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184 Frank Meyer kannt. 206 Eine direkte Übertragung dieses Gedankens auf das Strafverfahrensrecht, wie sie womöglich auch denjenigen Gerichten vorschwebte, die aus der versäumten Nutzung von Rechtsbehelfen vor Erledigung auf die Unzulässigkeit des Rechtsbehelfs geschlossen haben, ist danach nicht möglich. Gibt es aber keine denkbaren analogen Konstellationen, muss von einer solchen Interpretation des Kriteriums der Typizität abgesehen werden. Der Gedanke, dass der Betroffene jeweils Rechtsschutz vor Erledigung hätte erlangen können, der in einer Reihe von Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm und Frankfurt anklingt, deutet lediglich auf die Subsidiarität nachträglichen Rechtsschutzes hin. Ob er den Kern der Typizität im Kontext des Feststellungsinteresses ausmacht, begegnet indessen erheblichen Zweifeln. Es erscheint kaum vertretbar, dass der Betroffene sein Rechtsschutzbedürfnis mit Erledigung einbüßen soll, obgleich die verfügbaren Rechtsbehelfe keine zeitliche Begrenzung kennen und die anderen anerkannten Fallgruppen nicht davon abhängen, dass verfügbare Rechtsmittel unverzüglich genutzt werden. Dies widerspräche wie gesehen auch der Intention des BVerfG. Typizität würde auf ein reines Restriktionskriterium reduziert und liefe damit der legitimierenden, Rechtsschutz eröffnenden Stoßrichtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zuwider. Sachgerechter ist es, das Sachproblem der verzögerten Rechtswahrnehmung in der Verwirkung zu diskutieren. Der Aspekt der Subsidiarität käme dann im Rahmen des Umstandsmoments zum tragen. 2. Typizität als eigenständige Fallgruppe Auf der Zulässigkeitsstufe des Feststellungsinteresses spricht hingegen vieles dafür, der eigentümlichen selbstständigen Eingriffsqualität einer sich typischerweise kurzfristig erledigenden Zwangsmaßnahme, die von der Wertigkeit des betroffenen Grundrechts unabhängig ist, stärker Rechnung 206 Vgl. KK-Engelhardt, Fn. 158, § 311 Rn. 1.

Die Fortsetzungsfeststellungsklage im Strafprozessrecht 185 zu tragen. Typizität könnte ein berechtigtes Feststellungsinteresse eigenständiger Natur neben den bekannten Fallgruppen begründen, 207 das dann zwingend vom tief greifenden Grundrechtseingriff zu trennen wäre. Ein Blick in das öffentlich-rechtliche Schrifttum erhellt dessen Relevanz. 208 Dort wird vertreten, dass die typischerweise kurzfristige Erledigung der Ergänzung der bekannten Fallgruppen dient. 209 Ihre Besonderheit liegt unabhängig von der Qualität des betroffenen Grundrechts darin, dass es in den erfassten Konstellationen nie zu einer Hauptsacheentscheidung käme. Gerichtlicher Rechtsschutz und das materielle Grundrecht, um dessen Schutz 207 In diese Richtung ohne Unterscheidung nach Polizeirecht und Strafprozessrecht schon Rabe von Kühlewein, Der Richtervorbehalt im Polizei- und Strafprozessrecht (2001), S. 397 ff., insb. S. 399. 208 Zugegebenermaßen ist auch hier vieles ist im Fluss. Neben den klassischen Fallgruppen Wiederholungsgefahr (Redeker/v. Oertzen, 14. Aufl., (2004), § 113 Rn. 33; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, 9. Aufl., 2004, Rn 580; Eyermann- Schmidt, Verwaltungsgerichtsordnung, 12. Aufl. (2006), § 113 Rn. 86 a.), Rehabilitationsinteresse (BVerwGE 26, 161, 168; Redeker/v. Oertzen, 14. Aufl. (2004), § 113 Rn. 33a; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, 9. Aufl. (2004), Rn 582; Eyermann-Schmidt, Verwaltungsgerichtsordnung, 12. Aufl. (2006), § 113 Rn. 92) und Amtshaftung, wenn das Verwaltungsgerichtsverfahren schon anhängig ist (Redeker/v. Oertzen, 14. Aufl. (2004), § 113 Rn. 32 a; präjudizielle Bedeutung begründet kein berechtigtes Interesse, wenn verwaltungsgerichtliches Verfahren noch nicht anhängig ist, Schenke, Verwaltungsprozessrecht, 9. Aufl. (2004), Rn 578), wurden auch Eingriffe in den Schutzbereich eines Grundrechts als Fallgruppe gehandelt (BVerwGE 61, 164 ff.; Rozek JuS 1995, 598, 599). Grundrechtsbetroffenheit führt aber nicht automatisch zur Begründung eines Feststellungsinteresses. Erforderlich ist vielmehr ein tief greifender Grundrechtseingriff (BVerfGE 96, 27, 40) bzw. eine schwerwiegende Grundrechtsverletzung (BVerfG NVwZ 99, 991). Nicht unstrittig ist, ob sich typischerweise kurzfristig erledigende Eingriffe daneben per se eine eigenständige Kategorie sind oder sie nur gemeinsam mit dem schweren Grundrechtseingriff ein Feststellungsinteresse begründen (so z. B. OVG Hamburg NVwZ 2004, 117 f.; dagegen Schenke, Verwaltungsprozessrecht, 9. Aufl. (2004), Rn 583). 209 Schenke, Verwaltungsprozessrecht, 9. Aufl. (2004), Rn 583 – sich typischerweise kurzfristig erledigende Verwaltungsakte seien nach strittiger aber herrschender Auffassung eigenständige Fallgruppe.

