HRRS-Festgabe für Gerhard Fezer zum 70 ... - hrr-strafrecht.de
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72 André Graumann<br />
3. Anspruch auf Einhaltung <strong>de</strong>r Absprache in Form einer<br />
Einstellung entsprechend § 154 StPO<br />
Der Verweis auf die sonstige Rechtsprechung <strong>zum</strong> Verfahrenshin<strong>de</strong>rnis als<br />
Folge eines Fairnessverstoßes schlägt daher seit <strong>de</strong>r Annahme einer fairnessbedingten<br />
Bindungswirkung <strong>de</strong>r Absprachen durch <strong>de</strong>n BGH nicht<br />
mehr durch. 42 Genau genommen ist die Konstellation <strong>de</strong>r nicht eingehaltenen<br />
Absprache bezüglich § 154 StPO aber auch gar nicht <strong>de</strong>m Problembereich<br />
»Verfahrensfairness und Verfahrenshin<strong>de</strong>rnis« zuzuordnen. Erstens<br />
entspricht es <strong>de</strong>r BGH-Rechtsprechung zur Urteilsabsprache, dass die Missachtung<br />
<strong>de</strong>r Bindungswirkung dazu führt, dass gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Inhalt <strong>de</strong>r Zusage<br />
– in <strong>de</strong>m Fall die Strafobergrenze – im Wege <strong>de</strong>r Revision durchgesetzt wer<strong>de</strong>n<br />
kann. Zweitens reicht das Recht <strong>de</strong>s Angeklagten in Folge einer Verletzung<br />
<strong>de</strong>s fair-trial-Grundsatzes nicht weiter als zur Heilung <strong>de</strong>s Fairnessverstoßes<br />
erfor<strong>de</strong>rlich.<br />
Es ist daher nur konsequent, wenn <strong>de</strong>r Beschuldigte bei einer Nichtverfolgungsabsprache<br />
<strong>de</strong>ren Inhalt und damit eben eine Einstellung gemäß § 154<br />
Abs. 1 o<strong>de</strong>r Abs. 2 StPO auch rechtlich durchzusetzen vermag. Der Annahme<br />
eines Verfahrenshin<strong>de</strong>rnisses und – im Falle einer Hauptverhandlung<br />
– einer Einstellung durch Urteil gemäß § 260 Abs. 3 StPO bedarf es<br />
insofern nicht unbedingt.<br />
Problematisch erscheint natürlich, dass sich dies mit <strong>de</strong>m geschriebenen<br />
Recht nicht zwanglos vereinbaren lässt. Verweigert die Staatsanwaltschaft<br />
entgegen einer Zusage – so wie hier bezüglich <strong>de</strong>r Tat 3 – die Stellung eines<br />
Antrages gemäß § 154 Abs. 2 StPO, so fehlt es »an einer gesetzlichen Vor-<br />
42<br />
In <strong>de</strong>r Literatur wur<strong>de</strong> schon im Zusammenhang mit BGHSt 37, 10 <strong>zum</strong> Teil die<br />
Nichtverurteilung als die sachgerechte Rechtsfolge angesehen, vgl. Scheffler<br />
wistra 1990, 319, 321; Gerlach, Absprachen im Strafverfahren (1992), S. 194f.;<br />
Steiner, Das Fairneßprinzip im Strafprozeß (1995), S. 200; Roxin, Strafverfahrensrecht,<br />
25. Aufl. (1998), § 11 Rn. 15; <strong>für</strong> die Straf<strong>zum</strong>essungslösung dagegen<br />
Weigend JR 1991, 257, 258; Beulke/Satzger JuS 1997, 1072, 1080.