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HRRS 2013 Nr. 623<br />

HRRS 2013 Nr. 623<br />

BGH 1 StR 469/12 - 15. Mai 2013 (OLG Karlsruhe)<br />

BGHSt; Vorlegungspflicht <strong>de</strong>r Oberlan<strong>de</strong>sgerichte (Vorlegungspflicht bei Sprungrevision;<br />

Gegenstand <strong>de</strong>r Vorlegungspflicht; Bindung an Beurteilungen <strong>de</strong>s OLG); Störung öffentlicher<br />

Betriebe (Begriff <strong>de</strong>r Anlage; Unbrauchbarmachung: Einwirken auf die Sachsubstanz);<br />

Sachbeschädigung.<br />

§ 121 Abs. 2 GVG; § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB; § 303 StGB<br />

Leitsätze<br />

1. Die Unbrauchbarmachung einer <strong>de</strong>m Betrieb dienen<strong>de</strong>n Sache gemäß § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB<br />

erfor<strong>de</strong>rt für ein tatbestandsmäßiges Verhalten eine Einwirkung auf die Sachsubstanz. (BGH)<br />

2. Die Vorlegungspflicht gemäß § 121 Abs. 2 GVG besteht, obwohl dort nicht ausdrücklich genannt,<br />

auch bei Sprungrevisionen. (vgl. BGHSt 35, 14, 16). (Bearbeiter)<br />

3. Von § 121 Abs. 2 GVG wer<strong>de</strong>n nur Rechtsfragen umfasst. Die Klärung einer Tatfrage ist einer<br />

Vorlage auch dann nicht zugänglich, wenn diese wie eine Rechtsfrage formuliert wird (vgl. BGHSt<br />

31, 314, 316). (Bearbeiter)<br />

4. Die ansonsten bestehen<strong>de</strong> Bindung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sgerichtshofes an die Beurteilung <strong>de</strong>r<br />

Entscheidungserheblichkeit durch das vorlegen<strong>de</strong> Gericht entfällt in Konstellationen, in <strong>de</strong>nen das<br />

Oberlan<strong>de</strong>sgericht diesbezüglich von einer rechtlich nicht haltbaren Betrachtung ausgegangen ist.<br />

(vgl. BGHSt 25, 325, 328). (Bearbeiter)<br />

Entscheidungstenor<br />

Die Sache wird an das Oberlan<strong>de</strong>sgericht Karlsruhe zurückgegeben.<br />

Grün<strong>de</strong><br />

I.<br />

1. Das Amtsgericht Waldkirch hat <strong>de</strong>n Angeklagten am 30. November 2011 wegen Nötigung zu einer<br />

Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 15 € verurteilt.<br />

a) Nach <strong>de</strong>n getroffenen Feststellungen führte <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>vollzugsbeamte B. als zuständiger<br />

Messbeamter <strong>de</strong>r Stadt W. am Morgen <strong>de</strong>s 1. Juni 2011 in <strong>de</strong>r S. straße in W. im Bereich zwischen <strong>de</strong>m<br />

dortigen Schloss und <strong>de</strong>r Bäckerei Z. eine Geschwindigkeitsmessung durch. Dabei wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Angeklagte<br />

als Führer eines Kastenwagens, amtliches Kennzeichen , mit einer überhöhten Geschwindigkeit von 43<br />

km/h gemessen, was die Auslösung <strong>de</strong>s aufgebauten Blitzgerätes sowie die Fertigung eines Lichtbil<strong>de</strong>s<br />

zur Folge hatte. Aus Verärgerung über die von ihm bemerkte Geschwindigkeitsmessung stellte <strong>de</strong>r<br />

Bearbeiter: Karsten Gae<strong>de</strong> und Christoph Henckel<br />

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HRRS 2013 Nr. 623<br />

Angeklagte <strong>de</strong>n von ihm gesteuerten Kastenwagen anschließend direkt vor <strong>de</strong>m Sensor <strong>de</strong>r Messanlage<br />

ab. Dem Angeklagten ging es hierbei nur darum, dass <strong>de</strong>r o.g. Messbeamte keine weiteren<br />

Geschwindigkeitsmessungen mehr durchführen konnte. Danach entfernte er sich zu Fuß und suchte seine<br />

nahegelegene Wohnung in <strong>de</strong>r S. str. auf.<br />

Der Messbeamte ermittelte daraufhin die Telefonnummer <strong>de</strong>s Angeklagten und rief diesen auf <strong>de</strong>ssen<br />

Mobiltelefon an. Nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Angeklagte erkannt hatte, dass es sich bei <strong>de</strong>m Anrufer um <strong>de</strong>n<br />

betreffen<strong>de</strong>n Messbeamten han<strong>de</strong>lte, been<strong>de</strong>te er umgehend das Gespräch. Mehrere Folgeanrufe blieben<br />

erfolglos. Daraufhin begab sich <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>vollzugsbeamte zum Anwesen <strong>de</strong>s Angeklagten und<br />

for<strong>de</strong>rte ihn auf, <strong>de</strong>n Kastenwagen wegzufahren, da er <strong>de</strong>n Messbetrieb verhin<strong>de</strong>re. Der Angeklagte gab<br />

hierauf lediglich zu verstehen, dass er je<strong>de</strong>rzeit auch vor einer Messeinrichtung parken könne, da dort kein<br />

