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Über den Wolken, oder: Lob der Grenzen Es waren drei, vier einfach ...

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sich auch noch mit Freude selbst entblättern und kujonieren lassen, dann habe ich eher <strong>den</strong><br />

Eindruck, dass nicht unsere Freiheit grenzenlos ist, son<strong>der</strong>n unsere Ängste.<br />

Was ist das doch für ein eigentümliches Wort, die „<strong>Grenzen</strong>losigkeit“. Je<strong>der</strong>mann kennt<br />

<strong>Grenzen</strong> und ist überdies gut beraten, wenn er seine eigenen <strong>Grenzen</strong> akzeptiert, seien es<br />

die <strong>Grenzen</strong> <strong>der</strong> eigenen Leistungsfähigkeit, die <strong>Grenzen</strong> des guten Geschmacks, <strong>der</strong><br />

Toleranz, sogar die Grenze des Lebens: Wir sind alle sterblich und es ist besser, dies zu<br />

akzeptieren, statt auf eine „grenzenlose“ Medizin zu setzen. Im Alltag können wir nicht in<br />

einer Gesellschaft leben, ohne dass wir täglich und stündlich <strong>Grenzen</strong> akzeptieren; wer ohne<br />

Erlaubnis in die Wohnung seines Nachbarn eindringt, riskiert zu Recht eine Anklage wegen<br />

Hausfrie<strong>den</strong>sbruchs. Mir ist übrigens auch je<strong>der</strong> Mensch verdächtig, <strong>der</strong> von „grenzenloser“<br />

Liebe <strong>o<strong>der</strong></strong> „grenzenlosem“ Hass berichtet; beides scheinen mir eine unmenschliche Grössen<br />

zu sein. Das konkrete Leben <strong>der</strong> Menschen hat immer mit <strong>der</strong> Fähigkeit zu tun, <strong>Grenzen</strong> zu<br />

sehen und zu setzen. Und nur, weil unsere Sprache, die grosse Gauklerin, uns das Wort<br />

„<strong>Grenzen</strong>losigkeit“ zu Verfügung stellt, sollten wir ihr, <strong>der</strong> Sprache, doch nicht auf <strong>den</strong> Leim<br />

gehen. <strong>Grenzen</strong>loses Glück <strong>o<strong>der</strong></strong> absolute Sicherheit „gibt“ es nicht so, wie es Frühstück<br />

„gibt“ <strong>o<strong>der</strong></strong> meinetwegen eine knusprige Röschti zum Zmittag. <strong>Es</strong> ist das gute Recht <strong>der</strong><br />

Poeten, Philosophinnen und an<strong>der</strong>er Tagträumer, von grenzenloser Freiheit und an<strong>der</strong>en<br />

Schlaraffenlän<strong>der</strong>n zu träumen. Aber nicht alle Träume müssen auch umgesetzt wer<strong>den</strong>.<br />

Übrigens hat Reinhard Mey in seinem grenzenlosen „<strong>Wolken</strong>lied“ 1974 noch auf etwas ganz<br />

an<strong>der</strong>es hingewiesen, nämlich auf die Umweltverschmutzung unter <strong>den</strong> <strong>Wolken</strong>: „In <strong>den</strong><br />

Pfützen schwimmt Benzin / <strong>Wolken</strong> spiegeln sich darin“. Und man vergesse nicht: 1972 hat<br />

<strong>der</strong> Club of Rome seine Thesen über die „<strong>Grenzen</strong> des Wachstums“ publiziert. Doch auch<br />

das war nichts Neues: Schon bei Aristoteles, im 4. Jahrhun<strong>der</strong>t vor Christus, findet sich eine<br />

Warnung vor dem <strong>Grenzen</strong>losen. Alles hat seine richtige Grösse, we<strong>der</strong> zu klein noch zu<br />

gross.

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