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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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330 Anmerkungen<br />

ja bekannt, daß dort die weit verbreitete Sitte herrscht, die Leichen<br />

für die Totenfeier zu schminken, sie also post festum noch einmal in<br />

hübsche Fertigwaren zu verwandeln und ihr Totsein abzuleugnen;<br />

und daß man dort mit Hilfe verführerischer Reizbilder (im Stile der<br />

travel publicity) für die „lovely sites" von Friedhöfen Reklame macht,<br />

das heißt also: daß man die Lebenden, die morituros, als „posthum<br />

Unsterbliche" anspricht und ihnen einredet, daß sie als Eigentumer<br />

ihrer Graber pensionistengleich die hübsche Gegend täglich wurden<br />

genießen können. Daß damit, auf wie unartikulierte Art auch immer,<br />

eine Preserviertheit <strong>des</strong> Lebens nach dem Tode (und naturlich eine,<br />

die mit religiösen Vorstellungen nichts zu tun hat) unterstellt ist. kann<br />

man wohl nicht bestreiten. Das diesem makabren Unsterbliche eitsbetrieh<br />

gewidmete Büchlein Evelyn Waughs ist ja auch hier bekannt. —<br />

61 Daß die Ingenieure bei dem Reizwort „hrain" nichts anderes als<br />

„to feed", also „futtern", assoziieren konnten, scheint mir der Tüpfel<br />

auf dem I.<br />

63 <strong>Die</strong>se Scham ist natürlich keine Spielart der „prometheischen<br />

Scham". Im Gegenteil: Für den, der sich in diesem neuen Sinne schämt,<br />

besteht die „Schande" gerade in der Existenz der „prometheischen<br />

Scham", in der Tatsache, daß es diese gibt. Sie ist also „Scham über<br />

Scham", „iterierte Scham", und als solche vielleicht das erste Korrektiv<br />

gegen die ,. pro metheische Scham".<br />

64 Den philosophischen Romancier könnte es sogar reizen, diese dialektische<br />

Entwicklung noch weiter — nunmehr ins vollends Fiktive<br />

hinein — auszuspannen. Er würde nämlich zeigen, daß McArthurs<br />

Rache-Aktion grundsatzlich zum Scheitern verurteilt war, daß er sich<br />

„totsiegen" mußte, weil er die Erfahrung machen mußte, daß der<br />

Machtspruch maschineller Orakel für die Fuhrung von Konzernen<br />

genau so unentbehrlich ist wie für die Fuhrung von Kriegen, daß sich<br />

McArthur also, im Interesse seiner Rache-Aktion, <strong>des</strong> Machtspruches<br />

iener Kreaturen bedienen mußte, an denen er sich rächen wollte, daß<br />

diese also reichlich Gelegenheit fanden, ihn schadenfroh zu verhöhnen<br />

und ihm seine Genugtuung zu vergällen. — Der „Dialektik der prometheischen<br />

Scham" so weit nachzugehen, ist hier nicht der Ort.<br />

66 l Da die „Instanz" (namentlich in geschichtlich spaten Spielarten<br />

von Scham) oft „man selbst" ist, kann die Scham dreifach reflexiv sein<br />

Man schämt sich; man schämt sich seiner selbst; man schämt sich seiner<br />

selbst vor sich selbst.<br />

66 2 Im Augenblick, in dem sich die ursprunglich „negativ mtentionale"<br />

Scheu, statt weiter vor der Instanz zu fliehen, dieser voll Angst<br />

und aus Distanz unterwirft oder stellt, also irgendwie zuwendet, wird<br />

sie positive religiöse Scheu, also „Scheu" im Sinne der bebenden Verehrung<br />

(vor dem „tremendum"). Da der Verehrende, obwohl „da".

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