HRRS-Festgabe für Gerhard Fezer zum 70 ... - hrr-strafrecht.de
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112<br />
Diethelm Klesczewski<br />
gleicher Weise frei zu sein. 11 Schon Locke hat gezeigt, dass sich damit ein<br />
Eigeninteresse an <strong>de</strong>m Vorhan<strong>de</strong>nsein gewisser staatlicher Einrichtungen,<br />
namentlich <strong>de</strong>r Rechtspflege und <strong>de</strong>r Polizei, verbin<strong>de</strong>t. 12 Hierdurch erhalten<br />
die, bereits durch alltägliche, habitualisierte Anerkennung in ihrem Bestand<br />
gefestigten, subjektiven Rechte <strong>de</strong>r Einzelnen ihre institutionelle Absicherung.<br />
13<br />
Gegenüber diesem, gesellschaftlich anerkannten und gesetzlich abgesicherten,<br />
freien Dasein <strong>de</strong>r Person stellt nun die Straftat eine spezifische Unrechtsform<br />
von eigener Schwere dar. Ihr Wesen lässt sich ein Stück weit aus<br />
<strong>de</strong>n Voraussetzungen herauslesen, die das BVerfG an die Verhängung von<br />
Strafe knüpft: Nach ihm darf mit Strafe nur dasjenige Verhalten geahn<strong>de</strong>t<br />
wer<strong>de</strong>n, mit <strong>de</strong>m sich <strong>de</strong>r Täter schlechthin gegen die Rechtsordnung aufgelehnt<br />
hat. 14 Strafe setzt damit verschie<strong>de</strong>nartige Verletzbarkeiten unserer<br />
Rechtsordnung voraus. Sie schützt nicht <strong>de</strong>ren dispositiven Bestandteile,<br />
son<strong>de</strong>rn ihre durch und durch konstitutiven Elemente.<br />
Höchstwert unserer Verfassung und damit konstitutiv <strong>für</strong> unsere Rechtsordnung<br />
ist die Menschenwür<strong>de</strong>, Art. 1 Abs. 1 GG. Je<strong>de</strong>r Mensch ist danach<br />
Zweck an sich selbst und darf niemals <strong>zum</strong> bloßen Objekt gemacht wer<strong>de</strong>n.<br />
15 Wer aber einen an<strong>de</strong>ren willentlich angreift, wie es <strong>für</strong> Kriminalität<br />
typisch ist, <strong>de</strong>r zieht frem<strong>de</strong> Rechtsgüter nicht zufällig in Mitlei<strong>de</strong>nschaft.<br />
Die willentliche Verletzung frem<strong>de</strong>r Rechtsgüter zwingt <strong>de</strong>ren Inhaber<br />
vielmehr einen frem<strong>de</strong>n Willen auf und <strong>de</strong>gradiert ihn so <strong>zum</strong> bloßen Ob-<br />
11<br />
So G. W. F. Hegel, Grundlinien <strong>de</strong>r Philosophie <strong>de</strong>s Rechts, 1820, § 209, Bd. 7, S.<br />
360 f. Die Werke Hegels wer<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>r Werkausgabe Mol<strong>de</strong>nhauer/Mickel,<br />
19<strong>70</strong>, jeweils nach Band, Paragraph und Seite zitiert.<br />
12<br />
J. Locke, Two Treatises of Government, 1689, zitiert nach <strong>de</strong>r Edition P. Laslett,<br />
Cambridge 1988, Second Treatise, §§ 77 ff., 95 ff., 134 ff., 143 ff.<br />
13<br />
Hegel, Rechtsphilosophie (Fn. 11), §§ 217, 222, Bd. 7, S. 3<strong>70</strong>, 375.<br />
14<br />
BVerfGE 22, 49, 80; 27, 18, 29, 33. Eingehend <strong>zum</strong> Begriff <strong>de</strong>r Strafe M. Köhler,<br />
Strafrecht allgemeiner Teil, Berlin [u. a.] 1997, S. 37 f.<br />
15<br />
BVerfGE 45, 187, 227 f.