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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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Dingen nur ist Stolz erlaubt 27<br />

nähme, daß der homo faber vor seinen Fabrikaten, der Produzent<br />

vor seinen Produkten erröte, ist absurd."<br />

Entgegnung: <strong>Die</strong>ser Einwand ist rhetorisch. <strong>Die</strong> verwendeten<br />

Solidarisierungswörter „wir" und „unser" bleiben verbal. Daß<br />

„wir" stolz sind, ist nicht wahr. Wer ist „wir"?<br />

Wenn überhaupt jemand ein Recht auf ein solches „wir" hätte,<br />

dann allein die Minorität der Forscher, Erfinder und Experten, die<br />

die arcana wirklich beherrschen. Aber wir, d. h. 99 % der Zeitgenossen,<br />

haben die Apparate (z. B. die kybernetischen) nicht „gemacht";<br />

als „unsere" Leistungen begegnen sie uns nicht, sondern als befremdliche;<br />

und eigene Produkte sind niemals befremdlich. Selbst<br />

wenn wir an ihrer Herstellung teilgenommen hätten, als deren<br />

stolze Kreatoren würden wir uns nicht fühlen. Auch diejenigen,<br />

die die Gerät- und Produktewelt wirklich erzeugen: die Arbeiter,<br />

sind ja nicht stolz auf „ihr" Ergebnis. Und zwar <strong>des</strong>halb nicht, weil<br />

die Produktionsprozesse in soviele Einzelakte zerfallen, daß für<br />

Stolz (sei es auf das individuelle Endprodukt, sei es auf die Geräteund<br />

Produktewelt als ganze) gar keine Gelegenheit bleibt; weil<br />

kein Endprodukt verrat, daß in ihm ihre (dieser individuellen<br />

Arbeiter) Qualitäten und Leistungen investiert sind. Stolz kann<br />

man aber nur auf solche Leistungen sein, die derartige Spuren<br />

tragen, die für solche Identifizierungen zur Verfügung stehen.<br />

Als Stolzobjekt ist die Gerätewelt genau so wenig „ihre" wie<br />

als Eigentum. — Und für diejenigen, die in den Produktionsprozeß<br />

überhaupt nicht eingeschaltet sind, natürlich erst recht<br />

nicht.<br />

Nein, trotz der ungeheuren Vermehrung und Ausbreitung technischer<br />

Kenntnisse und trotz <strong>des</strong> natürlich allgemeinen Wissens,<br />

daß die Produkte nicht an Bäumen wachsen, sind diese doch für<br />

die Mehrzahl der Zeitgenossen primär nicht als Produkte da, und<br />

gewiß nicht als Zeugnisse der eigenen prometheischen Selbstherrlichkeit;<br />

sondern einfach „da"; und zwar primär als Waren, als<br />

nötige, wünschenswerte, überflüssige, erschwingliche oder unerschwingliche,<br />

die „meine" erst dann werden, wenn ich sie gekauft<br />

habe. Sie sind sogar eher Beweisstücke eigener Insuffizienz als eigener<br />

Kraft: allein schon <strong>des</strong>halb, weil der Überfluß der ausgestellten<br />

unanschaffbaren Produkte in einem hochindustrialisierten Lande

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