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Alte Schäfflerei im Kloster Benediktbeuern - Dachbaumagazin

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Thema des Monats<br />

Dächer unter Denkmalschutz<br />

Am First und<br />

an den Graten kamen<br />

aus Sicherheitsgründen<br />

neue Ziegel<br />

zum Einsatz<br />

20 dachbau magazin 3 | 2013


www.dachbaumagazin.de<br />

Biberdach<br />

Starke Kontraste<br />

Die »<strong>Alte</strong> <strong>Schäfflerei</strong>« <strong>im</strong> <strong>Kloster</strong> <strong>Benediktbeuern</strong> wird<br />

gerade saniert. Das Walmdach des Denkmals wird<br />

jedoch nicht einfach neu gedeckt – stattdessen kommen<br />

viele Handstrich-Biber ein zweites Mal zum Einsatz.<br />

Text: Horst Pavel | Fotos: Braas<br />

Die „<strong>Alte</strong> <strong>Schäfflerei</strong>“ ist ein<br />

Teil des ehemaligen Handwerkerbezirks<br />

<strong>im</strong> <strong>Kloster</strong> <strong>Benediktbeuern</strong>. Das Gebäude<br />

mit seiner barocken Walmdachkonstruktion<br />

steht unter Denkmalschutz und wird<br />

momentan denkmalpflegerisch und energetisch<br />

instand gesetzt. Nach dem Abschluss<br />

der Bauarbeiten soll hier das Fraunhofer-<br />

Zentrum für energetische Altbausanierung<br />

und Denkmalpflege eingerichtet werden,<br />

dessen Aufgabe die energetische Opt<strong>im</strong>ierung<br />

von Bestandsgebäuden unter dem Gesichtspunkt<br />

denkmalpflegerischer Belange<br />

ist. Aus diesem Grund sollte bei der Sanierung<br />

des Biberdachs auch die alte Deckung<br />

so weit wie möglich erhalten bleiben: Intakte<br />

Handstrich-Biber wurden von den Dachdeckern<br />

wiederverwendet und mit neuen,<br />

speziell nach den Vorgaben der Denkmalpflege<br />

gefertigten Opal-<strong>Kloster</strong>bibern von<br />

Braas ergänzt.<br />

Ein Ort der Forschung<br />

Das <strong>Kloster</strong> <strong>Benediktbeuern</strong> gehört zu den<br />

ältesten Klöstern in Oberbayern. Die „<strong>Alte</strong><br />

<strong>Schäfflerei</strong>“ wurde in der zweiten Hälfte des<br />

18. Jahrhunderts erbaut und ursprünglich<br />

als Fassremise zur Herstellung von Bierfässern<br />

für die angrenzende <strong>Kloster</strong>brauerei<br />

genutzt. 1805 kaufte Joseph von Utzschneider<br />

die weitläufige <strong>Kloster</strong>anlage und verlegte<br />

sein Optisches Institut an diesen Ort.<br />

Joseph von Fraunhofer, sein bedeutendster<br />

Mitarbeiter, entwickelte <strong>im</strong> <strong>Kloster</strong> <strong>Benediktbeuern</strong><br />

unter anderem erstmals schlierenfreies<br />

Glas für optische Messgeräte und<br />

entdeckte die Fraunhoferschen Linien <strong>im</strong><br />

Sonnenspektrum. Die <strong>Kloster</strong>anlage wurde<br />

1818 vom bayerischen Staat übernommen<br />

und zunächst als militärischer Fohlenhof,<br />

später als Kaserne und Invalidenhe<strong>im</strong> sowie<br />

als Gefängnis genutzt. 1925 wurde die ehemalige<br />

<strong>Kloster</strong>brauerei geschlossen.<br />

Die „<strong>Alte</strong> <strong>Schäfflerei</strong>“ wird momentan als<br />

Anschauungsobjekt <strong>im</strong> Sinne einer „Gläsernen<br />

Baustelle“ in mehreren Bauabschnitten<br />

umfassend restauriert und gleichzeitig<br />

energetisch ertüchtigt, wobei vor allem der<br />

Wissenstransfer zwischen Denkmalpflege,<br />

Baupraxis, Forschung und Industrie gefördert<br />

werden soll. Im Mittelpunkt steht dabei<br />

▸▸Auf dem Dach der<br />

»<strong>Alte</strong>n <strong>Schäfflerei</strong>«<br />

wurden die originalen<br />

Kirchenbiber<br />

in Zweitverwendung<br />

erneut verlegt<br />

die Auseinandersetzung mit Denkmälern,<br />

schützenswerter Altbausubstanz und den<br />

Aspekten der Bauphysik.<br />

Historische Holzkonstruktion<br />

Der nördliche Teil der „<strong>Alte</strong>n <strong>Schäfflerei</strong>“<br />

