hildesheim - Kehrwieder am Sonntag

KEHRWIEDER am Sonntag · 29. September 2013 · Seite 9
HILDESHEIM
Sebastian Lüder (rechts) und Frank Wodsack sehen sich durch Jürgen Meiers Buch in ihren Persönlichkeitsrechten
verletzt. Ihre Anwältin Susanne Klein bekräftigt diese Haltung noch einmal vor Gericht. Fotos: Fuhrhop
Gericht sieht Persönlichkeitsrechte der Kläger verletzt – Autor will vors OLG
Justiz-Mehrakter
um Meiers Lokalkrimi
Von Jan Fuhrhop
Hildesheim. „Ist das wirklich so
wichtig?“, fragt Frank Wodsack, als
er auf dem Weg zum Gerichtssaal
die Medienvertreter entdeckt. Die
öffentliche Aufmerksamkeit scheint
ihm eher unangenehm zu sein. Das
Paradoxe an Wodsacks Frage: erst
mit der Klage seines Geschäftspartners
Sebastian Lüder und seinem
eigenen Vorgehen gegen den Lokalkrimi
„Memories“ des Autors Jürgen
Meier wurde eine Aufmerksamkeit
erzeugt, die das Buch sonst nie bekommen
hätte. Und sie wird voraussichtlich
noch einige Zeit anhalten –
die 3. Zivilkammer des Hildesheimer
Landgerichts hat am Dienstag sehr
deutlich gemacht, dass sie inhaltlich
der Klägerseite folgen, und damit die
Persönlichkeitsrechte über die Kunstfreiheit
stellen wird. Für diesen Fall
hat Meier bereits den Gang in die
zweite Instanz vor das Oberlandesgericht
(OLG) Celle angekündigt.
Der Autor hatte wie bereits mehrfach
berichtet nach einem Vergleich
mit Sebastian Lüder die erste Version
seines Romans umgeschrieben und
im Moritzberg Verlag veröffentlicht,
bevor eine erneute einstweilige Verfügung
gegen ihn erging. Lüder und
nun auch Wodsack werfen Meier vor,
er habe sie als Vorlagen für seine
Romanfiguren benutzt und ihnen
ehrenrührige Verhaltensweisen und
Charakterzüge angedichtet - dies
müssten sie nicht hinnehmen. Meier
erklärte nun erneut, es sei nie seine
Absicht, einzelne Personen zu diffamieren,
woraufhin der ansonsten
schweigende Lüder leise in den Saal
zischte: „Machen Sie aber!“
Die Kammer unter Vorsitz von Dr.
Wolfhard Klöhn lauscht anschließend
Meiers engagiertem Vortrag
über seine Motivation und Arbeitsweise
(„Ich reihe Menschen ein in
(jan) Hildesheim. Nachdem die
große Lösung für den Neubau einer
Seniorenwohnanlage an der Großen
Venedig gescheitert ist (der KEHR-
WIEDER berichtete mehrfach), plant
der Beamten-Wohnungs-Verein
(BWV) ein Gebäude in kleinerem
Ausmaß. In diesem sollen aber immerhin
noch sieben Mietwohnungen
zwischen 70 und 130 Quadratmetern
eingerichtet sein, eine Tiefgarage soll
ausreichend Platz für die Autos der
Bewohner bieten. Der Hildesheimer
Architekt Matthias Jung hat die
aktuellen Pläne am Mittwoch im
Stadtentwicklungsausschuss vorgestellt,
die Entwürfe seien eng mit
dem Denkmalschutz abgestimmt,
erklärte er im Gespräch mit dem
KEHRWIEDER. Auf dem Nachbargrundstück
zu dem geplanten Neubau
steht eine Villa, die seit kurzem
denkmalgeschützt ist – sie hatte
ursprünglich für die große Lösung
des BWV abgerissen werden sollen,
private Käufer hatten die Immobilie
mit der Hausnummer 16 letztlich
Autor Jürgen Meier (oben links) und sein Anwalt Karl Otte wollen in die
zweite Instanz, falls die Kammer von Richter Dr. Wolfhard Klöhn (kleines
Bild) gegen sie entscheidet.
gesellschaftliche Verhältnisse, ich
trete dagegen an, dass die Ökonomie
zum Gesetz erklärt wird. Durch jedes
Kunstwerk fließt Ideologie“). Wer das
Buch liest, weiß was Meier meint –
die Romanfiguren sind eher Vehikel,
um politische Ansichten und Gesellschaftskritik
zu transportieren, was
mal pointiert gelingt, mal etwas
plump daher kommt.
„Auch wenn es nicht Ihre Intention
ist, es passiert: es kränkt andere“,
Nach Scheitern der großen Lösung kommt nun die kleinere
BWV plant Neubau
an Großer Venedig
Große Venedig 16a: So soll der Neubau aussehen.
aber nach einer juristischen Auseinandersetzung
mit dem BWV vom
Bundesgerichtshof zugesprochen
sagt der Vorsitzende Richter nach
Ende der Meierschen Ausführungen.
Seine Kollegen und er seien nach
eingehender Beschäftigung mit dem
Buch („Es gibt Prozesse, über die man
längst nicht so lange nachdenkt“) zu
dem Ergebnis gekommen, dass auch
die umgeschriebene Version nicht
zur Veröffentlichung freigegeben
werden dürfe. „Fiktion und Realität
sind nicht klar genug getrennt.“ Eine
„Fülle von Details“ deuteten auf
Hildesheim als ursprünglichen Handlungsort
und die Kläger Lüder und
Wodsack hin – für die Hildesheimer
Öffentlichkeit seien diese Details
erkennbar.
Klöhn räumt ein, dass seine Kollegen
und er sich auf einem schmalen
Grat der Abwägung bewegten. Dass
Meier in die nächste Instanz will,
störe ihn ganz und gar nicht, beteuert
Klöhn mit sanfter Stimme. „Sollte
das OLG Celle das anders sehen – wir
haben damit kein Problem. Wirklich
nicht.“
bekommen. Der Neubau auf dem
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