HRRS-Festgabe für Gerhard Fezer zum 70 ... - hrr-strafrecht.de
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Ungehobene Schätze in <strong>de</strong>r Rechtsprechung <strong>de</strong>s EGMR <strong>für</strong> die Verteidigung? 39<br />
scheidung <strong>de</strong>s Großen Senats zur Vollstreckungslösung möchte und kann<br />
ich hier nicht umfassend analysieren. 59 Auch durch diese Entscheidung stellen<br />
sich aber heute Folgefragen. Man kann sie als »Fragen <strong>de</strong>r 2. Generation«<br />
bezeichnen, zeigen sie doch erst, wie viel das Recht auf Beschleunigung<br />
<strong>de</strong>m Rechtsinhaber wirklich bringt, nach<strong>de</strong>m das Recht nun in aller Mun<strong>de</strong><br />
ist. Zum Beispiel steht rechtspolitisch jetzt ernsthaft die Frage im Raum, ob<br />
<strong>de</strong>r Gesetzgeber nicht Rechtsbehelfe zur Vermeidung überlanger Strafverfahren<br />
schaffen sollte. 60 Diese For<strong>de</strong>rung wird vor allem über das Recht auf<br />
Beschwer<strong>de</strong> gemäß Art. 13 EMRK erhoben, das – völlig zu Unrecht! – noch<br />
wenig beachtet wird.<br />
Für unsere Veranstaltung interessanter sind Vermeidungsstrategien, mit<br />
<strong>de</strong>nen die <strong>de</strong>utsche Rechtsprechung die Notwendigkeit zu einer Rechtsfolgenkompensation<br />
verneint. Grundsätzlich erkennt <strong>de</strong>r BGH zwar bekanntlich<br />
an, dass Verletzungen <strong>de</strong>s Rechts auf Verfahrensbeschleunigung zu<br />
kompensieren sind, was heute über die Vollstreckungslösung geschehen<br />
soll. Die Reichweite <strong>de</strong>ssen sucht er aber einzudämmen. Lange Zeit fand<br />
man insbeson<strong>de</strong>re Entscheidungen, in <strong>de</strong>nen schon die Verletzung <strong>de</strong>s Art.<br />
6 I 1 EMRK geleugnet wur<strong>de</strong>, auch wenn in einzelnen Verfahrensteilen ersichtlich<br />
unerklärliche und nicht ganz unerhebliche Verzögerungen festzustellen<br />
waren. Der BGH verwies pauschal darauf, dass die Verfahrensdauer<br />
insgesamt noch angemessen erscheine. Das meint offenbar, dass eine im<br />
Vergleich mit Verfahren ähnlicher Art noch vertretbare Verfahrensdauer<br />
59<br />
BGH JZ 2008, 416 m. Anm. Gae<strong>de</strong>; abl. etwa Ignor/Bertheau NJW 2008, 2209;<br />
Ziegert StraFo 2008, 321; fragwürdig wird sie aber als rechtspolitischer Gewinn<br />
<strong>für</strong> die anzustreben<strong>de</strong> Generalprävention von Kraatz JR 2008, 189 ff. begrüßt.<br />
60<br />
Zur Diskussion vgl. Meyer-La<strong>de</strong>wig (Fn. 4), Art. 13 Rn. 20b ff.; EGMR, Sürmeli v.<br />
D, EuGRZ 2007, 255, 256; Kraatz JR 2008, 219, 192 (Entschädigung in Geld),<br />
194 f. (Untätigkeitsbeschwer<strong>de</strong>).