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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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290 Über die Bombe und die Wurzeln unserer Apokalypse-Blindheit<br />

senlosen" <strong>Menschen</strong> hergestellt wird; der Geburtsort <strong>des</strong> Konformisten.<br />

Der dort geprägte Mensch braucht nur in einen anderen Aufgabenkreis,<br />

in einen anderen „Betrieb", versetzt zu werden, und<br />

plötzlich wirkt er, ohne sich wesentlich zu verändern, monströs;<br />

plötzlich erfüllt er uns mit Grausen; plötzlich nimmt die Suspension<br />

seines Gewissens, die schon zuvor ein fait accompli gewesen,<br />

das Aussehen nackter Gewissenlosigkeit, die Suspension seiner Verantwortung<br />

das der nackten „moral insanity" an. Solange wir dieser<br />

Tatsache nicht ins Auge blicken, also nicht erkennen, daß der heutige<br />

Betrieb die Schmiede, der Arbeitsstil das Vorbild der Gleichschaltung<br />

ist, bleiben wir unfähig, die Figur <strong>des</strong> konformistischen<br />

Zeitgenossen zu verstehen; also zu verstehen, was es mit jenen<br />

„verstockten" Männern auf sich hatte, die sich in den erwähnten<br />

Prozessen weigerten, ihre „mit-getanen" Untaten zu bereuen oder<br />

zu verantworten.<br />

Man mißverstehe nicht. Es gibt nichts, was dem Schreiber ferner<br />

läge, als in diesem Falle „comprendre pour pardonner"; es kann<br />

nichts geben, was ihm ferner läge, da er es einem reinen Zufall<br />

verdankt, daß er (im Unterschiede zu seinesgleichen) diesen Männern<br />

nicht zum Opfer gefallen ist. — Was er zeigen will, ist vielmehr,<br />

daß die Untaten, da sie in der „Medialitat" <strong>des</strong> heutigen<br />

Arbeitsstils gründeten, aufs engste mit dem Wesen der heutigen<br />

Epoche zusammenhängen; daher ungleich furchtbarer und verhängnisvoller<br />

waren, als man es damals, als man sich (sehr vorübergehend)<br />

mit ihnen auseinanderzusetzen versuchte (z. B. in den<br />

Erörterungen der „Kollektivschuld"), gesehen hatte; um so furchtbarer<br />

und verhängnisvoller, als ja deren Vorbedingung: eben der<br />

heutige Arbeitsstil, geblieben ist, weil dieser heute wie damals, und<br />

zwar überall, existiert; und weil uns ja noch nicht einmal eine<br />

Richtung bekannt ist, in der wir nach einer möglichen Abhilfe<br />

suchen könnten; denn uns einen Produktions-, also einen Arbeitsstil,<br />

vorzustellen, der von dem heute herrschenden abwiche, sind<br />

wir ja außerstande.* Deshalb halten wir es auch für reinen Selbstbetrug,<br />

in den Untaten gewissermaßen „erratische Ereignisse" zu<br />

sehen, die sich einmal, aber eben doch nur ein einziges Mal, in den<br />

Raum unserer Geschichte verirrt hätten, und für deren Wiederholung<br />

nichts spreche. Da umgekehrt „Medialität" und Konfor-

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