Parkverbot herrsche. Daraufhin holte <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>vollzugsbeamte bei seinem Dienstvorgesetzten die<br />

Genehmigung zum Abschleppen <strong>de</strong>s Kastenwagens ein. Auf die danach erfolgte mündliche Androhung<br />

<strong>de</strong>s Abschleppens mit entsprechen<strong>de</strong>r Kostenfolge reagierte <strong>de</strong>r Angeklagte nicht.<br />

Der Gemein<strong>de</strong>vollzugsbeamte ging sodann zu seinem Messfahrzeug zurück und for<strong>de</strong>rte telefonisch eine<br />

Abschleppfirma an. Noch während <strong>de</strong>s Telefonats kam <strong>de</strong>r Angeklagte mit einem Traktor und einem<br />

Zweiachsanhänger angefahren. Er stellte <strong>de</strong>n Kastenwagen weg und parkte statt<strong>de</strong>ssen <strong>de</strong>n Traktor an<br />

dieser Stelle. Zu<strong>de</strong>m senkte er <strong>de</strong>n Frontla<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Fahrzeugs ab. Auch hierbei ging es <strong>de</strong>m Angeklagten<br />

darum, weitere Geschwindigkeitsmessungen durch <strong>de</strong>n Messbeamten zu verhin<strong>de</strong>rn. Die an ihn gerichtete<br />

Auffor<strong>de</strong>rung, <strong>de</strong>n Traktor wegzustellen, ignorierte <strong>de</strong>r Angeklagte und fuhr mit seinem Kastenwagen<br />

davon. Der inzwischen eingetroffene Abschleppunternehmer konnte <strong>de</strong>n Traktor nicht abschleppen, da <strong>de</strong>r<br />

Frontla<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Fahrzeugs herabgelassen war.<br />

Nach<strong>de</strong>m schließlich Polizeibeamte hinzugekommen waren, fuhr <strong>de</strong>r Angeklagte <strong>de</strong>n Traktor weg.<br />

Aufgrund <strong>de</strong>s gesamten Geschehens konnte die Messstelle ca. eine Stun<strong>de</strong> lang nicht betrieben wer<strong>de</strong>n,<br />

was <strong>de</strong>r Angeklagte auch beabsichtigte.<br />

b) Nach Auffassung <strong>de</strong>s Amtsgerichts sei <strong>de</strong>swegen <strong>de</strong>r Tatbestand <strong>de</strong>r Nötigung gemäß § 240 Abs. 1 Alt.<br />

1 StGB verwirklicht, weil <strong>de</strong>r Angeklagte Gewalt angewen<strong>de</strong>t habe, um <strong>de</strong>n Messbeamten zum<br />

Unterlassen weiterer Messungen zu zwingen. Die Gewaltanwendung zur Durchsetzung <strong>de</strong>s von ihm<br />

verfolgten Ziels sei auch verwerflich im Sinne von § 240 Abs. 2 StGB gewesen.<br />

c) Gegen das Urteil legte <strong>de</strong>r Angeklagte durch seinen Verteidiger am 7. Dezember 2011 "Rechtsmittel"<br />

ein, welches innerhalb <strong>de</strong>r Revisionsbegründungsfrist als Sprungrevision bezeichnet wur<strong>de</strong>. Gestützt auf<br />

die Verletzung materiellen Rechts beantragte <strong>de</strong>r Angeklagte, freigesprochen zu wer<strong>de</strong>n, hilfsweise das<br />

angefochtene Urteil mit seinen Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und<br />

Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Entgegen <strong>de</strong>r Auffassung <strong>de</strong>s Amtsgerichts habe er<br />

durch sein Verhalten keine Gewalt im Sinne <strong>de</strong>s Nötigungstatbestan<strong>de</strong>s ausgeübt.<br />

2. Das zur Entscheidung über die Revision berufene Oberlan<strong>de</strong>sgericht Karlsruhe ist <strong>de</strong>r Auffassung, dass<br />

die Feststellungen <strong>de</strong>s Amtsgerichts <strong>de</strong>n Schuldspruch wegen Nötigung nicht tragen, weil durch sie nicht<br />

belegt sei, dass gegen <strong>de</strong>n Messbeamten Gewalt im Sinne einer körperlichen Zwangswirkung ausgeübt<br />

wor<strong>de</strong>n sei. Vielmehr habe <strong>de</strong>r Angeklagte mit seinem Vorgehen <strong>de</strong>n Tatbestand <strong>de</strong>r Störung öffentlicher<br />

Betriebe gemäß § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB verwirklicht. Es beabsichtigt daher, in entsprechen<strong>de</strong>r<br />

Anwendung <strong>de</strong>s § 354 StPO <strong>de</strong>n Schuldspruch dahingehend abzuän<strong>de</strong>rn, dass <strong>de</strong>r Angeklagte <strong>de</strong>r Störung<br />

öffentlicher Betriebe gemäß § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB schuldig ist, und im Übrigen die Revision <strong>de</strong>s<br />

Angeklagten durch Beschluss gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegrün<strong>de</strong>t zu verwerfen.<br />

Bearbeiter: Karsten Gae<strong>de</strong> und Christoph Henckel<br />

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An <strong>de</strong>r beabsichtigten Entscheidung sieht sich das Oberlan<strong>de</strong>sgericht Karlsruhe durch <strong>de</strong>n Beschluss <strong>de</strong>s<br />

