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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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46 Über prometheische Scham<br />

iuris und die quaestiones facti (auch die der metaphysischen Faklen)<br />

nachträglich noch einmal auf einen Generalnenner bringen zu<br />

wollen. Der Philosophie, namentlich Kant, der die Tatsache ja endgültig<br />

formuliert hat, aus seiner Zerspaltung der „Vernunft" in<br />

zwei Teile einen Vorwurf zu machen (wie es seit Paulsen synthesefreudige<br />

Baukastensystematiker immer wieder getan haben) ist<br />

lächerlich. Durch die Naturwissenschaften hat sich uns die Welt<br />

in ein Ding „jenseits von Gut und Böse" verwandelt; so daß nun<br />

die Probleme der Moral, und nicht nur deren „Probleme", sondern<br />

vor allem unsere „moralischen" und „unmoralischen" Handlungen<br />

selbst, ob wir es wollen oder nicht, wurzellos im Ozean <strong>des</strong> moralisch<br />

indifferenten Seins herumtreiben, gewissermaßen als „metaphysische<br />

Schnittblumen", die außer uns <strong>Menschen</strong> nichts und niemanden<br />

etwas angehen, und über deren Folgenlosigkeit wir uns<br />

nicht die min<strong>des</strong>ten Illusionen machen dürfen.* — Ich sage aber<br />

„wurzellos": denn Kants Chance, aus der Tatsache der Nichtzugehörigkeit<br />

(oder nur halben Zugehörigkeit) gerade das metaphysische<br />

Positivum, die „Freiheit" zu machen, haben wir ja gleichfalls<br />

verloren. — Lustig ist das Leben <strong>des</strong> Moralisten heute nicht.<br />

<strong>Die</strong> bestehenden „Arten" (damit auch die Spezies „Mensch"),<br />

deren Eidos und deren morphologische Konstanz, <strong>des</strong>halb weil sie<br />

sind wie sie sind, als etwas „Gutes" oder „Verbindliches" zu betrachten<br />

und nachträglich zu sanktionieren (bzw. deren Verwandlung<br />

als etwas „kosmisch Unerlaubtes" zu verwerfen) liegt mir also<br />

ganz ferne. Um so ferner, als die Natur selbst ja offenbar höchst<br />

mutationsfreudig ist, auf die Konstanz fester Arten keinen allzugroßen<br />

Wert zu legen scheint, kurz: weil die Existenz ewiger Spezies<br />

also gar nicht feststeht. — Aber selbst wenn diese feststünde,<br />

selbst wenn sich die diversen Spezies bis heute bewiesenermaßen<br />

als die, die sie immer gewesen, durchgehalten hätten — moralisch<br />

beweiskräftig wäre diese Hartnäckigkeit ja auch nicht, da eben<br />

die quaestiones iuris von den quaestiones factorum unabhängig<br />

sind; in anderen Worten: da was ist, eben nicht obligatorisch ist. —<br />

Nein, grundsätzlich neu und unerhört ist die Alterierung unseres<br />

Leibes nicht <strong>des</strong>halb, weil wir damit auf unser ,morphologi-

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