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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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Erweiterung <strong>des</strong> Zeit-Vermögens 283<br />

ration unserer Urenkel oder im „siebten Geschlecht". Da die Effekte<br />

<strong>des</strong>sen, was wir heute tun, bleiben, erreichen wir also heute<br />

schon diese Zukunft; womit gesagt ist, daß sie in pragmatischem<br />

Sinne bereits gegenwärtig ist. So gegenwärtig, wie etwa ein Feind<br />

„gegenwärtig" ist, wenn er, obwohl, im äußerlichen Sinne abwesend,<br />

bereits in Reichweite unserer Waffe ist, also von uns getroffen<br />

werden kann.<br />

Wir haben also Macht Über eine Zeit, die wir als „Zukunft"<br />

gewöhnlich nicht in Betracht ziehen und nicht in Betracht ziehen<br />

können. Unsere Tat leistet mehr als unsere Auffassung. Wir werfen<br />

weiter, als wir Kurzsichtige sehen können. Das heißt: Wiederum<br />

stehen wir vor einem „prometheischen Gefälle"; und damit<br />

wiederum vor der uns bekannten Aufgabe, das ,.Gefälle" "zu überwinden,<br />

nicht „hinter uns selbst zurückzubleiben", uns selbst „einzuholen",<br />

damit wir nicht „kleiner bleiben als wir selbst", und<br />

uns nicht durch diese Selbst-Unterlegenheit den Untergang bereiten.<br />

Alle diese Begriffe sind uns ja aus unserer Darstellung der<br />

heutigen Aufgabe bekannt (§ 13).<br />

Wir haben diesen Überlegungen das Montaignesche Wort „embrasser<br />

l'univers conune sa ville" vorangestellt.<br />

<strong>Die</strong>se Montaignesche Losung gilt es nun also ins Zeitliche zu<br />

übersetzen. Womit gesagt ist, daß wir zu versuchen haben, uns,<br />

über uns selbst hinausgreifend, <strong>des</strong> zeitlich Fernsten zu versichern<br />

und dieses in Evidenz zu halten. „<strong>Die</strong> Ungeborenen", heißt es im<br />

Molussischen, „begrüße als deine Nachbarn".<br />

Wiederum handelt es sich also um die Aufgabe, ein Vermögen<br />

zu „erweitern". <strong>Die</strong>sesmal unser Zeit-Vermögen. Aber was verlangt<br />

wird, ist nicht etwa, prophetengleich dies oder jenes vorauszusehen,<br />

sondern allein, daß wir versuchen, wie von einer Bergspitze<br />

oder von einem Flugzeug aus, den erweiterten Horizont als<br />

unseren aufzufassen.<br />

So wie Rundfunk und Fernsehen die räumlich entferntesten<br />

Dinge auffangen, um sie dem einen Orte, dem unseres Aufenthaltes,<br />

zuzuleiten, so haben wir die zeitlich entferntesten, die zukünftigsten<br />

Geschehnisse, aufzufangen, um sie mit dem einen Zeitpunkt,<br />

dem Jetzt, als jetzt geschehende zu synchronisieren. Denn<br />

jetzt geschehen sie, weil sie vom Jetzt abhängen; und als jetzt ge-

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