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Das war Gießen 2013 - Gießener Allgemeine

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BLICK IN DIE REGION<br />

Die Hungener Käsescheune<br />

In der Käsescheune in Hungen wird Handwerkskunst zum Erlebnis. Unter dem Dach<br />

eines Fachwerkensembles in der Brauhofstraße 3 – 7 im historischen Herzen der<br />

Stadt Hungen ist eine Schaukäserei entstanden. Es gibt Räume für Käseseminare und<br />

-verkostungen, Reifekeller, einen Gastraum, einen Laden sowie den »Erlebnisraum<br />

Schaf und Natur – Unterwegs in den Wetterauer Hutungen«. Führungen, Seminare,<br />

Verkostungen und Schaukäsen oder geführte Erlebniswanderungen werden angeboten.<br />

Die Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag von 9 bis 23 Uhr. Weitere Informationen<br />

im Internet unter www.hungener-kaesescheune.de.<br />

Celsius zu erwärmen. Nicht 33,8 Grad und<br />

auch nicht 35,1. Sicher ist sicher. Während<br />

ich die Milch auf kleiner Flamme langsam<br />

erwärme und mit einem Schneebesen rühre,<br />

und mit der anderen Hand das elektrische<br />

Thermometer in den Topf halte, stelle ich mir<br />

schon vor, wie er aussehen wird. Mein Käse.<br />

Ich kann ihn sogar schon schmecken. Und<br />

ich freue mich, mal etwas selbst zu machen.<br />

Dank der Anleitung und den Profiutensilien<br />

sollte es doch klappen. Schließlich hat Käsemeister<br />

Rainer Wechs aus Hungen das Käseset<br />

ganz bewusst ins Sortiment der Käsescheune<br />

aufgenommen. Er möchte, dass die<br />

Menschen erleben, wie Lebensmittel entstehen.<br />

Auch ein Grund, <strong>war</strong>um er in der Hungener<br />

Käsescheune selbst Seminare anbietet,<br />

in denen er Käse macht. Ich versuche es aber<br />

erstmal lieber alleine.<br />

Also weiter im Rezept, denn die Milch hat<br />

die richtig Temperatur erreicht. Als nächstes<br />

sollen das mit Wasser verdünnte Lab und<br />

vier Esslöffel Buttermilch in die <strong>war</strong>me Milch<br />

eingerührt werden. Dann heißt es <strong>war</strong>ten.<br />

Nach rund einer Dreiviertelstunde prüfe ich<br />

voller Spannung und mit zusammengekniffenen<br />

Lippen und wachen Augen mit der Spitze<br />

des Messers vorsichtig, ob sich die Gallerte<br />

vom Rand lösen lässt, also ob die Milch<br />

schon dickgelegt ist. Nein, ist sie nicht. Also<br />

weiter <strong>war</strong>ten.<br />

Ich habe Zeit, um nachzudenken, was für ein<br />

tolles Ding die Käsescheune ist. Denn dort<br />

können Besucher durch große Glasscheiben<br />

direkt in die Sennerei schauen und sehen,<br />

wie Käse entsteht. Der wird dann im sogenannten<br />

Affinagekeller, also einem Keller, in<br />

dem der Käse veredelt wird und reift, gelagert,<br />

bis er im Laden verkauft wird. Alles unter<br />

einem Dach. <strong>Das</strong> ist hessenweit einmalig.<br />

Außerdem gibt es in der Hungener Käsescheune<br />

auch ein Informationszentrum, eine<br />

Art kleines Museum, in dem gezeigt wird,<br />

wie die Schafshaltung die Wetterauer Landschaft<br />

mit ihrer Tier- und Pflanzenwelt seit<br />

Jahrhunderten prägt. In Zusammenarbeit mit<br />

der Stadt Hungen werden auch Wanderungen<br />

über die Wetterauer Hutungen, also die<br />

Weideflächen der Schafe, angeboten. Natürlich<br />

mit Einkehr in der Käsescheune, denn<br />

Vinothek und Restaurant gibt es auch.<br />

Mittlerweile ist mein Käse bereit, in Bruch<br />

geschnitten zu werden. Denn die Milch ist<br />

dick. Ich nehme ein Messer und schneide<br />

beherzt längs und quer durch die Masse.<br />

Die erste Molke löst sich vom Rest und tritt<br />

aus. Danach heißt es wieder <strong>war</strong>ten, bis ich<br />

nach rund 15 Minuten den Bruch mit einem<br />

Teigschaber von unten nach oben vorsichtig<br />

umrühren darf. Dann noch mal die Stücke<br />

mit dem Messer kleiner schneiden und, na<br />

klar, <strong>war</strong>ten.<br />

Erst jetzt kommen die Kräuter und das Salz<br />

zum Einsatz. Ich streue so viel in den Topf bis<br />

ich denke, dass es reicht. Pi mal Daumen. Im<br />

Dank Einsteigerset<br />

sind die<br />

Utensilien bald<br />

zusammen<br />

Waschbecken schütte ich die Masse nun in<br />

die Käseform, sodass die Molke direkt in den<br />

Abfluss laufen kann. Im Abstand von 30 Minuten,<br />

zwei Stunden und vier Stunden stürze<br />

ich die Käsemasse anschließend von Form zu<br />

Form, sodass sie jedes auf den Kopf gedreht<br />

wird. Über Nacht muss der Käse dann ruhen<br />

– in einem Suppenteller, sodass weitere Molke<br />

auslaufen kann. Am nächsten Morgen<br />

werde ich überrascht sein, wie wenig Käse<br />

von drei Litern Milch übrig geblieben ist.<br />

Aber lecker sieht er aus.<br />

Zum Abschluss reibe ich den Käse mit Salz<br />

ein. Nach einem weiteren Tag Lagerung ist er<br />

fertig. Nun könnte ich ihn in Salzlake oder<br />

Öl einlegen, um ihn haltbar zu machen. Darauf<br />

verzichte ich aber, denn ich will wissen,<br />

wie er pur schmeckt. Meine Er<strong>war</strong>tungen<br />

sind übrigens nicht besonders groß, denn sie<br />

wurden schon im Rezept auf Babybelgröße<br />

reduziert. »Alle Käsesorten sind oft durch Zufälle<br />

des Käsers oder der Natur entstanden –<br />

lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn der<br />

eine oder andere Käse nicht Ihren Vorstellungen<br />

entspricht – er ist immer essbar und entfaltet<br />

oft die tollsten Geschmäcker«, hieß es<br />

da. Nach dem ersten Biss bin ich positiv<br />

überrascht. Z<strong>war</strong> hätte etwas mehr Salz gutgetan,<br />

aber mein erster eigener Käse ist echt<br />

lecker. Nachmachen empfohlen.<br />

Constanze Schleenbecker-Büttner<br />

1/2014 streifzug 23

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