Tennis in huchting - Tennisverein Süd

36 unterwegs
Tennis im Fernen Osten
Oliver Harms vom TV Süd schreibt aus Peking
Schon seit sieben Jahren lebt Oliver
Harms in Chinas Hauptstadt Peking.
Als Leiter einer deutschen Investmentbank
ist er regelmäßig in ganz Asien
unterwegs. Zum Tennisspielen kommt
er selbst schon lange nicht mehr,
verfolgt den Sport aber, der in Asien
immer populärer wird, ganz genau.
Liebe TV-Süder,
ich sende euch beste Grüße aus dem
Fernen Osten. Seit sieben Jahren arbeite
und lebe ich in Peking und leite das Chinabüro
einer deutschen Investmentbank,
die zu Deutschlands drittgrößter Bank,
der KfW, gehört. Mein Job ist spannend
und sehr abwechslungsreich und hat
mich in den letzten Jahren durch ganz
China und halb Asien geführt. Da der
TV Süd aber keine Bank ist, möchte ich
euch nicht mit solchen Details langweilen.
Ich werde also über Tennis schreiben.
Da meine Tenniskarriere seit sieben
Jahren ruht (mein letzter Wettkampf war
ein siegreiches Doppel mit Oliver Otto
gegen zwei Chinesen und einen Hund in
Peking), schreibe ich über aktive Spieler.
Asien, das noch vor sechs Jahren wenige
Stars anlockte, steht heute fest im
Kalender der Top-Spieler. Einmal mehr
hat China eine entscheidende Rolle bei
dieser Entwicklung gespielt. Ein gutes
Beispiel sind die China Open, die noch
im Jahre 2007 im Vorort Fengtai im
Süden Pekings in einem kleinen, fast
gemütlichen Tennisclub ausgetragen
wurden. Damals stellte man sich als Zuschauer
(ausländische Zuschauer gab es
so gut wie keine) einfach an den Zaun
und gab den Spielern und Spielerinnen,
den Trainern, Müttern und Vätern der
Spielerinnen Tipps.
Im September 2007 kam ich gerade
aus New York von den US-Open nach
Peking zurück und trug bei den China
Open standesgemäß ein T-Shirt mit dem
Logo der US-Open 2007. Mein Outfit,
meine Tipps sowie meine chinesischen
Sprachkenntnisse führten dazu, dass ich
auf die Chinesen wie ein amerikanischer
Talentsucher wirken musste. Ich wurde
fotografiert und musste Interviews
geben. Über die Spielerin Peng Shuai
sagte ich, dass sie sich ihre beidhändige
Vor- und Rückhand abgewöhnen müsse,
wenn sie sich verbessern wolle, da sie immer
einen Schritt zu langsam sei. Meine
„Analyse“ beruhte auf einer höchstens
zweiminütigen Beobachtung ihres Matches.
Peng Shuai und ihre Mutter haben
nicht auf mich gehört, aber Peng Shuai
wurde trotzdem 2013 mit ihrer taiwanischen
Partnerin im Juli 2013 Wimbledon-
Siegerin im Doppel. Im Einzel nicht. Da
fehlt ihr noch immer ein Schritt. Ich hatte
also doch Recht!
Einer anderen Spielerin gab ich den
Ratschlag, sich beim Return näher an
die Grundlinie zu stellen. Sie schaute
mich völlig entgeistert an und bekam
anschließend noch eine Verwarnung
vom Schiedsrichter. Warum? Wegen Coachings
durch mich! Ich fand das ungemein
lustig, sie nicht. Sie verlor das Spiel
und wir uns anschließend aus den Augen.
Aber diese Zeiten sind vorbei. Heute, im
Jahre 2013 bietet China mit den Turnieren
in Peking und Shanghai Wettkämpfe
auf absolutem Top-Niveau an. Die China
Open sind ein ATP 500-Turnier, das mit
2,3 Millionen Dollar bei den Herren dotiert
ist und bei den Damen in der WTA-
Ausführung mit sensationellen 5,2 Millionen
Dollar (das liegt daran, dass China
Top-Spielerinnen hat, die hier tatsächlich
gewinnen können, während die Männer
nach wie vor chancenlos sind).
Die Flughafenautobahn ist seit Anfang
September bereits mit Postern der Spieler
und Spielerinnen dekoriert. Die Ankündigungen
lassen auf ein Top-Feld schließen:
Bei den Herren werden Djokovic, Ferrer
und Haas den Weg nach Peking beschreiten.
Auch Rafael Nadal wird kommen. Er
hat beste Erinnerungen an Peking und
die Wettkampfstätte. Gespielt wird im
Olympic Park und dort wurde Nadal 2008
Olympiasieger. Aber auch Djokovic wird
hier selbstbewusst aufschlagen. Er hat
hier immerhin schon dreimal gewonnen:
2009, 2010 und 2012.
Bei den Damen werden sich Serena
Williams und Maria Scharapova
die Ehre geben. Und natürlich Chinas
Superstar Li Na. Mittlerweile ist sie selbst
Grand Slam-Siegerin. 2011 gewann sie
die French Open und seitdem zeigt sie
immer wieder, dass sie sich in den Top 10
zu Recht festgesetzt hat.
In der Folgewoche zieht der Tross der
Tennisspieler nach Shanghai weiter.
Shanghai ist im ATP-Kalender mittlerweile
zu einem Turnier der Masters-1000-
Serie aufgestiegen. Das Preisgeld beträgt
fast 4 Millionen Dollar. Neben Djokovic
und Nadal kommen auch Murray und
der Großmeister: Maitre Roger. Der große
Federer, kommt jedes Jahr in die Metropole
am Jangtsekiang mit seinen 22
Millionen Einwohnern. Shanghai ist meine
alte Heimat. Ich habe dort von 1996
bis 2000 gelebt und gearbeitet. Dort, in
Shanghai, sah ich den Großmeister King
Roger bereits zweimal ATP-Weltmeister
werden und ich werde ihn dieses Jahr
dort wieder sehen. Meine Karte ist bereits
gekauft.
Ich weiß nicht, ob ich irgendwann wieder
aktiv Tennis spielen werde, aber ich
weiß, dass Tennis der beste Sport der Welt
ist. Es ist das ultimative Duell zwischen
zwei Spielern oder Spielerinnen. Die
Faszination Tennis ist bei mir ungebrochen.
Zumindest als Zuschauer werde ich
diesem Sport noch lange die Treue halten.
Oliver Harms