de</strong>rliche Maß<br />
hinaus Kenntnis vom Inhalt o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Telekommunikation zu verschaffen.<br />
dd) Auch <strong>de</strong>r Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) hin<strong>de</strong>rt hier die Anwendung von § 817 Satz<br />
2 BGB nicht (hierzu näher Lorenz in Staudinger BGB Neubearbeitung 2007 § 817 Rn. 11 ff.). An<strong>de</strong>rs als<br />
in Fällen eines wirtschaftlichen o<strong>de</strong>r sozialen Gefälles (etwa bei <strong>de</strong>r Schwarzarbeit; vgl. BGH, Urteil vom<br />
31. Mai 1990 - VII ZR 336/89, BGHZ 111, 308, 313) bedarf die N. GmbH keines erhöhten Schutzes, <strong>de</strong>r<br />
die Nichtanwendung von § 817 Satz 2 BGB unter Billigkeitsgesichtspunkten verlangen wür<strong>de</strong>. Vielmehr<br />
verdienen bei<strong>de</strong> Parteien im Hinblick auf das verbotswidrige Geschäft und ihr kriminelles Han<strong>de</strong>ln nicht<br />
<strong>de</strong>n Schutz <strong>de</strong>r Rechtsordnung.<br />
d) Der Angeklagte hat die ihm gegenüber <strong>de</strong>r DT AG obliegen<strong>de</strong> Vermögensbetreuungspflicht verletzt,<br />
in<strong>de</strong>m er im Rahmen <strong>de</strong>r ihm von <strong>de</strong>r Treugeberin übertragenen Geschäftsbesorgung Zahlungen in Höhe<br />
von 334.394,88 € und 358.440 € auf die bei<strong>de</strong>n Rechnungen vom 19. Oktober 2005 und 23. November 2006<br />
angewiesen hat und hierdurch jeweils in Höhe von unter 50.000 € Leistungen <strong>de</strong>r Fa. N. vergütete, die in<br />
<strong>de</strong>r Begehung von Straftaten bestan<strong>de</strong>n (vgl. dazu auch Fischer in Lü<strong>de</strong>rssen/Kempf/Volk, Die<br />
Finanzkrise, das Wirtschafts<strong>strafrecht</strong> und die Moral, 2011, S. 190, 193; Kindhäuser in NK 3. Aufl., § 266<br />
Rn. 81; Brand JR 2011, 394, 402). Die For<strong>de</strong>rungen, <strong>de</strong>ren Bezahlung durch die Treugeberin <strong>de</strong>r<br />
Angeklagte durch die Bestätigung als sachlich und rechnerisch richtig unmittelbar veranlasste, hatten in<br />
Höhe von jeweils "unter 50.000 €" keinen rechtlich anerkannten wirtschaftlichen Wert, weil sie insoweit<br />
auf gemäß § 134 BGB nichtige Verträge gestützt waren und auch bereicherungsrechtliche Ansprüche <strong>de</strong>r<br />
Rechnungsstellerin nicht bestan<strong>de</strong>n. Die Bezahlung <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Rechnungen, soweit diese die Vergütung<br />
für die Begehung von Straftaten einfor<strong>de</strong>rten, bewirkte einen Vermögensnachteil für die Treugeberin, <strong>de</strong>r<br />
nicht durch einen gleichwertigen Vorteil - Erlöschen wirksamer For<strong>de</strong>rungen - kompensiert wur<strong>de</strong>.<br />
Die Verletzung <strong>de</strong>r Vermögensbetreuungspflicht liegt <strong>de</strong>mnach in <strong>de</strong>r Begleichung einer nichtigen<br />
For<strong>de</strong>rung, in einer rechtsgrundlosen Zahlung. Anknüpfungspunkt für das strafbare Verhalten ist damit<br />
nicht die vor <strong>de</strong>n Zahlungsvorgängen liegen<strong>de</strong> Auftragserteilung an die N. GmbH, die zu einer<br />
missbräuchlichen Mitteilung <strong>de</strong>r Telefonverbindungsdaten durch <strong>de</strong>n Angeklagten und damit zu einem<br />
