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November 2008 - HRO·LIFE - Das Magazin für die Hansestadt ...

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22 Serie<br />

NOVEMBER <strong>2008</strong> • PR-ANZEIGEN<br />

Hinter Rostocker Fassaden (10)<br />

Die Villa Marie<br />

Wer kennt das nicht: Man ist an einem schönen<br />

Haus schon hundertmal vorbeigegangen, hat<br />

vielleicht auch ab und an bewundernd den Blick<br />

über das Bauwerk schweifen lassen. Aber was<br />

genau sich hinter den Mauern verbirgt, welche<br />

Geschichten sie erzählen könnten, davon weiß<br />

man rein gar nichts. In <strong>die</strong>ser Serie wollen wir<br />

Ihnen einige Türen öffnen und Sie einladen, mit<br />

uns hinter Fassaden zu blicken. Teil 10 führt in<br />

<strong>die</strong> Villa Marie am Schillerplatz 11.<br />

Mit ihrer leuchtend orangefarbenen Fassade<br />

ist sie schon von weitem zwischen all den<br />

anderen Prachtbauten gut zu erkennen. Ihre<br />

Fenster sind von angedeuteten Pfeilern<br />

flankiert, <strong>die</strong> in aufwändige<br />

Schmuckfriese münden. In der<br />

Mitte springt ein Erker hervor, der<br />

von einem Balkon mit Balustrade<br />

gekrönt wird. Und wer den Blick<br />

weiter nach oben wandern lässt,<br />

staunt über prunkvolle Dachunterschläge,<br />

mit denen <strong>die</strong> Baumeister<br />

von einst noch den letzten Millimeter<br />

der Putzfassade verzierten.<br />

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts,<br />

als es der Stadt Rostock in ihren<br />

Mauern zu eng wurde, wuchsen<br />

<strong>die</strong> Vorstädte. Während in der<br />

werftnahen Kröpeliner-Tor-Vorstadt<br />

vor allem Arbeiter einzogen,<br />

bauten in der Steintor-Vorstadt,<br />

dicht am 1886 eröffneten Lloyd<br />

Bahnhof, wohlhabende Bürger ihre Domizile.<br />

So auch <strong>die</strong> von Julius Hahn entworfene Villa<br />

am Schillerplatz, <strong>die</strong> im Jahr 1911 bezugsfertig<br />

war. Deren erster Bewohner war Oberleutnant<br />

Bodo von Diepow, dann folgten Privatdozent<br />

Dr. Franz Best, <strong>die</strong> Konsistorialratswitwe Anna<br />

Siegert, ein Bankbeamter, ein Rittmeister, ein<br />

Regimentskommandeur...<br />

Als der Steuer- und Unternehmensberater Uwe<br />

Martens das betagte Einfamilienhaus im Jahr<br />

2001 kaufte, brauchte er allerdings ein wenig<br />

Fantasie, um sich den Glanz der ersten Jahre<br />

vorzustellen. Schon lange hatten an der einst<br />

so feinen Adresse keine reichen Leute mehr<br />

gewohnt. Nachdem der Bau 1949 in <strong>die</strong> Hand<br />

der Kommune geraten war, hatte man ihn in<br />

vier Wohnungen unterteilt, <strong>die</strong> für wenig Geld<br />

vermietet wurden. Martens erinnert sich:<br />

„Der Stuck war von dicken Rohren<br />

vollkommen zerstört, das<br />

Parkett hatte<br />

Gruß aus dem<br />

Baujahr 1908<br />

Uwe Martens erwarb <strong>die</strong> Villa 2001. <br />

Fotos: Illing<br />

man überfliest, und <strong>die</strong> schönen<br />

alten Türen habe ich zum Teil als<br />

Absperrungen unten im Kohlenkeller<br />

wiedergefunden.“<br />

Als Uwe Martens sich selbstständig<br />

machte und eigene Räume<br />

fürs Büro und für seine junge<br />

Familie brauchte, kam ihm das<br />

einstige Herrenhaus gerade recht.<br />

Ein halbes Jahr lang machte das Domizil eine<br />

unglaubliche Rückverwandlung durch. Denn<br />

Den Namen „Villa Marie“ bekam das Haus<br />

am Schillerplatz von Uwe Martens. Eine Erinnerung<br />

an seine Zeit in Dresden, wo er in der<br />

gleichnamigen Studentenunterkunft zu Füßen<br />

der als „Blaues Wunder“ bekannten Brücke<br />

Uwe Martens hatte sich zum Ziel gesetzt, alles<br />

genau so wieder her richten zu lassen, wie es vor<br />

hundert Jahren einmal geplant war.<br />

Damit Besucher davon gleich<br />

eine Vorstellung bekommen,<br />

hat er am Eingang eine alte Baus<br />

k i z -<br />

z e aufgehängt.<br />

Damenzimmer, Salon<br />

und Speisezimmer<br />

sind da im Erdgeschoss<br />

eingetragen. In der<br />

oberen Etage waren <strong>die</strong><br />

privaten Schlafräume,<br />

ein Frühstücks- und<br />

ein Fremdenzimmer.<br />

Im Keller lebte und arbeitete<br />

das Gesinde.<br />

Heute sind in Souterrain<br />

und Erdgeschoss<br />

Büros für einige der<br />

insgesamt neun Festangestellten<br />

untergebracht. Die Firma John &<br />

Tiede hat es geschafft, den vollkommen maroden<br />

Stuck in seiner ganzen Üppigkeit wieder<br />

herzustellen. Tischler Westphal hat darüber<br />

hinaus <strong>die</strong> geschundenen Dielen liebevoll<br />

wiederbelebt. Und der alte Wintergarten, der<br />

in den 90-er Jahren schon<br />

einzustürzen drohte, ist<br />

zu einem Besprechungszimmer<br />

geworden, in dem<br />

man sich gern aufhält.<br />

Oben in der 1. Etage ist <strong>die</strong><br />

mittlerweile fünfköpfige<br />

Familie zu Hause. Hohe,<br />

helle Räume, prunkvoller<br />

Privatbereich wie einst.<br />

Von dort tritt Martens auf<br />

den Balkon hinaus, lässt<br />

den Blick zufrieden über<br />

den Schillerplatz bis hin<br />

zu Marien- und Petrikirche<br />

schweifen. <strong>Das</strong> Haus<br />

hat sein altes Gesicht zurück.<br />

Bis auf eines: <strong>Das</strong><br />

leuchtende Orange seiner<br />

Fassade hätte es vor hundert Jahren nicht bekommen.<br />

Martens: „Ganz so kräftig war es<br />

wohnte. Der vor allem bei jungen Künstlern<br />

beliebte Treffpunkt wurde zu Wendezeiten baupolizeilich<br />

gesperrt, wogegen es heftige Proteste<br />

gab. Heute beherbergt <strong>die</strong> Dresdener Villa Marie<br />

ein italienisches Restaurant.<br />

auch ursprünglich nicht geplant.“ <strong>Das</strong> sei ein<br />

Versehen in der Bauausführung gewesen, über<br />

das es heftige Diskussionen gab. Mittlerweile<br />

aber gefalle ihm <strong>die</strong> Farbe – nicht zuletzt deshalb,<br />

weil noch kein Kunde lange nach <strong>die</strong>sem<br />

Haus suchen musste.<br />

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