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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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Anmerkungen 329<br />

46 <strong>Die</strong> „Autarkie <strong>des</strong> Moralischen" sowohl wie der „Nihilismus"<br />

sind beide, wenn auch in verschiedener Akzentuierung, letztlich nur<br />

Umschreibungen dieser „metaphysischen Schmttblumenhaftigkeit" <strong>des</strong><br />

Moralischen. —<br />

51 Bei vielen. Stucken wurde sich übrigens diese Ersatz Unsterblichkeit<br />

bereits erübrigen, da selbst die Einzelstucke so gut wie unzerstor<br />

bar sind. Das gilt z. B. von gewissen Rasierklingen, deren Herstellung<br />

von Firmen, die die Patente erworben haben, verhindert wird, weil<br />

die effektive Unsterblichkeit dieser Produkte den Tod der Produktion<br />

nach sich ziehen würde; weil die Produktion vom Tode der (immer<br />

neu anzuschaffenden) Einzclprodukte lebt; also der Sterblichkeit ihrer<br />

Exemplare ihre „Ewigkeit" verdankt. —<br />

55 <strong>Die</strong>ses konformistische Ideal mit den Idealen der „Freiheit" und<br />

der „Individualität" (die ja nicht über Bord geworfen sind) m Einklang<br />

zu bringen, macht nur dem Logiker Schwierigkeit; in der geschichtlichen<br />

Wirklichkeit stören sie einander nicht. Dort wird der<br />

Unfreie einfach zum „Freien" ernannt. Da er ja die Freiheit genießt,<br />

seine glucklich extrovertierte Laufbahn, auf die er ein R.echt hat, zu<br />

absolvieren, ohne mit seinen Individualitatsecken anzustoßen, ist nun<br />

er der „Freie". „Freiheit" wird also mit „Glatte" und ,.Reibungslosig<br />

keit", „Individualitat" dagegen mit „Widerhaken" und „Behinderung"<br />

gleichgesetzt. — Im übrigen gibt es keine Gesellschaftsordnung,<br />

die sich nicht (im Unterschiede zu theoretischen Systemen) einander<br />

widerspieckende Ideen leisten konnte. Wenn jede dieser Ideen eine<br />

bestimmte für die Ordnung nützliche Funktion ausfüllt, dann ist ihr<br />

Nebeneinanderbestehen durch nichts behindert. (Etwa das <strong>des</strong> eisten<br />

Buches der „Genesis" und der Prinzipien der „Genetics".) — Im Gegenteil:<br />

als Widerspruchsgeist gilt nur derjenige, der auf solche Wider-<br />

Sprüche seinen Finger legt, und sein unhöflicher Wahrheitsfanatis<br />

mus macht ihn der Intoleranz verdächtig In der Tat gibt es keinen<br />

Widerspruch und keine Inkonsequenz, die nicht durch falsche Be<br />

rufung auf Toleranz gerechtfertigt werden konnten. -<br />

56 Es ist daher auch plausibel, daß in einem Lande, in dem auf<br />

Grund seines hohen Industriepotentials die Vorbild!ichkeit der Serienprodukte<br />

allgemein akzeptiert ist; in dem sich also die Hinfälligkeit<br />

<strong>des</strong> <strong>Menschen</strong> vor der Folie einer fast ausschließlich aus todlosen<br />

Serienprodukten bestehenden Welt abspielt, das Sterben auch<br />

auffälliger ist und als unnaturlicher und beschämender gilt als in<br />

industriell weniger weit vorgeschrittenen Landern, in denen die<br />

Folie der sterblichen Kreaturen noch nicht abgedeckt ist; und daß<br />

dort der Versuch, den Tod zu vertuschen, allgemeiner und vehementer<br />

vor sich geht als anderswo. Ich spreche natürlich von den Vereinigten<br />

Staaten, die freilich mit ihrer Einstellung zum Tode nur eine<br />

Attitüde "vorwegnehmen, die vermutlich uns allen bevorsteht. Es ist

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