HRRS-Festgabe für Gerhard Fezer zum 70 ... - hrr-strafrecht.de
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Schuldgrundsatz und Strafklageverbrauch 107<br />
<strong>de</strong>r (erneuten) Zustellung <strong>de</strong>s Einberufungsbescheids einerseits, <strong>de</strong>r (wie<strong>de</strong>rholten)<br />
Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft an<strong>de</strong>rerseits. 50<br />
Die rechtspraktischen Konsequenzen sind offenkundig. Eine Strafbarkeit<br />
wegen eines »Folge-Unterlassens«, gem. § 235 Abs. 2 Nr. 2 StGB, lässt sich<br />
we<strong>de</strong>r in materiell-rechtlicher noch in prozessualer Hinsicht begrün<strong>de</strong>n.<br />
Die angegriffene Verurteilung kann, darin ist <strong>de</strong>m BVerfG uneingeschränkt<br />
zuzustimmen, vor <strong>de</strong>r Verfassung keinen Bestand haben. Deutlich wer<strong>de</strong>n<br />
so zugleich die Grenzen <strong>strafrecht</strong>licher Konfliktlösung. Ein konsequent<br />
angewandtes Tatschuld<strong>strafrecht</strong> ist notwendig auf einen (zeitlich) be-<br />
stimmten Geschehensausschnitt verwiesen, <strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>rum strikt auf das<br />
tatbestandlich geschützte Rechtsgut und das spezifische Täterverhalten bezogen<br />
ist; dass das die Rechtsanwendung vor <strong>zum</strong> Teil große Probleme<br />
stellt, steht außer Zweifel.<br />
VII. Rechtspraktische Konsequenzen<br />
51<br />
Vorliegend bleiben <strong>de</strong>shalb nur die zivilprozessualen Möglichkeiten, insbeson<strong>de</strong>re<br />
die <strong>de</strong>r Zwangsvollstreckung bei unvertretbaren Handlungen in<br />
Form von Zwangsgeld und Zwangshaft, gem. §§ 888, 913 ZPO. 52 Letzteres<br />
verweist zugleich auf die notwendige Selbstbeschränkung einer rechtsstaat-<br />
50<br />
Vgl. dazu auch die Argumentationsrichtung von BVerfGE 23, 191 ff (203-206):<br />
Es sei gera<strong>de</strong> die Gewissensentscheidung, die <strong>de</strong>r Entscheidung, Kriegs- und Ersatzdienst<br />
zu verweigern, die beson<strong>de</strong>re Festigkeit gebe, die es verbiete, ihn »in<br />
die Schablone <strong>de</strong>r Dauerstraftat zu pressen«.<br />
51<br />
Zur generellen und nach wie vor virulenten Problematik <strong>de</strong>r Aburteilung von<br />
Dauer- bzw. Organisations<strong>de</strong>likten siehe nochmals <strong>Fezer</strong> (Fn. 3), S. 125 ff.; Klesczewski<br />
(Fn. 27) und Schlüchter (Fn. 3), 1057 ff. sowie die Erläuterungen in Fn.<br />
27.<br />
52<br />
Vgl. dazu Putzo/Thomas-Hüßtege, ZPO, 29. Auflage, München (2008), §§ 888<br />
Rn. 1 ff. und 913 Rn. 1.