HRRS-Festgabe für Gerhard Fezer zum 70 ... - hrr-strafrecht.de

Die Fortsetzungsfeststellungsklage im Strafprozessrecht 221
nachträglicher Feststellung der Rechtswidrigkeit und Hauptverfahren konzentriert.
Die Strafverteidiger müssen deshalb verstehen lernen, was es abgesehen
von der Komplexitätsreduktion der Entscheidungssituation 322
durch eine Entflechtung des Interessenagglomerats zu gewinnen gibt, ohne
die bisherigen praktischen wie taktischen Erwägungen zu vernachlässigen.
Phantasie und Mut sind gefragt.
Unter anderem ließe sich die Fortsetzungsfeststellungsklage nutzen, um
den Mandanten besser vor den negativen Effekten der Öffentlichkeitsarbeit
der Strafverfolgungsbehörden und einer (gezielten) Exponierung als Beschuldigter
entgegen der Unschuldsvermutung abzuschirmen. 323 Neben der
Abwehr von schwer reparablen Schädigungen des Persönlichkeitsrechts hätten
Verteidiger die Chance, schon im frühen Verfahrensstadium infizierte
Beweisgegenstände zu eliminieren 324 und auch das Problem der Kumulation
von Zwangsmaßnahmen frühzeitig aufzugreifen, indem das Augenmerk der
Gerichte auf das Gesamtgewicht eines Konzerts von Zwangsmaßnahmen
und die Gefahr einer Totalausforschung gelenkt wird, um es auf ein Maß zu
reduzieren, dass mit dem Übermaßverbot und der Menschenwürdegarantie
der Freiheitsrechte vereinbar ist. Die Referate und Diskussion der strafrechtlichen
Abteilung auf dem Deutschen Juristentag in Erfurt haben jüngst
322
Die schwierigen Fragen der Verwertbarkeit blieben auf das Hauptverfahren konzentriert,
während der Betroffene im selbstständigen Feststellungsverfahren
uneingeschränkte Genugtuung erfahren kann, ohne Gefahr zu laufen, auf Richter
und Staatsanwälte zu stoßen, die dort vorrangig von der Motivation beeinflusst
sein könnten, durch Nutzung ihrer Bewertungsspielräume zu vermeiden,
dass der Beschuldigte in den Genuss eines unverdienten »Zufallsgewinns« in
Gestalt eines Beweisverwertungsverbots kommt.
323
Vgl. allgemein zu den strafrechtlichen und strafprozessualen Problemen der
Vorverurteilung Roxin NStZ 1991, 153 ff.
324
Ein derartiges Feststellungsinteresse der »Verwertungsgefahr« griffe aber nur im
Ermittlungsverfahren, nicht in der Hauptverhandlung, Bachmann, Probleme des
Rechtsschutzes gegen Grundrechtseingriffe im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren
(1994), S. 282 ff.; Fezer, FS Rieß (2002), S. 93, 106.