HRRS-Festgabe für Gerhard Fezer zum 70 ... - hrr-strafrecht.de
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56 André Graumann formellen Grauzone zuzurechnen ist. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der gesetzlichen Regelung dann auch ein abschließender Charakter zukommt und nicht etwa die Möglichkeit eröffnet wird, künftig zwischen den normierten, rechtsverbindlichen Absprachen und sonstigen informellen Gesprächen zu differenzieren, wie sich dies auch schon in einigen Entscheidungen angedeutet hat. 7 Die Erfahrung mit den – in vielen Fällen aus Sicht aller am Verfahren Beteiligten sinnvollen – Absprachen, insbesondere aber mit ihren rechtlich bedenklichen Auswüchsen, hat gezeigt, dass in einem derart grundrechtssensiblen Bereich wie dem Strafverfahren auch die Kommunikation als Grundlage einer Verständigung streng formalen Regeln unterworfen werden muss. Vorgänge, die für die Durchführung und den Abschluss des Verfahrens von höchster Bedeutung sind, können nicht allein von der sozialen Kompetenz und dem guten Willen der Verfahrensbeteiligten abhängig gemacht werden. Vielmehr darf auch ein solches Vorgehen nur in rechtlich gelenkten und damit auch für die Öffentlichkeit transparenten Bahnen erfolgen. Eine gesetzliche Regelung sollte daher unbedingt sicherstellen – durchaus auch über ein ausdrückliches Verbot von Verständigungsgesprächen, die außerhalb der Hauptverhandlung oder eines dieser vorangehenden formal geregelten Termins stattfinden –, dass künftig nicht verbindliche Absprachen erster und solche zweiter Klasse entstehen, die dem Bedürfnis eines oder mehrerer Verfahrensbeteiligten entsprechen, sich jenseits der normierten Verständigung »doch einfach mal ganz ohne Zwang zu unterhalten«. Nur dann kann wohl ausgeschlossen werden, dass sich ein Strafverfolgungsorgan Derartiges leistet, wie im Urteil des 3. Strafsenats das Landgericht und die Staatsanwaltschaft. Der Senat hatte sich mit einer gescheiterten Absprache zu befassen, in deren Rahmen die Verfahrensbeteiligten sich über die Strafhöhe und die Ein- 7 Vgl. BGH NStZ 2005, 395f. (= HRRS 2005 Nr. 298); NStZ 2006, 464, 465 (= HRRS 2006 Nr. 349); NStZ 2007, 355 (= HRRS 2007 Nr. 365); StV 2007, 618 (= HRRS 2007 Nr. 999).
Die Absprache über die Nichtverfolgung einer Tat gemäß § 154 StPO 57 stellung weiterer Verfahren verständigten. Es handelt sich also um eine Kombination aus der so genannten Urteilsabsprache – Zusage einer bestimmten Strafobergrenze für den Fall eines Geständnisses – und einer Verständigung über die Nichtverfolgung weiterer Taten gemäß § 154 StPO, die in schlagwortartiger Abgrenzung zur Urteilsabsprache als Verfahrenseinstellungs- oder Nichtverfolgungsabsprache bezeichnet werden könnte. In der Literatur wird insofern auch der Begriff der Prozessumfangsabsprache verwendet. 8 Im Mittelpunkt der grundlegenden Entscheidungen des BGH zu den Absprachen im Strafprozess stand bislang die Urteilsabsprache. 9 Insbesondere gilt dies für die – eine entscheidende Wende in der Rechtsprechung des BGH einleitende – Grundsatzentscheidung des 4. Strafsenats in BGHSt 43, 195, in der erstmals systematisch benannt wurde, welches die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer solchen Verständigung sind, welche Rechtsfolgen sie auslöst (was der Angeklagte also aus der Absprache herleiten kann) und unter welchen Umständen das Gericht von der Absprache abweichen kann. 10 Die auf dieser Grundlage entstandene und fortentwickelte Rechtsprechung des BGH ist auf die Urteilsabsprache zugeschnitten. Die einzige Entscheidung, die sich ausschließlich mit einer Verfahrenseinstellungsabsprache befasst, stammt noch aus der Zeit des Beginns der Absprachendiskussion, lange bevor der 4. Strafsenat mit der Annahme einer Bindungswirkung der Verständigung eine grundlegende Änderung der Rechtsprechung des BGH einläutete und damit wesentliche Aspekte der 8 Vgl. etwa Küpper/Bode Jura 1999, 351, 352; Bömeke, Rechtsfolgen fehlgeschlagener Absprachen im deutschen und englischen Strafverfahren (2001), S. 67. 