Das war Gießen 2013 - Gießener Allgemeine
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Zwischen Obduktion<br />
und Hörsaal<br />
Foto: Glinke<br />
Professor Dr. Dr. Reinhard B. Dettmeyer hat viel zu tun. «Wir sollten gleich<br />
einen Ausweichtermin vereinbaren. Es kann immer sein, dass ich kurzfristig<br />
obduzieren muss«, sagt der Leiter des Instituts für Rechtsmedizin<br />
der Universitätskliniken <strong>Gießen</strong> und Marburg in der Frankfurter Straße in<br />
<strong>Gießen</strong>. Im Interview mit dem streifzug spricht er über die Vielseitigkeit<br />
seiner Arbeit, erläutert das Vorgehen am Tatort und klärt auf, dass es<br />
einen Unterschied zwischen Pathologen und Rechtsmedizinern gibt.<br />
Aus dem »Tatort« wissen wir, dass Sie als Rechtsmediziner<br />
Leichen aufschneiden. Was gehört denn<br />
noch zu Ihren Aufgaben? Natürlich gehören die Obduktionen<br />
bei Todesfällen und die Klärung der Ursachen<br />
zum Spektrum. Dazu kommen Gewaltopferuntersuchungen,<br />
etwa bei Kindesmisshandlungen oder nach<br />
Schlägereien oder Messer stechereien. Dabei untersuchen<br />
wir das Opfer und den vermeintlichen Täter. Fälle<br />
häuslicher Gewalt gehören dazu. Des Weiteren gibt es<br />
noch die Blutalkoholbestimmung und Toxikologie, außerdem<br />
den Bereich der Spurenanalytik. Darüber hinaus<br />
machen wir Vaterschaftsgutachten und betreiben<br />
an der Universität Forschung und Lehre. Angehende<br />
Polizisten kommen mehrmals im Jahr zu Lehrobduktionen<br />
zu uns. Bei Feuerbestattungen schreibt der Gesetzgeber<br />
eine zweite Leichenschau vor, bei der die Angaben<br />
auf dem Totenschein noch einmal überprüft<br />
werden. Auch das gehört zu unseren Aufgaben.<br />
Angenommen, es ereignet sich eine Messerstecherei.<br />
Wie läuft Ihre Arbeit ab? Wenn die Verletzungen<br />
schwer sind, kommen die Beteiligten zunächst ins<br />
Krankenhaus. Die medizinische Versorgung hat immer<br />
Vorrang. Parallel ruft uns die Polizei an und bittet um<br />
rechtsmedizinische Untersuchung. Wenn es leichte<br />
Verletzungen sind, kann die Untersuchung auch auf<br />
der Polizeiwache stattfinden oder die Polizei kommt<br />
mit dem Opfer zu uns in die Ambulanz. Häufig muss<br />
die Untersuchung gar nicht unmittelbar nach der Tat<br />
stattfinden, denn Verletzungen, gerade Hämatome,<br />
werden im Laufe von Stunden meistens deutlicher. Die<br />
Untersuchung findet oft im Beisein des Erkennungsdienstes<br />
statt, der die Verletzungen dann auch fotografisch<br />
dokumentiert. Die Polizei macht die Vernehmungen,<br />
wir bekommen das Protokoll und schreiben ein<br />
Gutachten – so weit wir dazu Stellung nehmen<br />
können.