(strafbaren) Verstoß gegen die nicht vermögensschützen<strong>de</strong> Norm <strong>de</strong>s § 206 StGB geführt hat. Dieser von<br />
<strong>de</strong>r treuwidrigen Pflichtverletzung abzugrenzen<strong>de</strong> Verstoß ist lediglich Auslöser <strong>de</strong>r Untreuestrafbarkeit,<br />
in<strong>de</strong>m er zur Nichtigkeit <strong>de</strong>s abgeschlossenen Vertrages und damit zur Rechtsgrundlosigkeit darauf<br />
erbrachter Leistungen führt. Auf <strong>de</strong>n vermögensschützen<strong>de</strong>n Charakter eines "Primärverstoßes" (BGH,<br />
Bearbeiter: Karsten Gae<strong>de</strong><br />
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HRRS 2013 Nr. 185<br />
Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288, 297 ff.; vgl. auch BGH, Beschluss<br />
vom 13. April 2011 - 1 StR 94/10, BGHSt 56, 203, 211; BGH, Beschluss vom 5. September 2012 - 1 StR<br />
297/12 als Rückläufer zu BGHSt 56, 203) kommt es nicht an.<br />
Auch <strong>de</strong>r 1. Strafsenat ist trotz seines Ausgangspunktes, dass <strong>de</strong>r Verstoß gegen eine nicht<br />
vermögensschützen<strong>de</strong> Norm als solche nicht zu einer treuwidrigen Pflichtverletzung führen kann, davon<br />
ausgegangen, dass gleichwohl eine Strafbarkeit wegen Untreue in Betracht kommt, wenn sich - ohne<br />
Rückgriff auf <strong>de</strong>n Verstoß gegen die nicht vermögensschützen<strong>de</strong> Norm - die Verletzung von Pflichten<br />
feststellen lässt, die das Vermögen <strong>de</strong>s Treugebers schützen sollen (BGH, aaO, BGHSt 55, 288, 303 ff.;<br />
BGH, aaO, BGHSt 56, 203, 210). Damit steht es in Einklang, wenn <strong>de</strong>r Senat ungeachtet eines Verstoßes<br />
gegen die nicht vermögensschützen<strong>de</strong> Norm <strong>de</strong>s § 206 StGB allein mit Blick auf die rechtsgrundlos<br />
geleisteten Zahlungen ohne Gegenleistung zu einer Strafbarkeit wegen Untreue gelangt.<br />
e) Soweit das Landgericht jeweils eine Scha<strong>de</strong>nhöhe von je<strong>de</strong>nfalls unter 50.000 € angenommen hat,<br />
begegnet dies im Ergebnis keinen rechtlichen Be<strong>de</strong>nken. Zwar ist in <strong>de</strong>r Regel <strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>n konkret<br />
festzustellen und ggf. unter Beauftragung eines Sachverständigen zur wirtschaftlichen<br />
Scha<strong>de</strong>nsfeststellung zu beziffern (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08, NJW 2010,<br />
3209, 3220). Sofern genaue Feststellungen nicht möglich sind, sind Min<strong>de</strong>stfeststellungen zu treffen, um<br />
<strong>de</strong>n eingetretenen wirtschaftlichen Scha<strong>de</strong>n unter Beachtung <strong>de</strong>s Zweifelsatzes zu schätzen. Das<br />
Landgericht, das <strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>n aufgrund <strong>de</strong>r nicht näher aufgeschlüsselten Rechnungslegung nicht näher<br />
beziffern konnte, ist zugunsten <strong>de</strong>s Angeklagten davon ausgegangen, dass die Presseauswertungen <strong>de</strong>n<br />
ganz überwiegen<strong>de</strong>n Teil <strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rungen von 334.394,88 € und 358.440 € betrafen und das Honorar für die<br />
Auswertung <strong>de</strong>r Verbindungsdaten noch unter 50.000 € lag. Erkennbar wollte die Strafkammer damit<br />
