12.01.2014 Aufrufe

Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Natum esse als Makel 25<br />

fragt der Prometheus von heute, der Hofzwerg seines eigenen Maschinenparks,<br />

„wer bin ich schon?"<br />

Vor dieser veränderten Folie also hat man das Begehren <strong>des</strong> heutigen<br />

<strong>Menschen</strong>, ein selfmade man, ein Produkt zu werden, zu<br />

sehen: Nicht <strong>des</strong>halb weil er nichts von ihm selbst nicht Gemachtes<br />

jnehr duldete, will er sich selbst machen; sondern <strong>des</strong>halb, weil<br />

auch er nichts Ungemachtes sein will. Nicht, weil es ihn indignierte,<br />

von Anderen (Gott, Göttern, der Natur) gemacht zu sein; sondern<br />

weil er überhaupt nicht gemacht ist und als nichtgemachter allen<br />

seinen Fabrikaten unterlegen ist. —<br />

14. März<br />

Was hier vorliegt, ist offensichtlich die Variante einer klassischen<br />

Verirrung: nämlich der „Vertauschung von Macher und Gemachtem".<br />

— Der Ausdruck stammt aus den „Confessiones": mit ihm<br />

bezeichnet Augustin die religiöse Falschheit kat"exochen, nämlich<br />

die Anbetung eines creatum (der Welt oder eines Weltstückes), die<br />

dem creator und nur diesem gebühre; oder die bildliche Vorstellung<br />

eines Gottes nach dem Ebenbilde eines solchen creatum. — <strong>Die</strong> Entsprechung<br />

der beiden Verirrungen ist deutlich: auch in seiner „prometheischen<br />

Scham" zieht der Mensch ja das Gemachte dem Macher<br />

vor; auch hier akkordiert er ja dem Gemachten den höheren<br />

Seinsrang. — Damit ist die Analogie freilich an ihrem Ende: denn<br />

die Rolle, die der Mensch spielt, ist in der „prometheischen Scham"<br />

total verändert: Während für Augustin der Mensch eo ipso den<br />

Kreaturen zugehörte, tritt er hier ja ausschließlich in seiner homo<br />

faber-Qualität auf: als das Wesen also, das seine Fabrikate fabriziert.<br />

„Vertauschung von creator und creatum" bedeutet hier daher,<br />

daß er die Ehre, die er seinen Dingen erweist, eigentlich sich selbst<br />

schuldet und allein sich selbst. Nicht superbia beweist seine Ver-<br />

*mmg also, sondern, da er sich die ihm selbst zustehende Ehre versagt,<br />

Selbstentwürdigung. Wie T. durch sein Benehmen bezeugt.<br />

In einer molussischen Legende heißt es, der molussische Schöpfergott<br />

Bamba habe sich unmittelbar, nachdem er die molussischen<br />

Gebirge geschaffen, ins Unsichtbare zurückgezogen und sei, „da<br />

er sich vor den Gipfeln schämte, nicht ihrereiner zu sein, von Stund<br />

an Unsichtbar geblieben". <strong>Die</strong>sem molussischen Gotte entspricht T.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!