Oberlan<strong>de</strong>sgerichts Stuttgart vom 3. März 1997 - 2 Ss 59/97 (NStZ 1997, 342) gehin<strong>de</strong>rt. Nach<br />

Auffassung <strong>de</strong>s Oberlan<strong>de</strong>sgerichts Stuttgart liegt keine Störung <strong>de</strong>s Betriebs einer <strong>de</strong>r öffentlichen<br />

Ordnung o<strong>de</strong>r Sicherheit dienen<strong>de</strong>n Einrichtung o<strong>de</strong>r Anlage im Sinne <strong>de</strong>s § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB vor,<br />

wenn eine Geschwindigkeitsmessanlage unbrauchbar gemacht (im dort zu entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Fall durch<br />

Beschmieren <strong>de</strong>s Fotoobjektivs mit Senf bzw. einer cremeartigen weißen Masse) und dadurch die<br />

Ahndung von Verkehrsverstößen durch Verwarnungen o<strong>de</strong>r Bußgeldbeschei<strong>de</strong> unmöglich wird. Dies<br />

beruhe zum einen darauf, dass die Messanlage in ihrer Funktion keine eigenständige gemäß § 316b Abs. 1<br />

Nr. 3 StGB geschützte Anlage sei, son<strong>de</strong>rn nur eine <strong>de</strong>m Betrieb <strong>de</strong>r Bußgeldbehör<strong>de</strong> dienen<strong>de</strong> Sache<br />

darstelle, die als unselbständiges Glied in die Kette <strong>de</strong>r betrieblichen Vorgänge von <strong>de</strong>r Ermittlung bis zur<br />

Ahndung <strong>de</strong>r Verkehrsordnungswidrigkeiten integriert sei. Dafür, ob durch <strong>de</strong>n unbrauchbar gemachten<br />

Fotoapparat <strong>de</strong>r Messanlage eine <strong>de</strong>r öffentlichen Ordnung o<strong>de</strong>r Sicherheit dienen<strong>de</strong> Einrichtung o<strong>de</strong>r<br />

Anlage gestört wur<strong>de</strong>, sei <strong>de</strong>shalb auf die übergeordnete Organisationseinheit, die Bußgeldbehör<strong>de</strong>,<br />

abzustellen. Zum an<strong>de</strong>ren schütze <strong>de</strong>r unbestimmte Rechtsbegriff "<strong>de</strong>r öffentlichen Ordnung o<strong>de</strong>r<br />

Sicherheit dienend" die Funktion nur solcher beson<strong>de</strong>rs wichtiger Einrichtungen und Anlagen, <strong>de</strong>ren<br />

Hauptzweck die unmittelbare Abwehr von Gefahren für be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Rechtsgüter <strong>de</strong>r Allgemeinheit o<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>s Einzelnen ist, soweit <strong>de</strong>ren Schutz nicht bereits § 88 Abs. 1 Nr. 4 StGB unterfalle. Weil <strong>de</strong>r auf die<br />

Ermittlung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten ausgerichtete Hauptzweck <strong>de</strong>r Bußgeldbehör<strong>de</strong> in<br />

erster Linie repressiv einzuordnen sei, sei sie keine <strong>de</strong>r öffentlichen Ordnung o<strong>de</strong>r Sicherheit dienen<strong>de</strong><br />

Einrichtung im Sinne <strong>de</strong>s § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB. Sie unterschei<strong>de</strong> sich auch grundlegend von <strong>de</strong>r<br />

unmittelbaren Gefahrenabwehr, die unabhängig von <strong>de</strong>r Schuld <strong>de</strong>s Verursachers an <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>s<br />

Geschehens akut drohen<strong>de</strong> Scha<strong>de</strong>nsereignisse verhin<strong>de</strong>rn will. Dabei hat das Oberlan<strong>de</strong>sgericht Stuttgart<br />

auch berücksichtigt, dass <strong>de</strong>r Tätigkeit <strong>de</strong>r Bußgeldbehör<strong>de</strong> im Hinblick auf <strong>de</strong>n "Denkzetteleffekt" bei<br />

<strong>de</strong>n Betroffenen eine gewisse vorbeugen<strong>de</strong> Gefahrenabwehr nicht abgesprochen wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Das Oberlan<strong>de</strong>sgericht Karlsruhe sieht - ohne auf die vom Oberlan<strong>de</strong>sgericht Stuttgart vorgenommene<br />

einengen<strong>de</strong> Auslegung <strong>de</strong>s unbestimmten Rechtsbegriffs "<strong>de</strong>r öffentlichen Ordnung o<strong>de</strong>r Sicherheit<br />

dienend" einzugehen - eine Geschwindigkeitsmessanlage als eine <strong>de</strong>r öffentlichen Ordnung o<strong>de</strong>r<br />

Sicherheit dienen<strong>de</strong> Anlage im Sinne <strong>de</strong>s § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB an und hat <strong>de</strong>shalb die Sache gemäß §<br />

121 Abs. 2 GVG <strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>sgerichtshof zur Entscheidung folgen<strong>de</strong>r Frage vorgelegt:<br />

"Ist eine Geschwindigkeitsmessanlage eine eigenständige, <strong>de</strong>r öffentlichen Sicherheit und Ordnung<br />

dienen<strong>de</strong> Anlage im Sinne <strong>de</strong>s § 316 b Abs. 1 Nr. 3 StGB?"<br />