hat ein Satteldach, dessen Tragkonstruktion<br />

ein Kehlbalkendach mit doppelt stehendem<br />

Dachstuhl bildet. Die Quer- und Längsaussteifung<br />

erfolgt über Steigbänder zwischen<br />

den Zerrbalken und der Kehlbalkenlage,<br />

die mit Stuhlsäulen überplattet sind. Der<br />

angegliederte Kopfbau hat hingegen ein<br />

Walmdach mit einfach liegendem Stuhl sowie<br />

einer zweiten Kehlbalkenlage und mittigem<br />

Hängewerk. Die Längsaussteifung er-<br />

dachbau magazin 3 | 2013<br />

21


Thema des Monats<br />

Dächer unter Denkmalschutz<br />

▴▴Mit seinem Korbbogenschnitt ist der Opal-<strong>Kloster</strong>biber besonders gut für denkmalgeschützte Dächer geeignet<br />

folgt hier durch Windverbände <strong>im</strong> unteren<br />

Dachgeschoss, während die Queraussteifung<br />

durch den liegenden Stuhl sichergestellt<br />

wird, der mit Kopfbändern fixiert ist.<br />

Die Hängesäulen unterstützen dabei sowohl<br />

die Zerrbalkenlage als Decke über dem<br />

Obergeschoss sowie auch die Geschossdecke<br />

über dem Erdgeschoss. An der Ostseite<br />

laufen die beiden Dachtragwerke fluchtgerecht<br />

ineinander, sodass sich eine durchlaufende<br />

Dachfläche ergibt. Die östliche<br />

Dachfläche des anschließenden Südhauses<br />

ist ebenfalls fluchtgerecht angebunden. Eine<br />

dendrochronologische Untersuchung der<br />

Hölzer <strong>im</strong> Dachstuhl ergab, dass die Bäume<br />

um 1758 gefällt wurden – das Holz ist<br />

also schon über 250 Jahre alt.<br />

Ertüchtigung der Dachstühle<br />

Geschädigte Decken- und Kehlbalken sowie<br />

Sparren und weitere tragende Teile haben<br />

die Handwerker entweder ausgetauscht<br />

oder durch Überblattung beziehungsweise<br />

eingeschlitzte Flacheisen ertüchtigt.<br />

Schadhafte Auflagerschwellen ersetzten<br />

die Z<strong>im</strong>merer durch neue Schwellen aus<br />

Eichenholz. Durch diese behutsame Vorgehensweise<br />

konnten rund 95 Prozent der<br />

originalen Tragelemente erhalten werden.<br />

Die meisten der schadhaften historischen<br />

Dachlatten mussten allerdings ausgewechselt<br />

und durch neue Lärchenholzlatten mit<br />

einem einheitlichen Lattabstand von 16 cm<br />

ersetzt werden.<br />

Neue alte Biberdeckung<br />

Da möglichst viele Ziegel der alten Dachdeckung<br />

wiederverwendet werden sollten,<br />

haben die Dachdecker zu Beginn der Sanierungsarbeiten<br />

die originale Doppeldeckung<br />

aus historischen Kirchenbibern vorsichtig<br />

abgenommen, die alten Ziegel gereinigt und<br />

auf ihre weitere Verwendbarkeit überprüft.<br />

Die handgestrichenen Biberschwanzziegel<br />

sind 160 bis 240 mm breit, 380 bis 440 mm<br />

lang und bis zu 28 mm dick.<br />

Die Dachflächen des nördlichen Bauteils<br />

sowie die Ostseite des Kopfbaus wurden<br />

allerdings komplett mit neuen Opal-<strong>Kloster</strong>bibern<br />

gedeckt. Die neuen Dachziegel<br />

wurden nach historischem Vorbild gefertigt<br />

und ergänzen sich mit den alten Kirchenbibern.<br />

Diese kamen auf dem Dach des Kopfbaus<br />

flächendeckend in Zweitverwertung<br />

zum Einsatz. Nur die besonders kritischen<br />

◂◂Alt und Neu:<br />

Die Oberflächen der<br />

Biber sorgen<br />

auf dem Dach für<br />

Kontraste<br />

22 dachbau magazin 3 | 2013


www.dachbaumagazin.de<br />

Zonen an der Traufe erhielten neue Traufplatten.<br />

Auch Firste und Grate wurden mit<br />

neuen Mörtelfirstziegeln ergänzt.<br />

Bauphysikalische Forschungen<br />

