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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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§ 14<br />

83<br />

<strong>Die</strong> Identifizierungs-Orgie als Folie der Identifizierungs-Störung —<br />

Der Jazz als industrieller Dionysos-Kult<br />

<strong>Die</strong> auch heute noch vielfach als „negroid" abgefertigte Jazzmusik<br />

verdankt ihr Dasein nicht etwa nur (wenn überhaupt) der<br />

„Blutserinnerung an Wüste und Urwaldtrommel"; vielmehr ist<br />

sie (min<strong>des</strong>tens zugleich) „Maschinenmusik", das heißt: eine<br />

Musik, die diejenigen Tänze in Gang bringt, die dem <strong>Menschen</strong><br />

der industriellen Revolution angemessen sind. Was im Jazz<br />

Stimme geworden ist, ist nicht nur die „Dumpfheit archaischer<br />

Existenz" oder die „Gier <strong>des</strong> aufheulenden Geschlechts", sondern<br />

immer zugleich die Obstinatheit <strong>des</strong> präzise arbeitenden Stanzwerks,<br />

das das Glissando der Animalität ungerührt und säuberlich<br />

in immer gleiche Stücke zerschneidet.<br />

Im ersten Augenblick mag es so aussehen, als hatten sich die<br />

zwei feindlichen „Es"-Mächte, die „Macht <strong>des</strong> Grun<strong>des</strong>" und die<br />

<strong>des</strong> „Dinges", die <strong>des</strong> Geschlechts und die der Maschine, im Hochgefühl<br />

ihres solidarischen Hohns gegen das Ich, einander widersprechend<br />

und einander bestärkend, einander zerfleischend und einander<br />

aufpeitschend, verbündet, um in orgiastisch gewordener<br />

Mechanik und in mechanisch gewordenem Orgasmus das Ich zwischen<br />

sich zu zermahlen. Aber ihr letztes Ziel hat die Maschine,<br />

als sie diese ihre abenteuerliche Allianz einging, damit nicht erreicht.<br />

Ihr letztes Ziel ist es eben, das Geschlecht selbst zu liquidieren.<br />

Wenn sie sich mit diesem in Kontakt setzte, so nicht, um mit<br />

ihm zusammenzuarbeiten, sondern um <strong>des</strong>sen aufgestaute Gewalt<br />

in Energie ihrer eigenen Art überzuführen: also die Tänze zu<br />

Transformationsprozessen zu machen und die Tanzenden zu Transformatoren,<br />

deren Pflicht nun darin besteht, die animalischen in<br />

mechanische Energien umzuwandeln.<br />

Damit ist natürlich nicht behauptet, daß aus der im Tanz gewonnenen<br />

Vitalenergie maschineller Nutzwert gezogen werde.<br />

Aber die Maschine macht doch, da sie bei ihrem autokratischen<br />

Anspruch andere Energien neben sich nicht duldet, die überschüssige<br />

Vitalkraft durch die Frenesie <strong>des</strong> Tanzes frei und bringt diese

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