3. Der Generalbun<strong>de</strong>sanwalt hat beantragt zu beschließen:<br />

Die Sache wird an das Oberlan<strong>de</strong>sgericht Karlsruhe zurückgegeben.<br />

Er ist <strong>de</strong>r Auffassung, dass die Vorlegungsfrage nicht entscheidungserheblich ist.<br />

II.<br />

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HRRS 2013 Nr. 623<br />

Die Vorlegung <strong>de</strong>r Sache ist unzulässig, weil <strong>de</strong>ren Voraussetzungen gemäß § 121 Abs. 2 GVG nicht<br />

gegeben sind.<br />

Der Senat hat bereits Zweifel daran, dass die Vorlegungsfrage mit <strong>de</strong>r gewählten unbestimmten<br />

Formulierung "Geschwindigkeitsmessanlage" einer Vorlageentscheidung zugänglich ist o<strong>de</strong>r wenigstens<br />

unter Berücksichtigung <strong>de</strong>s Vorlagebeschlusses sowie <strong>de</strong>s angefochtenen amtsgerichtlichen Urteils in<br />

einer Weise umformuliert wer<strong>de</strong>n kann, die zu einer ausreichen<strong>de</strong>n inhaltlichen Bestimmtheit <strong>de</strong>r<br />

Vorlegungsfrage und damit zu einer ein<strong>de</strong>utig zu beantworten<strong>de</strong>n Frage führt. Dies kann jedoch letztlich<br />

Bearbeiter: Karsten Gae<strong>de</strong> und Christoph Henckel<br />

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HRRS 2013 Nr. 623<br />

offen bleiben. Denn <strong>de</strong>r zu Grun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong> Sachverhalt erfüllt je<strong>de</strong>nfalls keine <strong>de</strong>r Tathandlungen <strong>de</strong>s §<br />

316b Abs. 1 StGB, so dass die das Tatobjekt betreffen<strong>de</strong> Vorlegungsfrage keinesfalls<br />

entscheidungserheblich sein kann.<br />

1. Allerdings ist die Vorlegungspflicht gemäß § 121 Abs. 2 GVG, obwohl dort nicht ausdrücklich<br />

genannt, auch bei Sprungrevisionen, wie vorliegend, gegeben (BGH, Beschluss vom 24. Juli 1987 - 3 StR<br />

36/87, BGHSt 35, 14, 16; BeckOK-StPO/Huber, Ed. 15, § 121 GVG Rn. 4).<br />

2. Das Oberlan<strong>de</strong>sgericht Karlsruhe begrün<strong>de</strong>t die Vorlage <strong>de</strong>r Sache und seine vom Oberlan<strong>de</strong>sgericht<br />

Stuttgart abweichen<strong>de</strong> Rechtsansicht, <strong>de</strong>r das Oberlan<strong>de</strong>sgericht München insoweit gefolgt ist (NJW<br />

2006, 2132, 2133), wie folgt:<br />

"Eine Geschwindigkeitsmessanlage ist nach Auffassung <strong>de</strong>s Senats eine <strong>de</strong>r öffentlichen Ordnung o<strong>de</strong>r<br />

Sicherheit dienen<strong>de</strong> Anlage im Sinne <strong>de</strong>s § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB (so auch LK-König, StGB, 12. Aufl.,<br />

§ 316b Rn. 29; Fischer, a.a.O., § 316 b Rn. 5; SK-StGB/Wolters, 129. Lfg. 09/2011, § 316 b Rn. 7). Zwar<br />

han<strong>de</strong>lt es sich bei einer von <strong>de</strong>r Bußgeldbehör<strong>de</strong> eingesetzten Geschwindigkeitsmessanlage auch um ein<br />

technisches Einsatzmittel, <strong>de</strong>ssen sich die Bußgeldbehör<strong>de</strong> zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedient.<br />

Trotz<strong>de</strong>m stellt ein solches Gerät eine Anlage im Sinne <strong>de</strong>s § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB dar. Der Begriff <strong>de</strong>r<br />

Anlage setzt <strong>de</strong>m Wortlaut nach zunächst eine Konstruktion aus technischen Materialien voraus (BGHSt<br />

31, 1). Um eine klare Abgrenzung zu <strong>de</strong>m ebenfalls in § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB aufgeführten Begriff <strong>de</strong>r<br />

Einrichtung vorzunehmen, ist <strong>de</strong>r Anlagenbegriff zu<strong>de</strong>m als vornehmlich aus sächlichen Mitteln<br />

bestehen<strong>de</strong> Funktionseinheit zur planmäßigen Erreichung eines auf gewisse Dauer berechneten Erfolgs<br />

<strong>de</strong>finiert (LK-König, a.a.O. Rn. 8). Diese Voraussetzungen sind bei einer Geschwindigkeitsmessanlage<br />

gegeben.<br />

Eine Geschwindigkeitsmessanlage dient auch <strong>de</strong>r öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Denn gera<strong>de</strong><br />

Geschwindigkeitsmessungen erfolgen nicht allein aus repressiven, son<strong>de</strong>rn auch aus präventiven Zwecken<br />