Im Rahmen der Forschungsprojekte am<br />

„Fraunhofer-Zentrum für energetische<br />

Altbausanierung und Denkmalpflege <strong>Benediktbeuern</strong>“<br />

werden auch Innendämmungen<br />

untersucht. So wurden zum Projektstart<br />

»Die Kirchenbiber wurden vorsichtig<br />

abgenommen, geprüft und gereinigt.«<br />

2013 unterschiedliche Dämmmaterialien<br />

und Dämmsysteme <strong>im</strong> Obergeschoss des<br />

Kopfbaus eingebaut, die seitdem wissenschaftlich<br />

untersucht werden. Auch der<br />

Einsatz dünner Dämmsysteme sowie von<br />

Dämmsystemen aus nachwachsenden<br />

Rohstoffen ist geplant. Schwerpunkt der öffentlich<br />

geförderten Forschungsarbeit sind<br />

innovative Materialien und deren Verarbeitung<br />

in einem Baudenkmal sowie die energetische<br />

Bestandssanierung.<br />

Somit wird auch die energetische Ertüchtigung<br />

des Dach- und Obergeschosses<br />

zum Gegenstand wissenschaftlicher<br />

Untersuchungen. Da die Dachfluchten aus<br />

denkmalpflegerischen Gründen erhalten<br />

bleiben sollen, war der Einsatz von Aufdach-Dämmsystemen<br />

hier nicht möglich.<br />

Stattdessen werden Zwischen- und Untersparrendämmungen<br />

in unterschiedlichen<br />

Varianten eingebaut und vom Fraunhofer<br />

IBP bauphysikalisch begleitet und wissenschaftlich<br />

verglichen.<br />

Weiterhin werden auch unterschiedliche<br />

Ertüchtigungsvarianten der in der Außenmauer<br />

aufliegenden Balkenenden untersucht.<br />

Diese wurden meist überblattet und<br />

mit unterschiedlichen<br />

Auflager- und Dämmmaterialien<br />

versehen.<br />

Aber auch Stahlprothesen<br />

mit Schlitzblechen sowie<br />

die Überblattung mit<br />

Kupferblechschuhen kamen zum Einsatz.<br />

Mit Temperatur- und Holzfeuchtesensoren<br />

wird das bauphysikalische Verhalten dieser<br />

Ausführungen messtechnisch untersucht.<br />

Behutsame Ergänzung<br />

Die energetische Ertüchtigung denkmalgeschützter<br />

Gebäude stellt neben den gestalterischen<br />

vor allem auch bauphysikalische<br />

Herausforderungen. Zum angemessenen<br />

Umgang mit dem Denkmal gehört aber<br />

auch die behutsame Ergänzung alter Bauteile,<br />

wie das Beispiel der Dachsanierung an<br />

der „<strong>Alte</strong>n <strong>Schäfflerei</strong>“ zeigt. Hier wurden<br />

alte, noch funktionsfähige Dachziegel wiederverwendet<br />

und mit modernen, industriell<br />

gefertigten Dachziegeln, die nach historischen<br />

Vorlagen speziell für dieses Objekt<br />

gefertigt wurden, ergänzt. Den verwendeten<br />

<strong>Kloster</strong>biber gibt es ab sofort aber auch „von<br />

der Stange“, da Braas die Sonderanfertigung<br />

ins Sort<strong>im</strong>ent übernommen hat. ■<br />

Steckbrief<br />

Objekt/Standort:<br />

<strong>Alte</strong> <strong>Schäfflerei</strong><br />

<strong>im</strong> <strong>Kloster</strong> <strong>Benediktbeuern</strong><br />

D-83671 <strong>Benediktbeuern</strong><br />

Bauherr:<br />

Fraunhofer-Zentrum für energetische<br />

Altbausanierung und Denkmalpflege<br />

D-83671 <strong>Benediktbeuern</strong><br />

Dachdeckerarbeiten:<br />

Bauteam Vogel<br />

D-82386 Huglfing<br />

www.bauteam-vogel.de und<br />

Z<strong>im</strong>merei Danner<br />

D-83676 Jachenau<br />

Produkte:<br />

Opal <strong>Kloster</strong>biber 18/41, Korbbogen<br />

Unterspannbahn Divoroll Kompakt 2S<br />

Hersteller:<br />

Monier Braas GmbH<br />

D-61440 Oberursel<br />

www.braas.de<br />

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