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HRRS-Festgabe für Gerhard Fezer zum 70 ... - hrr-strafrecht.de

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100<br />

Michael Kahlo / Benno Zabel<br />

<strong>de</strong>r Argumentation <strong>de</strong>s BVerfG stehen<strong>de</strong> Einwand – die angegriffenen Entscheidungen<br />

<strong>de</strong>r Fachgerichte hätten sich »nicht mit <strong>de</strong>r Frage auseinan<strong>de</strong>rgesetzt,<br />

ob <strong>de</strong>r Beschwer<strong>de</strong>führer durch das weitere Unterlassen … überhaupt<br />

erneut schuldhaft Unrecht verwirklicht hat« o<strong>de</strong>r ob seine Weigerung,<br />

die nach algerischem Recht gefor<strong>de</strong>rte Unterschrift zu leisten, eine<br />

»bloße Fortsetzung seines Nichthan<strong>de</strong>lns« war 31 – eine genaue Antwort auf<br />

die Frage voraus, worin das schuldhafte Unrecht strafbaren unechten Unterlassens<br />

liegt, wie also Unterlassen als Begehungsmodalität Unrecht<br />

schuldhaft verwirklicht.<br />

Für eine solche Annahme (scil.: auch Unterlassen sei Grund einer Verletzungswirklichkeit)<br />

schei<strong>de</strong>n zunächst alle Bestimmungen aus, nach <strong>de</strong>nen<br />

kriminelles Unterlassen in seinem Wesen nichts an<strong>de</strong>res sein soll als die<br />

Entgegensetzung (»Negation«) zur aktiven Tätigkeit, also bloße Nicht-<br />

Tätigkeit. 32 Denn als »non-a« ist Unterlassen als das Gegenteil von »a« (=<br />

chen (1998), Rn. 34; zu <strong>de</strong>n »typischen Sachverhaltsgestaltungen« ferner NK-<br />

Sonnen, StGB, Ba<strong>de</strong>n-Ba<strong>de</strong>n (2005), § 235 Rn. 21; siehe auch Lackner/Kühl, StGB,<br />

26. Auflage, München (2007), § 235 Rn. 5, wo freilich ausschließlich »die bisher<br />

straflosen Fälle« angesprochen wer<strong>de</strong>n, »in <strong>de</strong>nen sich <strong>de</strong>r Täter rechtmäßig mit<br />

<strong>de</strong>m Kind ins Ausland begeben hat«, nicht aber auch Sachverhalte wie <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>,<br />

in <strong>de</strong>nen das Kind ursprünglich durch Dritte ins Ausland verbracht<br />

wur<strong>de</strong>.<br />

31<br />

Vgl. dazu <strong>de</strong>n Beschluß <strong>de</strong>s BVerfG unter C. II. 2. b) aa); kursiv nicht im Original.<br />

32<br />

Dieses Verständnis ist zunächst von Radbruch vorgetragen wor<strong>de</strong>n; freilich von<br />

kausaler Grundlage und, wie schon <strong>de</strong>r Titel seiner berühmten Habilitationsschrift<br />

(»Der Handlungsbegriff in seiner Be<strong>de</strong>utung <strong>für</strong> das Strafrechtssystem«,<br />

Berlin (1904)) anzeigt, vor allem in systematischer Absicht; vgl. dazu Kahlo, Die<br />

Handlungsform <strong>de</strong>r Unterlassung als Kriminal<strong>de</strong>likt, Frankfurt a. M. (2001), S.<br />

22 ff. – Als Beleg da<strong>für</strong>, dass Radbruchs Bestimmung <strong>de</strong>s Unterlassungsbegriffs<br />

bis heute keineswegs überwun<strong>de</strong>n ist, mögen vor allem die aktuelle Lehre von<br />

<strong>de</strong>r Unterlassung als »negative Bedingung« (vgl. grundlegend dazu Engisch, Die<br />

Kausalität als Merkmal <strong>de</strong>r <strong>strafrecht</strong>lichen Tatbestän<strong>de</strong>, Tübingen (1931), S.<br />

21, 29ff.; <strong>de</strong>rs., in: Kohlrausch-FS, Berlin (1944), S. 141 ff., insbes. S. 162/163;<br />

ferner Puppe, Strafrecht AT Bd. 2, Ba<strong>de</strong>n-Ba<strong>de</strong>n (2005), § 46 Rn. 1 ff.; dies. ZStW<br />

92 (1980), S. 863 ff., S. 895 ff; Vogel, Norm und Pflicht bei <strong>de</strong>n unechten Unterlassungs<strong>de</strong>likten,<br />

Berlin (1993), S. 156 ff.) sowie, <strong>für</strong> die Vertreter <strong>de</strong>r finalen

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