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Frank Meyer<br />

kannt. 206 Eine direkte Übertragung dieses Gedankens auf das Strafverfahrensrecht,<br />

wie sie womöglich auch <strong>de</strong>njenigen Gerichten vorschwebte, die<br />

aus <strong>de</strong>r versäumten Nutzung von Rechtsbehelfen vor Erledigung auf die<br />

Unzulässigkeit <strong>de</strong>s Rechtsbehelfs geschlossen haben, ist danach nicht möglich.<br />

Gibt es aber keine <strong>de</strong>nkbaren analogen Konstellationen, muss von einer<br />

solchen Interpretation <strong>de</strong>s Kriteriums <strong>de</strong>r Typizität abgesehen wer<strong>de</strong>n.<br />

Der Gedanke, dass <strong>de</strong>r Betroffene jeweils Rechtsschutz vor Erledigung hätte<br />

erlangen können, <strong>de</strong>r in einer Reihe von Entscheidungen <strong>de</strong>r Oberlan<strong>de</strong>sgerichte<br />

Hamm und Frankfurt anklingt, <strong>de</strong>utet lediglich auf die Subsidiarität<br />

nachträglichen Rechtsschutzes hin. Ob er <strong>de</strong>n Kern <strong>de</strong>r Typizität im Kontext<br />

<strong>de</strong>s Feststellungsinteresses ausmacht, begegnet in<strong>de</strong>ssen erheblichen Zweifeln.<br />

Es erscheint kaum vertretbar, dass <strong>de</strong>r Betroffene sein Rechtsschutzbedürfnis<br />

mit Erledigung einbüßen soll, obgleich die verfügbaren Rechtsbehelfe<br />

keine zeitliche Begrenzung kennen und die an<strong>de</strong>ren anerkannten<br />

Fallgruppen nicht davon abhängen, dass verfügbare Rechtsmittel unverzüglich<br />

genutzt wer<strong>de</strong>n. Dies wi<strong>de</strong>rspräche wie gesehen auch <strong>de</strong>r Intention <strong>de</strong>s<br />

BVerfG. Typizität wür<strong>de</strong> auf ein reines Restriktionskriterium reduziert und<br />

liefe damit <strong>de</strong>r legitimieren<strong>de</strong>n, Rechtsschutz eröffnen<strong>de</strong>n Stoßrichtung <strong>de</strong>r<br />

höchstrichterlichen Rechtsprechung zuwi<strong>de</strong>r. Sachgerechter ist es, das<br />

Sachproblem <strong>de</strong>r verzögerten Rechtswahrnehmung in <strong>de</strong>r Verwirkung zu<br />

diskutieren. Der Aspekt <strong>de</strong>r Subsidiarität käme dann im Rahmen <strong>de</strong>s Umstandsmoments<br />

<strong>zum</strong> tragen.<br />

2. Typizität als eigenständige Fallgruppe<br />

Auf <strong>de</strong>r Zulässigkeitsstufe <strong>de</strong>s Feststellungsinteresses spricht hingegen vieles<br />

da<strong>für</strong>, <strong>de</strong>r eigentümlichen selbstständigen Eingriffsqualität einer sich<br />

typischerweise kurzfristig erledigen<strong>de</strong>n Zwangsmaßnahme, die von <strong>de</strong>r<br />

Wertigkeit <strong>de</strong>s betroffenen Grundrechts unabhängig ist, stärker Rechnung<br />

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Vgl. KK-Engelhardt, Fn. 158, § 311 Rn. 1.

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