HRRS-Festgabe für Gerhard Fezer zum 70 ... - hrr-strafrecht.de
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Schuldgrundsatz und Strafklageverbrauch 99<br />
einen <strong>de</strong>r normative Aspekt <strong>de</strong>r Unrechtsverwirklichung und <strong>de</strong>mentsprechend<br />
ihre Vollendung, <strong>zum</strong> an<strong>de</strong>ren aber auch die zeitliche-faktische Dimension<br />
<strong>de</strong>rselben angesprochen, so dass erst die Aufhebung <strong>de</strong>r Entziehung<br />
die Beendigung <strong>de</strong>s Delikts bewirkt. Die zeitlich-faktische Dimension<br />
<strong>de</strong>r Unrechtsverwirklichung ist insofern zwar unmittelbar auf <strong>de</strong>n normativen<br />
Aspekt bezogen, kann jedoch als (reine) Geschehens- und Phänomenbeschreibung<br />
keine eigenständige Tatschuld begrün<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn lediglich<br />
das Maß <strong>de</strong>r individuellen Schuld beeinflussen. 29 – Die Problematik, die<br />
sich aus <strong>de</strong>r Vermittlung von Schuldgrundsatz, Dauer<strong>de</strong>liktstypik und<br />
Strafklageverbrauch ergibt, verschärft sich jedoch noch zusätzlich, wenn<br />
man sich <strong>de</strong>m Unterlassungsaspekt <strong>de</strong>s in Re<strong>de</strong> stehen<strong>de</strong>n Verhaltens zuwen<strong>de</strong>t.<br />
V. Schuldgrundsatz und Unterlassungsstrafbarkeit<br />
(§ 13 Abs. 1 StGB)<br />
Die Vorenthaltung <strong>de</strong>r gemeinsamen Tochter S durch <strong>de</strong>n Beschwer<strong>de</strong>führer<br />
erfüllt <strong>de</strong>n Tatbestand <strong>de</strong>s § 235 Abs. 2 Nr. 2 StGB; aufgrund <strong>de</strong>r fortgesetzten<br />
Weigerung, <strong>de</strong>r Rückführung von S in die Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland<br />
zuzustimmen, in Form eines unechten Unterlassungs(dauer)<strong>de</strong>likts gem.<br />
§ 13 Abs. 1 StGB. 30 Damit setzt aber gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>r zu Recht im Mittelpunkt<br />
inwieweit von einer tateinheitlichen o<strong>de</strong>r tatmehrheitlichen Begehung auszugehen<br />
und ob <strong>de</strong>mentsprechend ein Strafklageverbrauch anzunehmen o<strong>de</strong>r abzulehnen<br />
ist. Letzteres kann in seiner Komplexität hier nicht näher beleuchtet<br />
wer<strong>de</strong>n; vgl. <strong>zum</strong> aktuellen Streit- und Diskussionsstand aber <strong>Fezer</strong> (Fn. 3), S.<br />
125 ff.; Fürst, Grundlagen und Grenzen <strong>de</strong>r §§129, 129 a StGB, Frankfurt a. M.<br />
(1989); sowie neuestens Klesczewski, in: <strong>HRRS</strong>-FG-<strong>Fezer</strong>; zur höchstrichterlichen<br />
Rspr. siehe BGH NStZ 2001, 436 mit Anm. Mitsch NStZ 2002, 159.<br />
29<br />
In diese Richtung geht auch die Argumentation <strong>de</strong>s Kammerbeschlusses, vgl.<br />
dazu <strong>de</strong>n Abschnitt C.II. 2. b) bb).<br />
30<br />
Vgl. zur Begehung <strong>de</strong>s § 235 Abs. 2 Nr. 2 StGB durch Unterlassen, <strong>de</strong>r sog. passiven<br />
Entführung, Nelles, in: Einführung in das 6. Strafrechtsreformgesetz, Mün-