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Forum<br />
Den Schopf nicht im Sumpf versenken<br />
Fahrenschon fordert Subsidiarität bei der Bankenregulierung<br />
Europa steht in diesen Monaten<br />
vor wesentlichen Weichenstellungen.<br />
Dr. Georg Fahrenschon,<br />
<strong>BKU</strong>-Mitglied und Präsident<br />
des Deutschen Sparkassen- und<br />
Giroverbandes, kommentiert<br />
die anstehenden Reformen. Er<br />
plädiert für eine von EU-Seite<br />
koordinierte Nutzung etablierter<br />
nationaler Strukturen,<br />
statt zentrale europäische<br />
Behörden zu schaffen. Entscheidend<br />
sei, die einzelnen<br />
Märkte und Geschäftsmodelle<br />
zu berücksichtigen und Risiken<br />
nicht zu vergemeinschaften.<br />
Die Entscheidungen, die im Bereich<br />
Bankenregulierung bis zum<br />
kommenden Frühjahr getroffen<br />
werden sollen, werden die Zukunft<br />
der Europäischen Union erheblich<br />
beeinflussen. Dabei geht es<br />
um nicht weniger als die Frage, ob<br />
sich Europa künftig zu einem zentralistischen,<br />
in wesentlichen Punkten<br />
aus Brüssel gesteuerten Gebilde<br />
entwickelt oder ob Europa<br />
ein Zusammenschluss selbstbestimmter<br />
Staaten bleibt, die ihre<br />
Kräfte bündeln, um gestärkt aus<br />
der Krise zu kommen und wieder<br />
eines der wirtschaftlichen Kraftzentren<br />
weltweit zu sein.<br />
Die unterschiedlichen Linien<br />
lassen sich am Projekt der Bankenunion<br />
verdeutlichen. Dabei<br />
klingt der Begriff Bankenunion zunächst<br />
einmal harmlos, ja geradezu<br />
positiv – wer könnte etwas gegen<br />
eine Bankenunion haben, die<br />
dazu beiträgt, dass sich Europa am<br />
eigenen Schopf aus dem Krisensumpf<br />
zieht? Schaut man genauer<br />
hin, so wird aber schnell deutlich,<br />
dass diese Bankenunion mit ihren<br />
einzelnen Bausteinen mitnichten<br />
harmlos ist. Sie besitzt geradezu<br />
das Potenzial, auch den Schopf<br />
noch in den Sumpf zu versenken.<br />
Das Projekt ist, nüchtern betrachtet,<br />
der Versuch der EU-<br />
Kommission, möglichst viel Macht<br />
Dr. Georg Fahrenschon. Foto: Himsel<br />
auf der europäischen Ebene zu<br />
zentralisieren. Der Zeitpunkt<br />
scheint günstig gewählt, denn im<br />
Jahr sieben der europäischen Krise<br />
hat die Hoffnung einzelner Länder<br />
spürbar zugenommen, die Lösung<br />
der jeweils eigenen wirtschaftlichen<br />
Probleme auf europäischer<br />
Ebene zu finden.<br />
Und Brüssel ist gewillt, diesem<br />
Ansinnen mit der Bankenunion<br />
nachzukommen. Deren erste und<br />
inzwischen am weitesten fortgeschrittene<br />
Säule ist die zentrale<br />
Bankenaufsicht. Ihr sollen ab<br />
Herbst 2014 insgesamt 128 Kreditinstitute<br />
aus der Eurozone unterliegen.<br />
Dabei ist es – entgegen<br />
den ursprünglichen Vorstellungen<br />
der EU-Kommission – richtig<br />
gewesen, der EZB nur die Aufsicht<br />
über die systemrelevanten Kreditinstitute<br />
zu übertragen. Für<br />
die großen, weltweit tätigen Bankkonzerne<br />
ist eine Aufsicht auf<br />
Augenhöhe, wie sie die EZB leisten<br />
kann, eine richtige und wichtige<br />
Konsequenz aus den Fehlern<br />
der Vergangenheit.<br />
Die EZB ist aber sicher nicht in der<br />
Lage, die Aufsicht über alle gut<br />
6.000 Kreditinstitute der Eurozone<br />
zu übernehmen. Denn Aufsicht<br />
muss dort stattfinden, wo die<br />
Geschäfte gemacht werden. Sie<br />
muss dem jeweiligen Geschäftsmodell<br />
Rechnung tragen und es<br />
nachvollziehen können. In dem<br />
nun verfolgten Aufsichtsmodell<br />
behält sich die EZB das Recht<br />
vor, in besonderen Fällen die Aufsichtsbefugnis<br />
auf die „Kleinen“<br />
auszudehnen. Man wird darauf<br />
achten müssen, dass diese Befugnis<br />
nicht zu extensiv genutzt wird<br />
und die Zahl der zentral beaufsichtigten<br />
Institute nicht schleichend<br />
steigt.<br />
Dass die Institute, die unter die<br />
EZB-Aufsicht fallen, im Vorfeld fit<br />
für diesen Schritt gemacht werden,<br />
ist nachvollziehbar. Es wird aber<br />
darum gehen, sowohl die Bilanzüberprüfung,<br />
also das sogenannte<br />
Balance Sheet Assessment, als<br />
auch die vorgelagerten Stresstests<br />
richtig auszugestalten. Zum einen<br />
sollten die entsprechenden<br />
Risikoportfolien länderspezifisch<br />
statt länderübergreifend ausgewählt<br />
und bewertet werden. Zum<br />
anderen sollten die Stressszenarien<br />
diejenigen Kapitalregeln zugrunde<br />
legen, die zum Zeitpunkt des<br />
Tests Gültigkeit haben. Man darf<br />
gespannt sein, was EZB und EBA<br />
sich hier einfallen lassen.<br />
Neben einer gemeinsamen<br />
Aufsicht für große Bankkonzerne<br />
muss es möglich sein, dass erfolglose<br />
Banken aus dem Markt<br />
ausscheiden und abgewickelt werden.<br />
Auch dies sollte auf nationaler<br />
Ebene erfolgen. Nicht zielführend<br />
wäre es, eine neue Zentralbehörde<br />
zur Bankenabwicklung<br />
zu schaffen. Ihr fehlte jegliche demokratische<br />
Legitimation. Der<br />
Apparat würde entscheiden, wer<br />
abgewickelt wird – und wer zahlt.<br />
Zudem wäre eine solche Riesenbehörde<br />
für ganz Europa kaum<br />
vernünftig zu steuern. Anstelle<br />
des schnellen Eingriffs „vor Ort“<br />
müsste bei Schieflage eines Instituts<br />
immer der Gremienmechanismus<br />
bemüht werden. Vorgesehen<br />
ist ein kompliziertes<br />
Geflecht von Empfehlungen ➞<br />
22 <strong>BKU</strong>-Journal 4 2013