hildesheim - Kehrwieder am Sonntag
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HILDESHEIM KEHRWIEDER <strong>am</strong> <strong>Sonntag</strong> · 29. September 2013 · Seite 10<br />
Weitere Ausgrabungen bestätigen Existenz des Gunthar-Doms und zeigen mittelalterliche Bibliothek<br />
Schreibstube<br />
im Kirchturm<br />
(reh/r) Hildesheim. Was in der<br />
Gründungslegende des Bistums, der<br />
„Fundatio Ecclesiae Hildensemensis“,<br />
schon seit fast tausend Jahren zu<br />
lesen ist, haben Ausgrabungen nun<br />
bestätigt: Die Kirche von Bischof<br />
Gunthar, der von 815 bis 834 lebte,<br />
der so genannte Gunthar-Dom, hat<br />
existiert und besaß zwei hohe Türme.<br />
Nach Aufgabe der Kirche dienten sie<br />
vermutlich als Schreibstuben.<br />
Eigentlich waren die Ausgrabungen<br />
auf dem Hildesheimer Domhof<br />
schon beendet, da durfte Grabungsleiter<br />
Professor Dr. Karl Bernhard<br />
Kruse doch noch einmal in der Sakristei<br />
der Geschichte auf den Grund<br />
gehen – notwendige Kabelkanäle<br />
hatten es möglich gemacht. Der<br />
Archäologe wusste, was er suchte:<br />
den zweiten Turm des Gunthar-Domes<br />
für die endgültige Bestätigung<br />
des entsprechenden Hinweises in der<br />
„Fundatio“, geschrieben um 1080<br />
von einem Hildesheimer Domherrn.<br />
In etwa einem Meter Tiefe stieß das<br />
Grabungste<strong>am</strong> auf ein breites Turm-<br />
Fund<strong>am</strong>ent, allerdings nicht an der<br />
vermuteten Stelle, sondern einige<br />
Meter weiter südlich.<br />
„Der Grundriss des Gunthar-<br />
Domes sieht auf den ersten Blick<br />
unsymmetrisch aus“, erklärt Kruse<br />
den unerwarteten Fundort. Grund<br />
dafür dürfte die Rücksicht auf eine<br />
angrenzende Totengedächtnisstätte<br />
Grabungsleiter Professor Dr. Karl Bernhard Kruse präsentiert den Grundriss<br />
des Gunthar-Doms, dessen Turm-Fund<strong>am</strong>ent man jetzt gefunden hat.<br />
gewesen sein. Die Kirche hatte beim<br />
Bau um 820 beachtliche Ausmaße,<br />
die Front maß 22 Meter und die Länge<br />
betrug 40 Meter. Und ganz ungewöhnlich<br />
im neunten Jahrhundert<br />
für einen neu gegründeten Bischofssitz<br />
im „heidnischen Ostfalen“: Zwei<br />
hohe Türme zierten den Bau.<br />
Der Kirche war keine lange Nutzung<br />
als Gotteshaus beschieden,<br />
schon 852 begann Bischof Altfrid<br />
mit der Errichtung eines neuen<br />
Domes an heutiger Stelle. „Ab 872<br />
dienten die Türme der Gunthar-Kirche<br />
sehr vermutlich als Schreibstuben“,<br />
erläutert Kruse die Ergebnisse<br />
seiner Grabungen. Dafür sprechen<br />
ein Schreibgriffel, ein Glättstein aus<br />
Glas – d<strong>am</strong>it wurde das Perg<strong>am</strong>ent<br />
geglättet, um das Verschmieren<br />
der Tinte zu verhindern – sowie der<br />
Fuß eines Trichterglases für Öl und<br />
Talg, das im Mittelalter als L<strong>am</strong>pe<br />
diente. Da ansonsten keine anderen<br />
Siedlungsfunde in den umliegenden<br />
Grabungsschichten aus dem neunten<br />
und zehnten Jahrhundert vorliegen,<br />
spricht alles für die Verwendung als<br />
Bibliothek. Zumal die wertvollen<br />
Bücher in den Steintürmen gut geschützt<br />
lagen. Noch bis in elfte Jahrhundert<br />
haben diese gestanden. Mit<br />
dem großen Brand 1046 wurden sie<br />
stark zerstört und die Trümmer in<br />
den folgenden Jahren für den Bau<br />
des Azelin-Domes vollständig abgetragen.<br />
In Kürze werden die letzten<br />
Gräben der Archäologen nach insges<strong>am</strong>t<br />
vier Jahren Forschung wieder<br />
zugeschüttet. „Wir konnten wichtige<br />
Erkenntnisse für die frühere Baugeschichte<br />
bis zum zwölften Jahrhundert<br />
gewinnen“, ist Kruse sehr<br />
zufrieden mit dem Verlauf der Arbeiten.<br />
■ Zum Ende der vierjährigen archäologischen<br />
Ausgrabungen <strong>am</strong> Dom soll<br />
die Öffentlichkeit Gelegenheit zur<br />
Besichtigung von Grabungsergebnissen<br />
haben: Für <strong>Sonntag</strong>, 27. Oktober,<br />
lädt Grabungsleiter Professor<br />
Dr. Karl Bernhard Kruse von 14-17<br />
Uhr zum Westwerk des Hildesheimer<br />
Domes ein.<br />
„Nacht der Bewerber“ in der Halle 39<br />
Mit Schwung<br />
in die Ausbildung<br />
