HRRS-Festgabe für Gerhard Fezer zum 70 ... - hrr-strafrecht.de
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Ungehobene Schätze in <strong>de</strong>r Rechtsprechung <strong>de</strong>s EGMR <strong>für</strong> die Verteidigung? 33<br />
Bei alle<strong>de</strong>m ist einem Missverständnis vorzubeugen: Wenn ich Ihnen eine<br />
möglichst flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong> Prüfung <strong>de</strong>r EMRK ans Herz lege, meine ich<br />
damit nicht, Sie sollten je<strong>de</strong>n Ihrer Fälle <strong>zum</strong> EGMR tragen. Gemeint ist<br />
vor allem, dass sie nicht mü<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n dürfen, das »Argument EMRK«<br />
schon im <strong>de</strong>utschen Strafprozess einzubringen, in <strong>de</strong>m die EMRK vermittelt<br />
über das <strong>de</strong>utsche Umsetzungsgesetz als Bun<strong>de</strong>srecht völkerrechtskonform<br />
anzuwen<strong>de</strong>n ist. In <strong>de</strong>r Regel wird es hier auch ein Miteinan<strong>de</strong>r mit verfassungsrechtlichen<br />
Argumentationen geben können, da es oft parallele Ansätze<br />
<strong>de</strong>s BVerfG geben wird, die Sie zu Recht verbin<strong>de</strong>n können. Da Sie<br />
beson<strong>de</strong>rs vor <strong>de</strong>n Instanzgerichten einen schweren Stand haben, wer<strong>de</strong>n<br />
Sie auch die Revision ausreizen müssen und können. Um mit einer problematischen<br />
aber vertrauten Figur <strong>de</strong>s BGH zu sprechen: Ein präzise dargelegter<br />
Konventionshintergrund dürfte <strong>de</strong>n BGH je<strong>de</strong>nfalls zu einer »beson<strong>de</strong>rs<br />
vorsichtigen Würdigung« <strong>de</strong>r Verfahrensrüge bewegen.<br />
Beson<strong>de</strong>rs wichtig erscheint mir abschließend ein Hinweis <strong>zum</strong> Umgang<br />
mit <strong>de</strong>r Verfassungsbeschwer<strong>de</strong>: Auch wenn Sie sich hier weiterhin auf<br />
Grundrechte o<strong>de</strong>r grundrechtsgleiche Rechte <strong>de</strong>s Grundgesetzes stützen<br />
müssen, 39 sollten Sie nicht die Chance vergeben, die in <strong>de</strong>r Darlegung möglicher<br />
Konventionsmaßstäbe liegt. 40 Einer Verfassungsbeschwer<strong>de</strong>, die mit<br />
einem ernsthaften Konventionshintergrund argumentiert, sollte – bei allem<br />
Selbstbewusstsein <strong>de</strong>s BVerfG – eine beson<strong>de</strong>re Aufmerksamkeit schon in<br />
Karlsruhe gewiss sein. Das Gericht selbst hat ange<strong>de</strong>utet, dass es seine<br />
Kontrolldichte verstärken dürfte, wenn es die Chance hat, völkerrechtliche<br />
39<br />
Dazu im Ansatz unverän<strong>de</strong>rt BVerfG NJW 2004, 3407, 3408, 3411, allerdings<br />
mit <strong>de</strong>m Zusatz, dass die mangeln<strong>de</strong> Würdigung einer Entscheidung <strong>de</strong>s EGMR<br />
gegen Deutschland das Rechtsstaatsgebot verletzen kann und insofern rügefähig<br />
ist, siehe etwa Meyer-La<strong>de</strong>wig (Fn. 4), Art. 46 Rn. 32.<br />
40<br />
Zur dies begrün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Be<strong>de</strong>utung <strong>für</strong> die Auslegung <strong>de</strong>s Grundgesetzes vgl.<br />
etwa BVerfGE 74, 358, 3<strong>70</strong> und BVerfG NJW 2004, 3407, 3408, 3411.