(LK-König, a.a.O., Rn. 24; so im Ergebnis auch Fischer, a.a.O.; offen gelassen von OLG Stuttgart a.a.O.).<br />

Geschwindigkeitsmessungen haben nicht nur das Ziel, Verkehrsverstöße zu ahn<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn dienen auch<br />

dazu, die Verkehrsteilnehmer zur Einhaltung <strong>de</strong>r erlaubten Höchstgeschwindigkeit anzuhalten, um so<br />

Unfälle und an<strong>de</strong>re Straßenverkehrsgefährdungen zu verhin<strong>de</strong>rn.<br />

Der Angeklagte hat diese Messanlage durch das Parken seiner Fahrzeuge unmittelbar vor ihr unbrauchbar<br />

gemacht. Durch das Unterbrechen <strong>de</strong>s Laser- bzw. Radarstrahls hat er auf das Gerät eingewirkt und dieses<br />

in seiner Funktionsfähigkeit je<strong>de</strong>nfalls nicht unerheblich beeinträchtigt. Die Frage <strong>de</strong>r Brauchbarkeit<br />

beurteilt sich nach Zweck und Funktionsweise <strong>de</strong>r Anlage. Vorliegend war die<br />

Geschwindigkeitsmessanlage, die <strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Straße bewegen<strong>de</strong>n Pkw-Verkehr umfassend kontrollieren<br />

soll, durch die ver<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>n Fahrzeuge <strong>de</strong>s Angeklagten vollständig außer Betrieb gesetzt, weil<br />

verhin<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong>, dass <strong>de</strong>r Verkehr überhaupt von <strong>de</strong>m Laser-o<strong>de</strong>r Radarstrahl erfasst wur<strong>de</strong>. Damit ist in<br />

einer für das Tatbestandsmerkmal Unbrauchbarmachen ausreichen<strong>de</strong>r Weise auf die Anlage selbst<br />

eingewirkt, weil die Aussendung <strong>de</strong>s Laser- bzw. Radarstrahls unterbun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> und die Messanlage für<br />

die Dauer <strong>de</strong>r Störung nicht mehr ordnungsgemäß verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n konnte. Hierdurch ist die typische,<br />

durch § 316b StGB ins Auge gefasste Gefahrenlage verwirklicht wor<strong>de</strong>n.<br />

Als unerheblich sieht es <strong>de</strong>r Senat an, dass die Geschwindigkeitsmessanlage mobil und nicht fest mit <strong>de</strong>m<br />

Bo<strong>de</strong>n verbun<strong>de</strong>n war. Soweit eine Ortsfestigkeit als weitere Voraussetzung für <strong>de</strong>n Anlagenbegriff<br />

gefor<strong>de</strong>rt wird, ist damit lediglich ein ortsfester Einsatz gemeint (LK-König, a.a.O. Rn. 8). Diese<br />

Voraussetzungen sind aber bei einer mobilen Geschwindigkeitsmessanlage erfüllt. Nach <strong>de</strong>m Aufbau <strong>de</strong>s<br />

Geräts und <strong>de</strong>r erfor<strong>de</strong>rlichen Einstellung vor <strong>de</strong>m ersten Gebrauch wird es an einer konkreten Stelle und<br />

damit ortsfest eingesetzt.<br />

Bearbeiter: Karsten Gae<strong>de</strong> und Christoph Henckel<br />

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HRRS 2013 Nr. 623<br />

Nach alle<strong>de</strong>m sprechen sowohl Gesetzeswortlaut als auch Gesetzeszweck dafür,<br />

Geschwindigkeitsmessanlagen als Anlagen und damit als Schutzobjekte <strong>de</strong>s § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB<br />

anzusehen.<br />

Demgegenüber fin<strong>de</strong>t die Auffassung <strong>de</strong>s OLG Stuttgart, dass § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB ein<strong>de</strong>utig<br />

zwischen <strong>de</strong>m öffentlichen Betrieb, <strong>de</strong>r gestört wer<strong>de</strong>, und <strong>de</strong>r Ursache <strong>de</strong>r Störung unterschei<strong>de</strong>t mit <strong>de</strong>r<br />

Folge, dass Geschwindigkeitsmessanlagen keine eigenständigen Schutzobjekte im Sinne von § 316b Abs.<br />

1 Nr. 3 StGB wären, im Gesetzeswortlaut keine Stütze. Denn <strong>de</strong>r "öffentliche Betrieb" wird im Tatbestand<br />

<strong>de</strong>s § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht erwähnt, son<strong>de</strong>rn fin<strong>de</strong>t sich lediglich in <strong>de</strong>r amtlichen Überschrift <strong>de</strong>s<br />

Straftatbestan<strong>de</strong>s; es ist aber nicht zulässig, <strong>de</strong>m öffentlichen Betrieb als generell übergeordneter Einheit<br />

mithilfe <strong>de</strong>r amtlichen Überschrift Eingang in <strong>de</strong>n Tatbestand zu verschaffen (so auch LK-König, a.a.O.<br />

Rn. 9a). Vielmehr ist <strong>de</strong>m Wortlaut <strong>de</strong>s § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB ein<strong>de</strong>utig zu entnehmen, dass <strong>de</strong>r<br />

Betrieb einer Einrichtung und <strong>de</strong>r Betrieb einer Anlage gleichrangige Schutzgegenstän<strong>de</strong> darstellen (LK-<br />

