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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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Der unterschlagene Tod 281<br />

das hiesige Dasein anderswo fortsetzt. Und mit diesem Ausdruck<br />

„das hiesige Dasein anderswo fortsetzen" ist eben der Typ von<br />

„Unsterblichkeit", der sich im Räume der optimistischen Fortschrittswelt<br />

entwickelt, bezeichnet: <strong>Die</strong>se „Unsterblichkeit" besteht<br />

nicht in „Ewigkeit", sondern im nicht-Enden <strong>des</strong> hiesigen Lebens.<br />

— 2. Wo man den Tod, der ja nicht völlig unterschlagbar ist, zugesteht,<br />

wie etwa in der Wissenschaft, da entgiftet man ihn dadurch,<br />

daß man ihn zur Hilfskraft <strong>des</strong> aufsteigenden Lebens ernennt.<br />

Ein klassisches Beispiel dafür hat bereits der Darwinismus<br />

dargestellt, da dieser ja den Tod, sogar den ganzer Gattungen, als<br />

das „Sieb <strong>des</strong> Lebens" deutete: ihm nämlich das Amt übertrug,<br />

dem stärkeren (und „<strong>des</strong>halb" legitimeren) Leben zu seinem Alleinrecht<br />

zu verhelfen, und zwar dadurch, daß er das schwächere (und<br />

„<strong>des</strong>halb" lebens-unwertere) Leben durch seine Sieblöcher fallen<br />

ließ. Das heißt: Da der Darwinismus das Negativum „Tod" in<br />

einen Beitrag zu dem Positivum „Aufstieg <strong>des</strong> Lebens" ummünzte,<br />

erfüllte er die Aufgabe, eine naturalistische Theodizee für den<br />

Fortschritt in der Natur beizustellen. —<br />

Natürlich sind diese zwei Illustrationen der Rolle, bzw. der Ableugnung,<br />

<strong>des</strong> To<strong>des</strong> ganz beliebig gewählt. Aber um zu zeigen,<br />

mit welcher Vollständigkeit und in welcher Breite die Fortschrittsphilosophie<br />

ihre Herrschaft ausgeübt hat, schien es mir nicht falsch,<br />

zwei Beispiele herauszugreifen, die nicht nur in zeitlicher und<br />

geographischer Hinsicht weit ausseinanderliegen, sondern zwei völlig<br />

verschiedenen Ecken <strong>des</strong> Daseins zugehören. —<br />

Von einer Menschheit, deren Beziehungen zum Tode noch gestern<br />

so unzulänglich und so opportunistisch gewesen waren, zu<br />

erwarten, sie könnte ein „Ende" im apokalyptischen Sinne auffassen,<br />

oder sich auf ein solches Ende sogar gefaßt machen, das<br />

wäre in der Tat ungerecht. —

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