HRRS-Festgabe für Gerhard Fezer zum 70 ... - hrr-strafrecht.de
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Die Absprache über die Nichtverfolgung einer Tat gemäß § 154 StPO 81<br />
renziert er nicht zwischen <strong>de</strong>r Zusage <strong>zum</strong> Strafmaß und <strong>de</strong>r Ankündigung<br />
einer Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO. Es kann daher davon ausgegangen<br />
wer<strong>de</strong>n, dass die Kriterien bei bei<strong>de</strong>n Formen <strong>de</strong>r Verfahrensabsprache<br />
einheitlich gehandhabt wer<strong>de</strong>n sollen.<br />
Demnach dürfen Staatsanwaltschaft o<strong>de</strong>r Gericht, die eine Zusage zur Anwendbarkeit<br />
von § 154 StPO gemacht haben, von ihrer Ankündigung dann<br />
abweichen, wenn die Voraussetzungen einer Einstellung nach dieser Norm<br />
entfallen, weil maßgebliche Umstän<strong>de</strong> übersehen wur<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r neu hervorgetreten<br />
sind. Auch hier geht es um Straf<strong>zum</strong>essungsumstän<strong>de</strong>, da <strong>für</strong> die<br />
Anwendbarkeit von § 154 StPO eine Strafmaßprognose hinsichtlich zweier<br />
Taten entschei<strong>de</strong>nd ist – auf <strong>de</strong>r einen Seite die von <strong>de</strong>r potentiellen Einstellung<br />
erfasste Tat und auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite <strong>de</strong>ren Bezugstat. Denkbar ist<br />
also insbeson<strong>de</strong>re, dass sich nachträglich strafschärfen<strong>de</strong> Umstän<strong>de</strong> <strong>für</strong> diejenige<br />
Tat ergeben, die nach <strong>de</strong>r Zusage nicht mehr verfolgt wer<strong>de</strong>n sollte,<br />
so dass ihre Gewichtigkeit gegenüber <strong>de</strong>r Bezugstat ansteigt. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
Seite können aber auch strafmil<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Umstän<strong>de</strong> zu einer geringeren<br />
Verurteilung wegen <strong>de</strong>r Bezugstat führen, womit die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>rjenigen<br />
Tat, die ursprünglich eingestellt wer<strong>de</strong>n sollte, ebenfalls ansteigt.<br />
Diese weitgehen<strong>de</strong> Abweichungsmöglichkeit ist allerdings mit Blick auf <strong>de</strong>n<br />
verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz problematisch, da <strong>de</strong>r<br />
Angeklagte so auch das Risiko einer <strong>für</strong> ihn nicht vorhersehbaren, möglicherweise<br />
sogar durch Fehler <strong>de</strong>r Strafverfolgungsorgane erst verursachten<br />
Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Umstän<strong>de</strong> trägt. 56<br />
Nicht zulässig ist auf <strong>de</strong>r Grundlage <strong>de</strong>r BGH-Rechtsprechung – entsprechend<br />
<strong>de</strong>r Situation bei <strong>de</strong>r Urteilsabsprache – das Abweichen von <strong>de</strong>r Zusage<br />
aufgrund »besserer Einsicht«. 57 Dies ist <strong>de</strong>r Inhalt <strong>de</strong>r Bindungswirkung<br />
und hat zur Folge, dass die Staatsanwaltschaft und das Gericht – auch<br />
56<br />
Vgl. dazu Graumann <strong>HRRS</strong> 2008, 122, 133f.<br />
57<br />
Vgl. zu diesem Begriff BGHSt 38, 102, 105.