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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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<strong>Die</strong> Welt hat Augen 81<br />

sich die gespensterhaften Lebensbedingungen auf einer verdunkelten<br />

anderen Welt vor Augen geführt zu haben. —<br />

Nein, zu glauben, daß wir die Dinge auf Grund ihrer „Blindheit"<br />

als Instanzen nicht anerkennen können, ist völlig unberechtigt.<br />

Dafür sind wir, solange wir unbefangen bleiben, ihrer Blindheit<br />

gegenüber viel zu blind. Daß der Mensch argumentiere: „<strong>Die</strong><br />

Dinge sehen mich nicht — ergo habe ich es nicht nötig, mich vor<br />

ihnen zu schämen" ist bloße Theorie. Ob ein „Ergo" hier überhaupt<br />

angenommen werden muß, ist die Frage. Wenn aber, dann<br />

vermutlich ein ganz anderes; dann wohl eines, das bezeugt, daß<br />

unser Folgerungsmechanismus in umgekehrter Uhrzeiger-Richtung<br />

abläuft. Dann wohl das Ergo: „Ich schäme mich vor dem,<br />

was mir überlegen ist, ergo sieht es mich."*<br />

<strong>Die</strong> Elemente <strong>des</strong> Einwands stellen sich also als höchst fragwürdig<br />

heraus. Wichtiger als ihnen weiter nachzugehen, ist es, zu<br />

prüfen, ob die „prometheische Scham" jener Bedingung genügt,<br />

die wir als das Wesen von Scham erkannt hatten: ob also auch sie<br />

sich als „Identifizierungsstörung" enthüllt; als eine scheiternde<br />

Identifizierung <strong>des</strong> „Ich mit dem Es" oder <strong>des</strong> „Es mit dem Ich".<br />

Nicht grundlos hatten wir, als wir vorhin das „Es" einführten,<br />

diesen Begriff in äußerster Unbestimmtheit belassen: uns also darauf<br />

beschränkt, mit dem Ausdruck all dasjenige zu bezeichnen, was<br />

das Ich (wie es perplex in seinen Selbstbegegnungen feststellt) nolens<br />

volens „mit-ist", obwohl dasjenige, was es da mit-ist, nicht<br />

es selbst ist. Den Begriff näher zu bestimmen, hatte sich <strong>des</strong>halb<br />

verboten, weil Seien<strong>des</strong> verschiedenster Art {der Leib, die Gattung,<br />

das „man") als derartiges „Es" aufgetaucht war; aber wir hatten<br />

uns mit dieser Unbestimmtheit auch zufriedengeben dürfen, weil<br />

wir ja ausschließlich an dem „Mitgift-Charakter" <strong>des</strong> „Es" interessiert<br />

waren: an der Identifikationsstörung also, die eintritt, wenn<br />

das Ich sich als „Es" vorfindet. Denn in dieser Störung oder Verstörung<br />

hatten wir ja das Wesen der Scham erkannt. <strong>Die</strong> Unterstellung,<br />

daß dem, so verschiedene Phänomene anzeigenden, Ausdruck<br />

„Es" etwas ontologisch Homogenes entspreche, liegt uns<br />

fern. Sie wäre sinnlos. —<br />

6 Anders

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