9 Auch die Gesetzentwürfe sehen keine ausdrückliche Regelung der Nichtverfolgungsabsprache vor. Die Gesetzesvorlage des Bundesrats lässt die Vorschriften der §§ 154, 154a StPO »unberührt« (§ 243a Abs. 2 S. 3 StPO-neu), während der Referentenentwurf diese Verständigungsform gar nicht gesondert erwähnt. 10 Vgl. BGHSt 43, 195, 202ff. und die »Hervorhebung und Präzisierung« dieser Grundsätze in BGHSt – Großer Senat – 50, 40, 48ff.
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Die Absprache über die Nichtverfolgung einer Tat gemäß § 154 StPO 57<br />
stellung weiterer Verfahren verständigten. Es han<strong>de</strong>lt sich also um eine<br />
Kombination aus <strong>de</strong>r so genannten Urteilsabsprache – Zusage einer bestimmten<br />
Strafobergrenze <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Fall eines Geständnisses – und einer Verständigung<br />
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in schlagwortartiger Abgrenzung zur Urteilsabsprache als Verfahrenseinstellungs-<br />
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In <strong>de</strong>r Literatur wird insofern auch <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>r Prozessumfangsabsprache<br />
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BGH einleiten<strong>de</strong> – Grundsatzentscheidung <strong>de</strong>s 4. Strafsenats in BGHSt 43,<br />
195, in <strong>de</strong>r erstmals systematisch benannt wur<strong>de</strong>, welches die Zulässigkeitsvoraussetzungen<br />
einer solchen Verständigung sind, welche Rechtsfolgen<br />
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kann. 10 Die auf dieser Grundlage entstan<strong>de</strong>ne und fortentwickelte Rechtsprechung<br />
<strong>de</strong>s BGH ist auf die Urteilsabsprache zugeschnitten.<br />
Die einzige Entscheidung, die sich ausschließlich mit einer Verfahrenseinstellungsabsprache<br />
befasst, stammt noch aus <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>s Beginns <strong>de</strong>r Absprachendiskussion,<br />
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Rechtsprechung <strong>de</strong>s BGH einläutete und damit wesentliche Aspekte <strong>de</strong>r<br />
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Vgl. etwa Küpper/Bo<strong>de</strong> Jura 1999, 351, 352; Bömeke, Rechtsfolgen fehlgeschlagener<br />
Absprachen im <strong>de</strong>utschen und englischen Strafverfahren (2001), S. 67.<br />
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Auch die Gesetzentwürfe sehen keine ausdrückliche Regelung <strong>de</strong>r Nichtverfolgungsabsprache<br />
vor. Die Gesetzesvorlage <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>srats lässt die Vorschriften<br />
<strong>de</strong>r §§ 154, 154a StPO »unberührt« (§ 243a Abs. 2 S. 3 StPO-neu), während <strong>de</strong>r<br />
Referentenentwurf diese Verständigungsform gar nicht geson<strong>de</strong>rt erwähnt.<br />
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Vgl. BGHSt 43, 195, 202ff. und die »Hervorhebung und Präzisierung« dieser<br />
Grundsätze in BGHSt – Großer Senat – 50, 40, 48ff.