HRRS-Festgabe für Gerhard Fezer zum 70 ... - hrr-strafrecht.de
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14 Daniela Demko unentgeltlichen Verteidigers für einen mittelosen Angeklagten von der Deliktsart/-schwere und der Strafart/-höhe von entscheidender und letztlich maßgebender Bedeutung, dass auch der Anspruch des Angeklagten auf ein faires Strafverfahrens nach Art. 6 I EMRK – in den der Anspruch auf einen unentgeltlichen Verteidigerbeistand als spezielles Verteidigungsrecht eingebettet ist – für jedes Strafverfahren Geltung beansprucht. Auch im Schrifttum wird unter Anführung verschiedener Gründe das Bestehen einer Vermutung für die Erforderlichkeit des unentgeltlichen Verteidigerbeistandes geltend gemacht 32 und es bleibt mithin zu wünschen, dass dies ebenso in der zukünftige Rechtsprechung des EGMR in noch klarerer und ausdrücklicher Weise herausgestellt wird. bb. Die faktische oder rechtliche Komplexität des Falles Ein weiteres Beurteilungskriterium für das Vorliegen der »interests of justice« ist die Komplexität des Falles, und zwar in tatsächlicher u./o. rechtlicher Hinsicht. Auch dieses Beurteilungskriterium wird von EGMR aus einer den Schutz des Angeklagten in den Mittelpunkt seiner Prüfung rückenden Sichtweise heraus beurteilt. In Quaranta v. SWI stellte der Fall zwar hinsichtlich der Feststellung des Sachverhaltes keine besonderen Schwierigkeiten, zumal der Beschwerdeführer diesen bei seiner einzigen Vernehmung durch den Untersuchungsrichter zugestanden hatte. 33 Jedoch wies der Fall in rechtlicher Hinsicht eine besondere Komplexität auf, da die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Straftaten während seiner Bewährungszeit begangen wurden und das Gericht daher nicht nur über die Verhängung einer neuen Freiheitsstrafe, 32 Siehe dazu schon die Hinweise auf das Schrifttum in Fn. 20 und insbesondere Gaede, Fn. 4, S. 565 f.: »Die Verfahrensgerechtigkeit des Art. 6 EMRK gilt für jedes Delikt gleichermaßen, ohne dass eine pauschale Absenkung bei leichteren Delikten erfolgen könnte.«, siehe zudem S. 566 ff. 33 Quaranta v. SWI, Serie A Nr. 205, § 34.
Das Recht des Angeklagten auf unentgeltlichen Beistand eines Verteidigers 15 sondern zudem über die Möglichkeit des Widerrufs der aufgeschobenen Freiheitsstrafe zu entscheiden hatte. 34 Nicht nur – worauf der EGMR wiederholt hinwies, die Person des Angeklagten dabei in den Mittelpunkt seiner Überlegungen rückend –, dass schon dem Verfahrensausgang an sich für den Beschwerdeführer eine große Bedeutung zukam, 35 wäre ein unentgeltlicher Verteidigerbeistand aus Sicht des EGMR auch insbesondere in Hinblick darauf geboten gewesen, dass dem Strafgericht eine Vielzahl an, die Gesetzesverletzung ahndenden Maßnahmen zur Verfügung gestanden habe und die Teilnahme eines Verteidigers daher die besten Bedingungen für die Verteidigung des Beschwerdeführers geschaffen hätte. 36 Dass der EGMR das Beurteilungskriterium der faktischen oder rechtlichen Komplexität des Falles ebenso wie die anderen, von ihm entwickelten Kriterien mit Blick auf die Person des Angeklagten überprüft, machte er – über die insofern noch etwas kurz gehaltenen Ausführungen in Quaranta v. SWI hinausgehend 37 – in seiner fortlaufenden Rechtsprechung mit zunehmender Klarheit deutlich, indem er darauf abstellte ob der Angeklagte in Anbetracht der faktisch oder rechtlich komplexen Fragestellungen ohne den Beistand und die Hilfe eines Verteidigers überhaupt in der Lage ist, sich mit sachgemäßen Argumenten zu diesen faktischen oder rechtlichen Schwierigkeiten des Falles (» … the need to develop appropriate arguments on complicated legal issues or the complexity of the cassation procedure … 38 ) 34 Quaranta v. SWI, Serie A Nr. 205, § 34. 35 Quaranta v. SWI, Serie A Nr. 205, § 33: « … In the present case, free legal assistance should have been afforded by reason of the mere fact that so much was at stake” und § 34: «However, the outcome of the trial was of considerable importance for the applicant …”. 36 Quaranta v. SWI, Serie A Nr. 205, § 34. 37 Vgl. auch der kritische Hinweis von Gaede, Fn. 4, S. 266 Fn. 358. 38 R.D. v. PL, 18.12.2001, § 48.