zugunsten <strong>de</strong>s Angeklagten nicht in <strong>de</strong>n Anwendungsbereich <strong>de</strong>s Regelbeispiels gemäß § 263 Abs. 3 Satz<br />
2 Nr. 2 Alt. 1 StGB gelangen, wonach ein Vermögensverlust großen Ausmaßes regelmäßig ab einem<br />
Betrag von etwa 50.000 € gegeben ist (BGH, Urteil vom 7. Oktober 2003 - 1 StR 274/03, BGHSt 48, 360,<br />
361). Das Landgericht wollte damit nicht zum Ausdruck bringen, dass diese Wertgrenze wesentlich<br />
unterschritten sein könnte. Angesichts <strong>de</strong>r Feststellungen zu Dauer und Umfang sowie Auswertung <strong>de</strong>r<br />
Verbindungsdaten ist dagegen nichts zu erinnern.<br />
3. Die Strafzumessung ist aus <strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Antragsschrift <strong>de</strong>s Generalbun<strong>de</strong>sanwalts frei von<br />
Rechtsfehlern. Jedoch war festzustellen, dass eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung vorliegt.<br />
Nach Ablauf <strong>de</strong>r Revisionsbegründungsfrist am 10. März 2011 ist es zu einer Verletzung <strong>de</strong>s Gebots<br />
zügiger Verfahrenserledigung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) gekommen. Bis zur Weiterleitung <strong>de</strong>r Akten an<br />
die Staatsanwaltschaft Bonn mit Verfügung vom 28. Oktober 2011 ist das Verfahren ohne sachlichen<br />
Grund nicht hinreichend geför<strong>de</strong>rt wor<strong>de</strong>n. Insbeson<strong>de</strong>re rechtfertigt we<strong>de</strong>r die zwischenzeitlich erfolgte<br />
Bearbeitung <strong>de</strong>s Kostenfestsetzungsantrags <strong>de</strong>s Verteidigers O. noch das Erfor<strong>de</strong>rnis <strong>de</strong>r Anfertigung<br />
einer Doppelakte zur Durchführung <strong>de</strong>s abgetrennten Verfahrens gegen <strong>de</strong>n früheren Mitangeklagten K.<br />
<strong>de</strong>n zeitlichen Umfang <strong>de</strong>r Verzögerung. Durch das Versäumnis ist eine <strong>de</strong>r Justiz anzulasten<strong>de</strong>,<br />
unangemessene Verfahrensverzögerung von je<strong>de</strong>nfalls sechs Monaten eingetreten. Diesen Umstand hat<br />
<strong>de</strong>r Senat von Amts wegen zu berücksichtigen. Der Erhebung einer Verfahrensrüge bedarf es im<br />
vorliegen<strong>de</strong>n Fall nicht, da die Verfahrensverzögerung nach Ablauf <strong>de</strong>r Revisionsbegründungsfrist<br />
eingetreten ist und <strong>de</strong>r Angeklagte diese Gesetzesverletzung nicht form- und fristgerecht rügen konnte (st.<br />
Rspr., BGH, Beschluss vom 3. November 2011 - 2 StR 302/11, NJW 2012, 1463, 1464). Über die<br />
Kompensation kann <strong>de</strong>r Senat in entsprechen<strong>de</strong>r Anwendung von § 354 Abs. 1 a Satz 2 StPO selbst<br />
entschei<strong>de</strong>n (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 2008 - 3 StR 376/07, NStZ-RR 2008, 208, 209). Angesichts<br />
<strong>de</strong>s begrenzten Umfangs <strong>de</strong>r Verzögerung und <strong>de</strong>s Umstan<strong>de</strong>s, dass sich <strong>de</strong>r Angeklagte nicht in<br />
Untersuchungshaft befand, erweist sich die Feststellung <strong>de</strong>r rechtstaatswidrigen Verfahrensverzögerung<br />
hier als ausreichend (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2009 - 3 StR 128/09, NStZ-RR 2009, 248).<br />
Bearbeiter: Karsten Gae<strong>de</strong><br />
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