HRRS-Festgabe für Gerhard Fezer zum 70 ... - hrr-strafrecht.de
HRRS-Festgabe für Gerhard Fezer zum 70 ... - hrr-strafrecht.de
HRRS-Festgabe für Gerhard Fezer zum 70 ... - hrr-strafrecht.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
82 André Graumann<br />
das Rechtsmittelgericht – bei unverän<strong>de</strong>rten Umstän<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>m Ermessens-<br />
o<strong>de</strong>r Beurteilungsspielraum in § 154 StPO nicht in abweichen<strong>de</strong>r<br />
Weise Gebrauch machen dürfen. So kann etwa die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Tat im<br />
Vergleich mit <strong>de</strong>r Bezugstat nicht nachträglich doch höher eingeschätzt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Bindungswirkung <strong>de</strong>r Urteilsabsprache entfällt darüber hinaus, wenn<br />
<strong>de</strong>r Angeklagte mit seinem Geständnis keine absprachegemäße »Leistung«<br />
erbringt, dieses etwa nicht glaubhaft 58 o<strong>de</strong>r im Hinblick auf <strong>de</strong>n Anklagevorwurf<br />
nicht umfassend 59 ist.<br />
Insofern ergibt sich bei <strong>de</strong>r Nichtverfolgungs- o<strong>de</strong>r Prozessumfangsabsprache<br />
ein Unterschied, <strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n ersten Blick vielleicht nicht ins Auge fällt,<br />
sich aber zwingend aus <strong>de</strong>n Voraussetzungen <strong>de</strong>r Anwendung von § 154<br />
StPO ergibt: Die Ablegung eines Geständnisses spielt bei <strong>de</strong>r Nichtverfolgungsabsprache<br />
keine Rolle. Während <strong>de</strong>m Geständnis bei <strong>de</strong>r Urteilsabsprache<br />
naturgemäß größte Be<strong>de</strong>utung zukommt, weil die Strafobergrenze<br />
gera<strong>de</strong> unter Berücksichtigung eines Geständnisses als strafmil<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>r<br />
Umstand zugesagt wird, ist es <strong>für</strong> eine Einstellung gemäß § 154 StPO unerheblich,<br />
ob <strong>de</strong>r Angeklagte geständig ist o<strong>de</strong>r nicht. Nicht das Geständnis<br />
hinsichtlich <strong>de</strong>r Bezugstat ist die Einstellungsvoraussetzung, son<strong>de</strong>rn die<br />
höhere Gewichtigkeit <strong>de</strong>r Verurteilung wegen dieser Tat.<br />
Wenn die Staatsanwaltschaft im Rahmen <strong>de</strong>r Verständigungsgespräche erfährt,<br />
dass das Gericht <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Fall eines Geständnisses <strong>für</strong> die Bezugstat<br />
eine Strafobergrenze von 2 Jahren Freiheitsstrafe zusagt, dann muss sie<br />
entschei<strong>de</strong>n, ob sie im Hinblick auf diese Strafhöhe die Anwendung von<br />
§ 154 StPO auf weitere Taten <strong>für</strong> gerechtfertigt hält und <strong>de</strong>shalb ein entsprechen<strong>de</strong>s<br />
Vorgehen zusagen kann.<br />
58<br />
BGH StV 2003, 268; 2004, 417 (= <strong>HRRS</strong> 2004 Nr. 471).<br />
59<br />
BGH NStZ 2006, 586 (= <strong>HRRS</strong> 2006 Nr. 542).