König, a.a.O.). Anlagen im Sinne <strong>de</strong>s § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB wer<strong>de</strong>n grundsätzlich von einer an<strong>de</strong>ren<br />

Organisationseinheit betrieben. Wür<strong>de</strong> man die hinter <strong>de</strong>r Anlage stehen<strong>de</strong> Organisationseinheit als<br />

vorrangig ansehen, wäre die Anlage als eigenständiges Schutzobjekt überflüssig und hätte vom<br />

Gesetzgeber nicht in <strong>de</strong>n Tatbestand aufgenommen wer<strong>de</strong>n müssen. § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB soll aber<br />

gera<strong>de</strong> gemeinschaftswichtige Anlagen in ihrem Betrieb gegen Sabotageakte und damit das<br />

ordnungsgemäße Arbeiten solcher Anlagen als Funktionseinheiten schützen (Fischer, a.a.O. Rn. 1). Da<br />

solche Geschwindigkeitsmessanlagen aber in aller Regel auch Hilfsmittel <strong>de</strong>r jeweiligen Behör<strong>de</strong>n<br />

darstellen, wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Schutzzweck nicht erreicht wer<strong>de</strong>n, wenn diese nicht als Schutzobjekte <strong>de</strong>s § 316b<br />

Abs. 1 Nr. 3 StGB gelten."<br />

3. Die Vorlegungsfrage ist, worauf bereits <strong>de</strong>r Generalbun<strong>de</strong>sanwalt in seiner Antragsschrift vom 14.<br />

November 2012 zutreffend hingewiesen hat, mit <strong>de</strong>r dort gewählten unbestimmten Formulierung<br />

"Geschwindigkeitsmessanlage" einer Vorlageentscheidung nicht zugänglich; <strong>de</strong>nn von § 121 Abs. 2 GVG<br />

wer<strong>de</strong>n nur Rechtsfragen umfasst (BGH, Beschlüsse vom 7. Juni 1982 - 4 StR 60/82, BGHSt 31, 86, 89<br />

mwN, und vom 3. April 2001 - 4 StR 507/00, BGHSt 46, 358, 361; vgl. auch BGH, Beschluss vom 28.<br />

Juni 1977 - 5 StR 30/77, BGHSt 27, 212, 213 [nicht bei "rechtlich unverbindlichen Hinweisen"]). Die<br />

Klärung einer Tatfrage ist einer Vorlage auch dann nicht zugänglich, wenn diese wie eine Rechtsfrage<br />

formuliert wird (vgl. BGH, Beschluss vom 12. April 1983 - 5 StR 513/82, BGHSt 31, 314, 316). Ob eine<br />

in <strong>de</strong>r Formulierung <strong>de</strong>r Vorlagefrage "Geschwindigkeitsmessanlage" "eine eigenständige, <strong>de</strong>r<br />

öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienen<strong>de</strong> Anlage im Sinne <strong>de</strong>s § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB" ist, hängt<br />

angesichts <strong>de</strong>r an eine solche zu stellen<strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen auch von <strong>de</strong>ren konkreter Beschaffenheit ab<br />

und ist damit Tatfrage. Das gilt insbeson<strong>de</strong>re vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>r kontrovers beurteilten Be<strong>de</strong>utung<br />

<strong>de</strong>r Ortsfestigkeit als Bestandteil <strong>de</strong>s Anlagebegriffs in § 316b StGB (dazu LK-StGB/König, 12. Aufl., §<br />

316b Rn. 8 mwN). Enthielte <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>r Anlage ein solches - wie auch immer im Detail zu<br />

verstehen<strong>de</strong>s - Teilmerkmal, wür<strong>de</strong>n zumin<strong>de</strong>st sog. Laserpistolen, möglicherweise aber auch mobile<br />

Messgeräte nicht als Anlage im Sinne von § 316b StGB verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n können. Sie sind aber von <strong>de</strong>r<br />

Formulierung "Geschwindigkeitsmessanlage" erfasst.<br />

Ob eine - an sich rechtlich zulässige - Umformulierung <strong>de</strong>r Vorlegungsfrage (vgl. BGH, Beschluss vom 3.<br />

April 2001 - 4 StR 507/00, BGHSt 46, 358, 361 f.), wie sie <strong>de</strong>r Generalbun<strong>de</strong>sanwalt in seiner<br />

Antragsschrift ergänzend formuliert hat, möglich ist, kann offenbleiben. Zwar lassen sich unter<br />

Heranziehung <strong>de</strong>r Sachverhalte <strong>de</strong>r Vorlageentscheidung sowie <strong>de</strong>s dieser zu Grun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong>n Urteils<br />

<strong>de</strong>s Amtsgerichts Waldkirch Anhaltspunkte über die Beschaffenheit <strong>de</strong>r konkret verwen<strong>de</strong>ten<br />

Geschwindigkeitsmessanlage entnehmen ("aufgebautes Blitzgerät", Vorhan<strong>de</strong>nsein eines Sensors, Einsatz<br />

eines Laser- o<strong>de</strong>r Radarstrahls, keine feste Verbindung mit <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n, Vorhan<strong>de</strong>nsein eines<br />

Messfahrzeugs). Selbst auf <strong>de</strong>r Grundlage solcher tatsächlicher Gegebenheiten wären die<br />