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Das Recht <strong>de</strong>s Angeklagten auf unentgeltlichen Beistand eines Verteidigers 15<br />
son<strong>de</strong>rn zu<strong>de</strong>m über die Möglichkeit <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rrufs <strong>de</strong>r aufgeschobenen<br />
Freiheitsstrafe zu entschei<strong>de</strong>n hatte. 34 Nicht nur – worauf <strong>de</strong>r EGMR wie<strong>de</strong>rholt<br />
hinwies, die Person <strong>de</strong>s Angeklagten dabei in <strong>de</strong>n Mittelpunkt seiner<br />
Überlegungen rückend –, dass schon <strong>de</strong>m Verfahrensausgang an sich<br />
<strong>für</strong> <strong>de</strong>n Beschwer<strong>de</strong>führer eine große Be<strong>de</strong>utung zukam, 35 wäre ein unentgeltlicher<br />
Verteidigerbeistand aus Sicht <strong>de</strong>s EGMR auch insbeson<strong>de</strong>re in<br />
Hinblick darauf geboten gewesen, dass <strong>de</strong>m Strafgericht eine Vielzahl an,<br />
die Gesetzesverletzung ahn<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Maßnahmen zur Verfügung gestan<strong>de</strong>n<br />
habe und die Teilnahme eines Verteidigers daher die besten Bedingungen<br />
<strong>für</strong> die Verteidigung <strong>de</strong>s Beschwer<strong>de</strong>führers geschaffen hätte. 36<br />
Dass <strong>de</strong>r EGMR das Beurteilungskriterium <strong>de</strong>r faktischen o<strong>de</strong>r rechtlichen<br />
Komplexität <strong>de</strong>s Falles ebenso wie die an<strong>de</strong>ren, von ihm entwickelten Kriterien<br />
mit Blick auf die Person <strong>de</strong>s Angeklagten überprüft, machte er – über<br />
die insofern noch etwas kurz gehaltenen Ausführungen in Quaranta v. SWI<br />
hinausgehend 37 – in seiner fortlaufen<strong>de</strong>n Rechtsprechung mit zunehmen<strong>de</strong>r<br />
Klarheit <strong>de</strong>utlich, in<strong>de</strong>m er darauf abstellte ob <strong>de</strong>r Angeklagte in Anbetracht<br />
<strong>de</strong>r faktisch o<strong>de</strong>r rechtlich komplexen Fragestellungen ohne <strong>de</strong>n Beistand<br />
und die Hilfe eines Verteidigers überhaupt in <strong>de</strong>r Lage ist, sich mit<br />
sachgemäßen Argumenten zu diesen faktischen o<strong>de</strong>r rechtlichen Schwierigkeiten<br />
<strong>de</strong>s Falles (» … the need to <strong>de</strong>velop appropriate arguments on<br />
complicated legal issues or the complexity of the cassation procedure … 38 )<br />
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Quaranta v. SWI, Serie A Nr. 205, § 34.<br />
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Quaranta v. SWI, Serie A Nr. 205, § 33: « … In the present case, free legal assistance<br />
should have been affor<strong>de</strong>d by reason of the mere fact that so much was at<br />
stake” und § 34: «However, the outcome of the trial was of consi<strong>de</strong>rable importance<br />
for the applicant …”.<br />
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Quaranta v. SWI, Serie A Nr. 205, § 34.<br />
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Vgl. auch <strong>de</strong>r kritische Hinweis von Gae<strong>de</strong>, Fn. 4, S. 266 Fn. 358.<br />
38<br />
R.D. v. PL, 18.12.2001, § 48.