HRRS-Festgabe für Gerhard Fezer zum 70 ... - hrr-strafrecht.de
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116<br />
Diethelm Klesczewski<br />
Doch diese Versuche können alle als gescheitert gelten. Hinter <strong>de</strong>n angegebenen<br />
Schutzzwecken »öffentliche Frie<strong>de</strong>« bzw. die »öffentliche Sicherheit«<br />
32 steht <strong>de</strong>r Inbegriff <strong>de</strong>r Rechtsgüter <strong>de</strong>s Individuums bzw. <strong>de</strong>r Allgemeinheit.<br />
Schutzzwecke wie »Sicherheitsgefühl« o<strong>de</strong>r »Vertrauen in die Geltung<br />
von Normen« fin<strong>de</strong>n ihren Rückhalt entwe<strong>de</strong>r im Bestandsschutz<br />
konkret benennbarer Rechtsgüter, o<strong>de</strong>r aber sie postulieren die Einhaltung<br />
von Normen als Selbstzweck und haben dann in einem vom Rechtsgüterschutz<br />
ausgehen<strong>de</strong>n Kriminal<strong>strafrecht</strong> keinen Platz. 33<br />
Wie dargestellt, pönalisiert das Bürger<strong>strafrecht</strong> nur Angriffe auf frem<strong>de</strong><br />
Rechtsfähigkeit. Seinen Kern bil<strong>de</strong>n daher die Strafdrohungen <strong>für</strong> Verletzungs<strong>de</strong>likte.<br />
Zwar steht <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Bürger<strong>strafrecht</strong> zugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong><br />
Verbrechensbegriff und das aus ihm folgen<strong>de</strong> Tatprinzip einer Vorverlagerung<br />
<strong>de</strong>r Strafbarkeit in die Vorbereitungsphase nicht schlechthin entgegen.<br />
Doch muss ein so gefasster Tatbestand dann je<strong>de</strong>nfalls eine abstrakte Gefährdung<br />
umschreiben. Daran fehlt es aber, recht besehen, bei § 129 StGB<br />
ebenso wie bei <strong>de</strong>n darauf aufbauen<strong>de</strong>n §§ 129a, 129b StGB.<br />
Begriff und Legitimation abstrakter Gefährdungs<strong>de</strong>likte sind zwar noch<br />
nicht hinreichend geklärt. 34 Doch lässt sich m. E. soviel festhalten: 35 Das<br />
Strafrecht fin<strong>de</strong>t unter <strong>de</strong>m Grundgesetz seine Legitimation im Rechtsgüterschutz.<br />
Es darf daher nur Verhaltensweisen pönalisieren, von <strong>de</strong>nen im<br />
Einzelfall je<strong>de</strong>nfalls feststeht, dass sie Kräfte entfalten, <strong>de</strong>ren Aus<strong>de</strong>hnung<br />
man nicht beherrscht und die daher geeignet sind, Rechtsgüter zu verletzen.<br />
Der bloßen Betätigung als Mitglied in einer kriminellen bzw. einer terroristischen<br />
Vereinigung haftet diese Eigenschaft freilich nicht an. Das mag<br />
32<br />
BGHSt. 41, 47, 51; zust. K. Lackner/ K. Kühl, Strafrecht mit Erläuterungen, 26.<br />
Aufl., München 2007, § 129 Rn. 1 m. w. N.<br />
33<br />
Überzeugend: R. Langer-Stein, Legitimation (Fn. 31), S. 28 ff.<br />
34<br />
Überblick über die Diskussion bei C. Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, Bd. I, 4.<br />
Aufl., München 2006, § 11 Rn. 154 ff.<br />
35<br />
Zum Folgen<strong>de</strong>n: Klesczewski, AT (Fn. 16), Rn. 130 ff.