Bearbeiter: Karsten Gae<strong>de</strong> und Christoph Henckel<br />

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Vorlagevoraussetzungen nach § 121 Abs. 2 GVG aber nicht gegeben.<br />

III.<br />

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HRRS 2013 Nr. 623<br />

Wie <strong>de</strong>r Generalbun<strong>de</strong>sanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend dargelegt hat, fehlt es auf <strong>de</strong>r Grundlage<br />

<strong>de</strong>s vom Amtsgericht festgestellten und <strong>de</strong>m Vorlagebeschluss zugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong>n Sachverhalts an einer<br />

<strong>de</strong>m Tatbestand <strong>de</strong>s § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB unterfallen<strong>de</strong>n Tathandlung <strong>de</strong>s Angeklagten. Das<br />

vorlegen<strong>de</strong> Oberlan<strong>de</strong>sgericht kann daher mangels Tatbestandsmäßigkeit gemäß § 316b Abs. 1 StGB<br />

nicht von <strong>de</strong>r Rechtsansicht <strong>de</strong>s Oberlan<strong>de</strong>sgerichts Stuttgart abweichen.<br />

1. § 316b Abs. 1 StGB weist eine zweiaktige Struktur auf. Der Tatbestand setzt für <strong>de</strong>n hier allein in Frage<br />

kommen<strong>de</strong>n § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB eine Störung o<strong>de</strong>r eine Verhin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Betriebs einer <strong>de</strong>r<br />

öffentlichen Ordnung o<strong>de</strong>r Sicherheit dienen<strong>de</strong>n Anlage voraus. Diese Störung o<strong>de</strong>r Verhin<strong>de</strong>rung muss<br />

ihre Ursache (siehe nur Fischer, StGB, 60. Aufl., § 316b Rn. 6) darin haben, dass eine <strong>de</strong>m Betrieb<br />

dienen<strong>de</strong> Sache zerstört, beschädigt, beseitigt, verän<strong>de</strong>rt o<strong>de</strong>r unbrauchbar gemacht o<strong>de</strong>r - was hier<br />

ersichtlich von vornherein nicht in Frage kommt - die für <strong>de</strong>n Betrieb bestimmte elektrische Kraft<br />

entzogen wird.<br />

Hier kommt allenfalls das Merkmal <strong>de</strong>s Unbrauchbarmachens einer <strong>de</strong>m Betrieb dienen<strong>de</strong>n Sache, <strong>de</strong>m<br />

wie auch immer technisch gestalteten Messgerät, in Betracht, was aber entgegen <strong>de</strong>r vom vorlegen<strong>de</strong>n<br />

Oberlan<strong>de</strong>sgericht vertretenen Auffassung ebenfalls ausschei<strong>de</strong>t.<br />

2. Vorliegend hat <strong>de</strong>r Angeklagte die beabsichtigten Geschwindigkeitsmessungen allein dadurch<br />

verhin<strong>de</strong>rt, dass er mit seinen jeweils in Richtung <strong>de</strong>s Messstrahls geparkten Fahrzeugen Messungen<br />

an<strong>de</strong>rer vorbeifahren<strong>de</strong>r Fahrzeuge verhin<strong>de</strong>rte. Dabei wirkte er jedoch, an<strong>de</strong>rs als bei <strong>de</strong>m vom<br />

Oberlan<strong>de</strong>sgericht Stuttgart (NStZ 1997, 342 f.) entschie<strong>de</strong>nen Fall, nicht einmal äußerlich durch<br />

Beschmieren o<strong>de</strong>r bspw. Bekleben auf die Substanz <strong>de</strong>r Sache ein. Es lag mithin keine Manipulation an<br />

<strong>de</strong>m Messgerät selbst o<strong>de</strong>r einem wesentlichen Teil davon vor, die zu einer tatsächlichen<br />

Funktionsmin<strong>de</strong>rung geführt haben könnte, was aber Voraussetzung einer Tatbestandsmäßigkeit wäre (zur<br />

Erfor<strong>de</strong>rlichkeit einer Einwirkung auf die Sachsubstanz vgl. OLG Celle, NStZ 2005, 217; BVerfG NVwZ<br />

2006, 583; LK-StGB/Wolff, 12. Aufl., § 317 Rn. 9, 11; SK-StGB/Wolters, 129. Lief. § 316b Rn. 10;<br />

Fischer, aaO; Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 316b Rn. 5). Der Generalbun<strong>de</strong>sanwalt hat insoweit<br />

zutreffend darauf hingewiesen, dass <strong>de</strong>rjenige <strong>de</strong>n Tatbestand nicht erfüllt, <strong>de</strong>r einen Fernsprechanschluss<br />

dadurch blockiert, dass er diesen anwählt und nicht auflegt (vgl. LK-StGB/Wolff aaO). Dem entspricht<br />

auch, dass bei Blocka<strong>de</strong>aktionen gegenüber einem Zug es nicht ausreichend ist, wenn <strong>de</strong>ssen Weiterfahrt<br />

durch Personen auf <strong>de</strong>n Gleisen verhin<strong>de</strong>rt wird; erst bei einem direkten Einwirken auf die Gleise selbst<br />

kann <strong>de</strong>r Tatbestand gegeben sein (OLG Celle NStZ 2005, 217 f.).<br />

