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Schwerpunkt: <strong>BKU</strong>-Bundestagung in Dresden<br />
Wer Gesetze macht, muss Kosten tragen<br />
Professor Kirchhof skizzierte Reformbedarf in der Finanzverfassung<br />
„Wir haben zwar in den Grundstrukturen<br />
eine sehr gute Finanzverfassung“,<br />
sagte Ferdinand<br />
Kirchhof, Vizepräsident<br />
des Bundesverfassungsgerichts,<br />
bei der 64. <strong>BKU</strong>-Bundestagung<br />
in Dresden. Doch seit Erlass<br />
des Grundgesetzes seien etliche<br />
Probleme neu aufgeworfen worden,<br />
bei denen die Zuständigkeit<br />
und die Verantwortung für die<br />
Folgen der Entscheidungen auseinanderfielen.<br />
„Diese Fragen müssen wir dringend<br />
angehen“, sagte Kirchhof<br />
vor den mehr als 100 <strong>BKU</strong>-Mitgliedern,<br />
die vom 11. bis 13. Oktober<br />
zum Jahresthema „Eigentum<br />
und Verantwortung“ tagten und<br />
unterschiedliche Aspekte dieses<br />
Themas diskutierten.<br />
Ein Grundsatz der Finanzverfassung<br />
der Bundesrepublik sei,<br />
dass jede Körperschaft die Kosten<br />
ihrer Verwaltung trage. Das sei im<br />
Grundsatz richtig, denn es halte zu<br />
Sparsamkeit und effizienter Organisation<br />
der Abläufe an. „Doch<br />
wo der Bund Gesetze macht und<br />
Verwaltungsaufgaben für andere<br />
erst schafft, ist das grundfalsch“,<br />
sagte Kirchhof. Als Beispiel nannte<br />
er Sozialgesetze, etwa Ausweitungen<br />
des Bafög. Meist hätten die<br />
nachgeordneten Körperschaften<br />
ohnehin kaum Spielraum bei der<br />
Umsetzung, sodass der Effizienzgedanke<br />
nicht zum Tragen komme.<br />
Vom Grundsatz der Verwaltungskausalität<br />
sei daher zum Grundsatz<br />
der Gesetzeskausalität überzugehen:<br />
„Wer die Gesetze macht,<br />
muss auch ihre Kosten tragen“, forderte<br />
Kirchhof.<br />
Ein „Grundwebfehler in der Finanzverfassung“<br />
ist für Kirchhof<br />
der Länderfinanzausgleich. „Es<br />
klingt sympathisch, ja bündisch, in<br />
der Not füreinander einzustehen“,<br />
sagte Kirchhof. Doch der Ausgleich<br />
reagiere nur auf Defizite<br />
und stopfe Haushaltslücken. „So<br />
wird den Ursachen nicht auf den<br />
Grund gegangen“, sagte Kirchhof:<br />
Es werde nicht geklärt, ob die<br />
Gespannt verfolgten die Teilnehmer der <strong>BKU</strong>-Bundestagung den Vortrag<br />
des Verfassungsrichters.<br />
Foto: Gödde<br />
Mit dem Auseinanderfallen von Zuständigkeit und Verantwortung in der<br />
Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland problematisierte der<br />
Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts einen speziellen Aspekt<br />
des <strong>BKU</strong>-Jahresthemas Eigentum und Verantwortung. Foto: Bünnagel<br />
Erträge der Abgaben falsch zugeteilt<br />
oder Aufgaben falsch wahrgenommen<br />
werden. Probleme würden<br />
nicht gelöst, sondern eher<br />
noch verfestigt.<br />
Ein weiteres Problemfeld<br />
sind für Kirchhof sogenannte Dotationen<br />
des Staates an untergeordnete<br />
Gebietskörperschaften.<br />
„Es klingt zwar grundsätzlich gut<br />
und bürgernah, wenn der Bund<br />
den Ländern in Notfällen und Krisen<br />
unbürokratisch Hilfe zukommen<br />
lässt, etwa bei der Elbe-Flut“,<br />
sagte Kirchhof. Dies erfolge aber an<br />
den eigentlich verantwortlichen<br />
und kontrollierenden Gremien<br />
vorbei. Die Zuwendungen hingen<br />
von der Haushaltslage des Bundes<br />
und weiteren Zufällen ab. Zugleich<br />
führten die mit Auflagen verbundenen<br />
Dotationen das Föderalismusprinzip<br />
ad absurdum, da sie die<br />
Länderautonomie untergrüben.<br />
Sie nähmen den Empfängern die<br />
Autonomie über ihren Haushalt.<br />
Als Dotationen gewährte Anschubfinanzierungen<br />
liefen nach einigen<br />
Jahren aus, würden dann<br />
aber häufig weiter erhebliche Mittel<br />
aus dem Haushalt der zuvor beglückten<br />
Körperschaft binden.<br />
Dr. Vera Bünnagel<br />
4 <strong>BKU</strong>-Journal 4 2013