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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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VIII<br />

ANHANG<br />

I (zu Seite 275)<br />

Über die Plastizität der Gefühle<br />

Daß die Aufgabe, „zu Großes" zu fassen und aufzufassen, also<br />

das Fassungsvolumen unserer Seele willentlich zu erweitern, nicht<br />

so ungewöhnlich ist, wie das im ersten Augenblick klingen mochte,<br />

darauf verweist schon der Sprachgehrauch. Nämlich der Ausdruck<br />

„sich auf etwas gefaßt machen", der ja eine im Leben immer wieder<br />

auftretende Aufgabe und Leistung bezeichnet. Wenn wir zum<br />

Beispiel sagen: wir machen uns auf einen Schicksalsschlag „gefaßt",<br />

so meinen wir ja nichts anderes, als daß wir uns (wie dunkel<br />

auch sein mag, was wir da eigentlich anstellen) auf den Empfang<br />

eines Ereignisses vorbereiten, das „eigentlich" zu groß für das gewöhnliche<br />

Volumen unserer Seele ist. Irgendetwas unternehmen<br />

wir zweifellos, um uns „innerlich" der Aufnahme eines „zu Großen"<br />

anzumessen; irgendwie „erweitern" wir uns, um uns instand<br />

zu setzen, das zu Große trotz seiner „Unfaßlichkeit" so aufzufassen,<br />

daß wir von ihm nicht erfaßt, „fassungslos" gemacht oder gar<br />

zerstört werden. — <strong>Die</strong>s lediglich als erster Hinweis.<br />

Der freilich bei weitem nicht ausreicht. Denn um an das Problem<br />

der Modellierbarkeit der Gefühle heranzukommen, haben<br />

wir viel weiter abzuschweifen; und zwar bis in die Tiefen der<br />

„philosophischen Anthropologie".<br />

<strong>Die</strong> „Unfestgelegtheit <strong>des</strong> <strong>Menschen</strong>"*, d. h.: die Tatsache,<br />

daß dem <strong>Menschen</strong> eine bestimmte bindende Natur fehlt; positiv:<br />

seine pausenlose Selbstproduktion, seine nicht abbrechende geschichtliche<br />

Verwandlung — macht die Entscheidung darüber, was<br />

ihm als „natürlich" und was als „unnatürlich" angerechnet werden<br />

solle, unmöglich. Schon die Alternative ist falsch. „Künstlichkeit<br />

ist die Natur <strong>des</strong> <strong>Menschen</strong>."

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