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am 03. Juli 2008 - HRO·LIFE - Das Magazin für die Hansestadt ...

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ausgabe 6 • juli <strong>2008</strong><br />

serie<br />

23<br />

Hinter Rostocker Fassaden (6)<br />

<strong>Das</strong> Hafenhaus<br />

Wer kennt das nicht: Man ist an einem schönen<br />

Haus schon hundertmal vorbeigegangen, hat<br />

vielleicht auch ab und an bewundernd den Blick<br />

über das Bauwerk schweifen lassen. Aber was<br />

genau sich hinter den Mauern verbirgt, welche<br />

Geschichten sie erzählen könnten, davon weiß<br />

man rein gar nichts. In <strong>die</strong>ser Serie wollen wir<br />

Ihnen einige Türen öffnen und Sie einladen, mit<br />

uns hinter Fassaden zu blicken. Teil 6 führt ins<br />

Hafenhaus, das seit zehn Jahren das Theater im<br />

Stadthafen (TiS) beherbergt.<br />

Im „Alten Fritz“ gibt es selbst gebrautes Bier<br />

Wenn alte Rostocker im Zuschauerraum sitzen,<br />

dann lässt so mancher von ihnen Blick und Gedanken<br />

durch den großen Saal schweifen. <strong>Das</strong><br />

1954 errichtete Gebäude <strong>die</strong>nte ursprünglich<br />

als Sozial- und Kulturgebäude des Stadthafens.<br />

Wer immer an der innerstädtischen Kaikante<br />

zu tun hatte, ist in der Regel auch hier ein und<br />

aus gegangen.<br />

Im Hafenhaus waren <strong>die</strong> Umkleideräume sowie<br />

<strong>die</strong> Praxis des Betriebsarztes untergebracht. Im<br />

heutigen Foyer hatte <strong>die</strong> Küche Platz, im großen<br />

Saal wurde gespeist. Auf der kleinen Bühne,<br />

<strong>die</strong> schon d<strong>am</strong>als existierte, gab es kulturelle<br />

und politische Kost für <strong>die</strong> Arbeiter. Rostocks<br />

Stadtkonservator Peter Writschan erinnert<br />

sich: „Ich hatte hier UTP-Unterricht.“<br />

An <strong>die</strong>sem sogenannten „Unterrichtstag in der<br />

Produktion“ wurde der Nachwuchs in praktischer<br />

Arbeit geschult werden. Writschan<br />

schmunzelt: „In der heutige Gaststätte „Downtown“<br />

hab’ ich Erdungslaschen gefeilt.“<br />

Um in den Stadthafen zu gelangen, der zu<br />

jener Zeit streng bewachtes Grenzgebiet war,<br />

mussten sich <strong>die</strong> Schüler <strong>am</strong> Haupteingang<br />

neben dem jetzigen Hanse-Sail-Gebäude vers<strong>am</strong>meln.<br />

Von dort wurden sie abgeholt und<br />

an ihre jeweiligen Einsatzorte gebracht.<br />

Noch heute ist dem Hafenhaus seine Vergangenheit<br />

anzusehen. Wer sich <strong>die</strong><br />

Zeit nimmt, es genauer zu betrachten,<br />

entdeckt Anker und Steuerrad<br />

an der Fassade. Im Zuschauerraum<br />

des Theaters sind <strong>die</strong> alten schmiedeeisernen<br />

Bänder und Anker an<br />

der Decke zwar übergestrichen,<br />

aber noch vorhanden. Peter Juhnke,<br />

der 1998 noch Technischer<br />

Direktor des Volkstheaters<br />

war und <strong>die</strong> ges<strong>am</strong>ten<br />

Bauarbeiten koordinierte,<br />

weist hinauf zu dem von<br />

außen gut erkennbaren<br />

grünen Bühnenturm.<br />

„Wir haben Schwein gehabt,<br />

dass uns der überhaupt<br />

genehmigt wurde. Sonst<br />

wäre aus dem ges<strong>am</strong>ten<br />

Vorhaben hier nichts geworden.“<br />

<strong>Das</strong> Problem: Ein klassischer würfelartiger<br />

Turm, wie er anfangs geplant war, hätte zu<br />

den Satteldächern des Hafenhauses einfach<br />

nicht gepasst. Für Neben- und Hinterbühnen<br />

oder Versenkungen, in denen Kulissen und<br />

Beleuchtung verschwinden könnten, war aber<br />

kein Platz. Die Lösung k<strong>am</strong> schließlich vom<br />

d<strong>am</strong>aligen Chef des Denkmalpflege<strong>am</strong>tes.<br />

Gerhard Lau, der zuvor als Mitarbeiter des Instituts<br />

für Kulturbauten unter anderem an der<br />

Dresdner Semperoper und <strong>am</strong> Magdeburger<br />

Maxim-Gorki-Theater mitgewirkt hatte, griff<br />

kurzerhand zum Bleistift und entwarf einen<br />

Bühnenturm mit Satteldach. Sein Vorschlag<br />

überzeugte. Für insges<strong>am</strong>t rund 3,5 Millionen<br />

DM wurde saniert und umgestaltet. Eine<br />

Summe, <strong>die</strong> deutlich über den ursprünglichen<br />

Planungen lag und darum heftig kritisiert wurde.<br />

Doch dem Umzug des Theatervolks vom<br />

Kleinen Haus in der Eselföterstraße, das wegen<br />

Baufälligkeit gesperrt wurde, an <strong>die</strong> Kaikante<br />

stand nun nichts mehr im Wege.<br />

Am ersten Aprilwochenende vor<br />

zehn Jahren ergriffen <strong>die</strong> Schauspieler<br />

mit buntem Spektakel,<br />

einem Umzug vom alten zum neuen<br />

Domizil und vier Premieren an<br />

einem einzigen Wochenende Besitz<br />

vom Theater im Stadthafen.<br />

Kultur<strong>am</strong>t und Hanse-Sail-Büro<br />

sowie das Braugasthaus „Zum Alten<br />

Fritz“ zogen ebenfalls mit ein.<br />

Bei schönem Wetter genießen <strong>die</strong><br />

Gäste heute draußen im Biergarten<br />

das ganz besondere Flair des neuen<br />

Standortes.<br />

<strong>Das</strong> Hafenhaus ist ein Produkt des zentralen Entwurfsbüros<br />

des Staatssekretariats für Schiffbau in der DDR. Es wurde<br />

1954 als Sozial- und Kulturgebäude des Stadthafens erbaut.<br />

Als das Areal nach der Wende nach und nach seine Funktion<br />

als Umschlagplatz verlor und sich zur Flaniermeile wandelte,<br />

wurde das Gebäude als Ersatz für das marode Kleine Haus in<br />

der Eselföterstraße auserkoren. Am ersten Aprilwochenende<br />

1998 eröffneten <strong>die</strong> Schauspieler ihr neues Domizil mit einem<br />

regelrechten Premierenmarathon.<br />

Peter Juhnke, der einstige Technikchef des<br />

Volkstheaters, ist längst in den Ruhestand<br />

gegangen. Sein Nachfolger Peter Martins<br />

hatte sich d<strong>am</strong>als gefreut, ein neues Haus<br />

mit modernster Ausstattung übernehmen<br />

zu können. Doch inzwischen müsste er eigentlich<br />

vieles erneuern. Modern sind beispielsweise<br />

Licht- und Tontechnik schon<br />

lange nicht mehr, manches ist auch einfach<br />

verschlissen. Wie er <strong>die</strong> Neuanschaffungen<br />

finanzieren soll, ist ihm derzeit aber noch<br />

ein Rätsel. <br />

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