So liegt <strong>de</strong>r Fall auch hier. Mit <strong>de</strong>m Parken seiner Fahrzeuge vor <strong>de</strong>m Sensor <strong>de</strong>r Messeinheit hat <strong>de</strong>r<br />

Angeklagte zwar weitere Messungen an<strong>de</strong>rer Fahrzeuge verhin<strong>de</strong>rt, an einem direkten Einwirken auf die<br />

Sachsubstanz fehlte es aber. Dies erweist sich schon daraus, dass bereits ein leichtes Versetzen <strong>de</strong>s<br />

Messfahrzeuges o<strong>de</strong>r (je nach Gerät) auch nur <strong>de</strong>r Messeinrichtung Messungen wie<strong>de</strong>r möglich gemacht<br />

hätte. Insoweit unterschei<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>r Sachverhalt auch von <strong>de</strong>n Fallgestaltungen <strong>de</strong>r Oberlan<strong>de</strong>sgerichte<br />

Stuttgart (NStZ 1997, 342 f. - Beschmieren <strong>de</strong>s Fotoobjektivs) und München (NJW 2006, 2132 f. -<br />

Überbelichtung <strong>de</strong>s Fotofilms durch Blitzlichtreflexion), bei <strong>de</strong>nen eine bloße Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Standorts -<br />

auch wenn dies praktisch nicht möglich gewesen wäre - nichts an <strong>de</strong>r allerdings nur vorübergehen<strong>de</strong>n<br />

Beeinträchtigung <strong>de</strong>r Anlage selbst geän<strong>de</strong>rt hätte.<br />

3. Der Senat ist vorliegend nicht durch die Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>s Vorlageverfahrens gemäß § 121 Abs. 2<br />

GVG daran gehin<strong>de</strong>rt, ungeachtet <strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n Anlagenbegriff <strong>de</strong>s § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB beschränkten<br />

Bearbeiter: Karsten Gae<strong>de</strong> und Christoph Henckel<br />

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HRRS 2013 Nr. 623<br />

Vorlagefrage die Entscheidungserheblichkeit <strong>de</strong>r Vorlagefrage abweichend von <strong>de</strong>m vorlegen<strong>de</strong>n<br />

Oberlan<strong>de</strong>sgericht zu beurteilen. Die grundsätzlich bestehen<strong>de</strong> Bindung <strong>de</strong>s Senats an die Auffassung <strong>de</strong>s<br />

Oberlan<strong>de</strong>sgerichts über das Vorliegen <strong>de</strong>r Tathandlung gemäß § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB entfällt, weil<br />

dieses insoweit von einer rechtlich so nicht haltbaren Betrachtung ausgegangen ist. Nach <strong>de</strong>r<br />

Rechtsprechung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sgerichtshofs liegt in solchen Konstellationen die ansonsten bestehen<strong>de</strong><br />

Bindung an die Beurteilung <strong>de</strong>r Entscheidungserheblichkeit durch das vorlegen<strong>de</strong> Gericht nicht vor<br />

(BGH, Beschlüsse vom 22. August 1994 - 3 StR 209/84, NStZ 1985, 217, 218, und vom 14. Mai 1974 - 1<br />

StR 366/73, BGHSt 25, 325, 328; siehe auch BGH, Beschluss vom 21. Februar 1968 - 2 StR 360/67,<br />

BGHSt 22, 94, 100 mwN). Das Oberlan<strong>de</strong>sgericht hat bei <strong>de</strong>r Beurteilung <strong>de</strong>s Vorliegens <strong>de</strong>r Tathandlung<br />

gemäß § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB im rechtlichen Ausgangspunkt nicht ausreichend <strong>de</strong>utlich zwischen <strong>de</strong>m<br />

Unbrauchbarmachen <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Betrieb einer Anlage o<strong>de</strong>r Einrichtung dienen<strong>de</strong>n Sache und <strong>de</strong>r dadurch<br />

verursachten Verhin<strong>de</strong>rung o<strong>de</strong>r Störung <strong>de</strong>s Betriebs <strong>de</strong>r Anlage o<strong>de</strong>r Einrichtung unterschie<strong>de</strong>n. Das<br />

trägt <strong>de</strong>r Struktur <strong>de</strong>s Tatbestan<strong>de</strong>s nicht genügend Rechnung. Vor allem aber hat es in rechtlich nicht<br />

vertretbarer Weise bei <strong>de</strong>m Merkmal <strong>de</strong>s Unbrauchbarmachens auf das Erfor<strong>de</strong>rnis einer Einwirkung auf<br />

die Sachsubstanz verzichtet. Die Notwendigkeit einer solchen Art <strong>de</strong>r Einwirkung ergibt sich für das<br />

Unbrauchbarmachen jedoch ein<strong>de</strong>utig aus <strong>de</strong>m systematischen Vergleich mit <strong>de</strong>n übrigen in <strong>de</strong>m<br />

Tatbestand genannten Tathandlungen (Zerstören, Beschädigen, Beseitigen, Verän<strong>de</strong>rn). Dementsprechend<br />

wird - wie aufgezeigt (III.2.) - eine Sachsubstanzeinwirkung für ein tatbestandsmäßiges Verhalten<br />

vorausgesetzt.<br />

Die Sache war daher an das Oberlan<strong>de</strong>sgericht zurückzugeben.<br />

Bearbeiter: Karsten Gae<strong>de</strong> und Christoph Henckel<br />

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