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Initiativen und Ideen<br />
Zentrale Rolle der Kirche bei Sozialreformen<br />
Althammer-Vortrag bei Höffner-Gesellschaft: Sozialpolitik und Demografie<br />
Der Sozialethik Joseph Kardinal<br />
Höffners hat sich die<br />
durch das langjährige <strong>BKU</strong>-<br />
Mitglied Professor Dr. Lothar<br />
Roos gegründete Joseph-<br />
Höffner-Gesellschaft verschrieben.<br />
Anlässlich des 26. Todestages<br />
Höffners lud die Gesellschaft<br />
gemeinsam mit dem Diözesanrat<br />
der Katholiken am<br />
20. Oktober zur Diskussion<br />
über „Dringliche Aufgaben der<br />
Sozial- und Familienpolitik angesichts<br />
des demographischen<br />
Wandels“ ein.<br />
Höffner habe eine entscheidende<br />
Rolle bei der „Mitgestaltung“ der<br />
Sozialgesetzgebung der Bundesrepublik<br />
Deutschland gespielt, betonte<br />
Weihbischof Manfred Melzer<br />
im Pontifikalamt.<br />
Lothar Roos, Geistlicher Berater<br />
des <strong>BKU</strong>, betonte: „Wir werden ärmer<br />
an Kindern, ärmer an Moral<br />
und ärmer an Glauben. Und die<br />
Armut an Glauben, das lässt sich<br />
empirisch nachweisen, ist die<br />
Hauptursache für die Armut an<br />
Kindern und an Moral. Wie gehen<br />
wir mit einer solchen Situation um,<br />
für die es in der gesamten Geschichte<br />
der modernen Gesellschaft<br />
bisher kein Beispiel gibt?“<br />
Roos verwies auf Benedikt XVI.,<br />
der als vorrangige Aufgabe des<br />
Staates nenne, „für Gerechtigkeit<br />
zu sorgen“.<br />
Professor Dr. Jörg Althammer<br />
konkretisierte diese Aufgabe. Die<br />
stärkste Rezession der Nachkriegsgeschichte<br />
im Jahre 2008<br />
habe Deutschland durch sozialpolitische<br />
Maßnahmen wie das Kurzarbeitergeld<br />
überwunden. „Das<br />
hat deutlich gemacht, welch hohes<br />
Gut unser Sozialstaat ist und wie<br />
unverzichtbar für Wirtschaft und<br />
Gesellschaft“, so Althammer.<br />
Diskutierten dringliche Aufgaben der Sozialpolitik: Prof. Dr. Manfred<br />
Spieker, der in Osnabrück Christliche Sozialwissenschaften lehrt, Thomas<br />
Nickel, Vorsitzender des Diözesanrates der Kölner Katholiken,<br />
Prof. Althammer, Prof. Dr. Ursula Nothelle-Wildfeuer, die Christliche<br />
Gesellschaftslehre in Freiburg lehrt, Werner Münch, Ex-Ministerpräsident<br />
Sachsen-Anhalts, und Prof. Roos.<br />
Foto: Dick<br />
Ebenso unverzichtbar seien allerdings<br />
tiefgreifende Reformen<br />
des Sozialstaats, appellierte er an<br />
die neue Bundesregierung. Wichtig<br />
sei, in sozial gerechter und gesellschaftlich<br />
akzeptabler Weise<br />
zu reformieren. Dabei spielten die<br />
Kirchen eine zentrale Rolle.<br />
Die abnehmende und alternde Bevölkerung<br />
habe gravierende Auswirkungen<br />
auf den gesellschaftlichen<br />
Generationenvertrag, der<br />
den umlagefinanzierten Sozialversicherungen<br />
zugrunde liegt.<br />
Hier seien Anpassungen notwendig,<br />
die jedoch den sozialen Ausgleich<br />
und den sozialen Zusammenhalt<br />
nicht gefährden dürften.<br />
Der Anstieg des Renteneintrittsalters<br />
sei sozial gerecht und<br />
längst überfällig, sagte Althammer,<br />
der an der Katholischen Universität<br />
Eichstätt-Ingolstadt lehrt.<br />
Die Menschen würden immer älter,<br />
die zusätzlichen Lebensjahre<br />
dürften nicht einseitig der Rentenzeit<br />
zugeordnet werden. Althammer<br />
forderte für die Zukunft<br />
die Rente mit 70 Jahren. Für bestimmte<br />
Berufsgruppen seien jedoch<br />
flexible Lösungen notwendig.<br />
Eine kinderarme Gesellschaft müsse<br />
Abstriche machen. Denn die<br />
Kinder von heute seien die Beitrags-<br />
und Steuerzahler von morgen.<br />
Althammer plädierte nachdrücklich<br />
für eine Stärkung der Familien<br />
und kritisierte, dass der<br />
Beitrag von Eltern in der Sozialversicherung<br />
nicht angemessen<br />
berücksichtigt werde. Ein Weg<br />
wäre die Ausweitung der Rentenansprüche<br />
für Erziehungszeiten<br />
in der gesetzlichen Rentenversicherung.<br />
Das Ehegattensplitting sei<br />
steuersystematisch gerechtfertigt<br />
und unverzichtbar. Althammer<br />
warnte vor Änderungen oder gar<br />
einer Abschaffung. Die Ehe sei<br />
eine auf Dauer angelegte Verbrauchs-,<br />
Wirtschafts- und Erwerbsgemeinschaft,<br />
in der die Ehepartner<br />
gegenseitige Verpflichtungen<br />
eingehen. Damit gingen<br />
Einschränkungen der steuerlichen<br />
Leistungsfähigkeit einher, die im<br />
Splitting abgebildet werden.<br />
Zugleich sei die Ehe noch immer<br />
regelmäßig die Grundlage der Familiengründung.<br />
Da Familien<br />
durch die Kindererziehung einen<br />
besonderen Stellenwert für den<br />
Sozialstaat hätten, gelte es, sie<br />
über die Sicherstellung von Steuergerechtigkeit<br />
hinaus gezielt zu<br />
fördern, forderte Althammer.<br />
Christian Dick<br />
20 <strong>BKU</strong>-Journal 4 2013