John-Jeremy Höhnen erklärt Julian Klingebiel (links), wie man mit einem<br />
Hobel umgeht. Obermeister Joachim Salland schaut zu. Foto: Rehbein<br />
(reh) Hildesheim. Den schweren<br />
Hobel auf der schmalen Kante des<br />
Bretts in Balance halten, dann<br />
Kraft auf ihn ausüben und ihn mit<br />
Schwung von einem Ende zum anderen<br />
fahren, so dass oben schöne<br />
große Holzlocken herausquillen:<br />
Was bei John-Jeremy Höhnen, Auszubildender<br />
an der Berufsfachschule<br />
im ersten Lehrjahr, ganz geschmeidig<br />
und selbstverständlich aussieht, ist<br />
für Julian Klingebiel eine Herausforderung.<br />
Der 14-Jährige besucht<br />
die achte Klasse der Augustinus-<br />
Realschule – und Tischler ist ein<br />
Beruf, den er sich vorstellen könnte,<br />
nach der Schule zu lernen. Um sich<br />
über diese und andere Ausbildungsmöglichkeiten<br />
zu informieren, ist<br />
er <strong>am</strong> Freitagabend gemeins<strong>am</strong><br />
mit seinen Eltern aus Sorsum zur<br />
„Nacht der Bewerber“ in die Halle<br />
39 gekommen.<br />
Die Volksbank Hildesheim hat die<br />
Ausbildungsmesse bereits im fünften<br />
Jahr veranstaltet. Mehr als 70 Ausbildungsbetriebe<br />
präsentierten sich<br />
an den insges<strong>am</strong>t 88 Messeständen,<br />
auch die Universität Hildesheim und<br />
die Hochschule für angewandte Wissenschaft<br />
und Kunst (HAWK) waren<br />
dabei. Das Konzept der Messe sieht<br />
vor, dass Aussteller und Bewerber<br />
auf Augenhöhe miteinander ins<br />
Gespräch kommen. Das gelingt vor<br />
allem deshalb, weil die Auszubildenden<br />
selbst über ihre Erfahrungen mit<br />
den Berufen berichten und sagen,<br />
worauf es dabei ankommt. Julian<br />
Klingebiel fand jedenfalls: „Eine<br />
schöne Erfahrung – aber schwieriger,<br />
als gedacht.“<br />
Stadtmarketing will mit Plakaten Neubürger werben<br />
Hildesheimer werben<br />
für ihre Stadt<br />
Betrachten sich selbst auf dem Plakat, das sie in ihrem Schlafzimmer vor<br />
dem TfN zeigt: Wiebke Buck-Wiese (links) und Theresa Riemenschneider.<br />
(reh) Hildesheim. Es muss schon<br />
ein interessantes Gefühl sein, sich<br />
selbst auf einem riesigen Plakat zu<br />
sehen. So ging es den Studentinnen<br />
Wiebke Buck-Wiese und Theresa<br />
Riemenschneider <strong>am</strong> Dienstag zum<br />
Start der Plakatk<strong>am</strong>pagne „Wann<br />
ziehst Du ein?“, die zum diesjährigen<br />
Themenjahr „Leben in Bewegung“<br />
gehört.<br />
Seit Dienstag kleben die vier Meter<br />
breiten und 2,50 Meter hohen<br />
Plakate für drei bis vier Wochen<br />
in Hildesheim und Hannover, auch<br />
Postkarten wurden verteilt und Anzeigen<br />
geschaltet. Sie sind Teil einer<br />
Werbek<strong>am</strong>pagne des Hildesheimer<br />
Stadtmarketings, die Bürger aus<br />
Hannover nach Hildesheim locken<br />
soll.<br />
■ Die Produktionsfirma „Anachrom“<br />
hat die Fotoshootings begleitet. Die<br />
Kurzfilme sind auf YouTube und www.<br />
<strong>hildesheim</strong>.de/themenjahrk<strong>am</strong>pagne<br />
zu sehen. Die Motive gibt es für 3Euro<br />
als Poster im DIN-A1-Format bei der<br />
Tourist-Info <strong>am</strong> Marktplatz.<br />
Verhältnis zwischen Ratsherr und Fraktion gestört<br />
Kretschmer-Rückzug<br />
(jan) Hildesheim. Als nachhaltig<br />
gestört kann man wohl mittlerweile<br />
das Verhältnis zwischen dem SPD-<br />
Ratsherren Wilfried Kretschmer und<br />
dem Rest seiner Fraktion bezeichnen.<br />
Nachdem die Fraktion ihren Kollegen<br />
wegen dessen Wahlaufruf für Kurt<br />
Machens aus dem Fraktionsvorstand<br />
abgewählt hatte (der KEHR-<br />
WIEDER berichtete), hat Kretschmer<br />
nun selbst den Vorsitz im Stadtentwicklungsausschuss<br />
niedergelegt.<br />
Er könne dort nicht als Sprecher der<br />
Sozialdemokraten agieren,wenn das<br />
Vertrauen nicht mehr da sei, erklärte<br />
er. Auch den einfachen Sitz im Ausschuss<br />
hat er abgegeben. „Das ist nur<br />
konsequent“, so Kretschmer. Er sei<br />
aber bereit, in einem anderen Gremium<br />
mitzuarbeiten. Den Vorsitz übernimmt<br />
seine Parteigenossin Petra<br />
Tzschentke, die ihrem abwesenden<br />
Vorgänger für dessen langjährige<br />
Einsatz dankte.