HRRS-Festgabe für Gerhard Fezer zum 70 ... - hrr-strafrecht.de
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Tatbestandsbildung als Fein<strong>de</strong>rklärung? 117<br />
auf <strong>de</strong>n ersten Blick erstaunen. Hier ist es wichtig, Folgen<strong>de</strong>s klarzustellen:<br />
Eine kriminelle bzw. eine terroristische Vereinigung liegt nach <strong>de</strong>r konkreten<br />
Normvorstellung <strong>de</strong>s Gesetzgebers nicht erst dann vor, wenn die Mitglie<strong>de</strong>r<br />
die Ausführung einer bestimmten Straftat beschlossen haben und<br />
sie schon damit beginnen, diese vorzubereiten. § 129 StGB setzt nach Auffassung<br />
<strong>de</strong>s Gesetzgebers viel früher an. Es reicht aus, wenn sich Menschen<br />
überhaupt erst einmal zusammenschließen, um sich später auf noch zu<br />
konkretisieren<strong>de</strong> Straftaten zu einigen. 36<br />
Der Strafgrund <strong>de</strong>r Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung lässt<br />
sich daher allenfalls aus <strong>de</strong>r Eigendynamik <strong>de</strong>r Gruppe heraus begrün<strong>de</strong>n,<br />
die zur Vorbereitung und zur Begehung von Straftaten hindrängt. 37 Nun ist<br />
gewiss nicht zu leugnen, dass Gruppendiskussionen auf die individuelle<br />
Willensbildung Einfluss nehmen und so <strong>de</strong>n späteren Tatentschluss <strong>de</strong>s einen<br />
o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren mitbestimmen. Eine Vorverlagerung <strong>de</strong>r Strafbarkeit ist<br />
freilich erst dann gerechtfertigt, wenn die enthemmen<strong>de</strong>n Wirkungen eines<br />
Vorverhaltens ein Ausmaß annehmen, das die Fähigkeit zu einer freien Entscheidung<br />
im Zeitpunkt <strong>de</strong>r Tat <strong>zum</strong>in<strong>de</strong>st erheblich vermin<strong>de</strong>rt. Das lehrt<br />
schon ein Blick in § 323a StGB. Diese Vorschrift stellt bekanntlich <strong>de</strong>n Vollrausch<br />
unter Strafe, wenn es infolge<strong>de</strong>ssen zu einer rechtswidrigen Tat<br />
kommt. Der Gesetzgeber sieht <strong>de</strong>n Strafgrund hier darin, dass <strong>de</strong>r Täter<br />
sich <strong>de</strong>rart enthemmt, dass er zu Rechtsbrüchen neigt und diesem Geneigtsein<br />
hierzu nicht mehr durch Reflexion auf das Recht Einhalt gebieten<br />
kann. 38 Nun mögen Gruppendiskussionen die Mitglie<strong>de</strong>r dazu verführen,<br />
sich das Unrecht <strong>de</strong>r in Aussicht genommen Taten zu verdunkeln. Doch<br />
36<br />
So je<strong>de</strong>nfalls bisher die Rspr.: BGH NJW 1954, 1254; 2006, 1603; vgl. w. die<br />
Rspr. in Fn. 28.<br />
37<br />
SK-StGB/Rudolphi/Stein (Fn. 30), § 129 Rn. 3; vgl. F.-C. Schroe<strong>de</strong>r, Die Straftaten<br />
gegen das Strafrecht. Vortrag, gehalten vor <strong>de</strong>r Juristischen Gesellschaft zu Berlin<br />
am 28. November 1984, Berlin 1985, S. 22, 28.<br />
38<br />
BGHSt 16, 124; zust. Lackner/Kühl (Fn. 32), § 323a Rn. 1 m. w. N.