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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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274 Über die Bombe und die Wurzeln unserer Apokalypse-Blindheit<br />

lichkeit oder Unmöglichkeit entschieden werden. Überlegungen<br />

darüber, ob es willentliche Erweiterungen oder gar Neuschöpfungen<br />

von Gefühlen auch früher schon gegeben hat, kann er nachher<br />

anstellen; und das wird er auch tun. Erst einmal aber kommt es<br />

ausschließlich darauf an, daß er mit dem Experiment beginne, also<br />

„moralische Streckübungen" versuche, Überdehnungen seiner gewohnten<br />

Phantasie- und Gefühlsleistungen, kurz: daß er Exerzitien<br />

durchführe, um die angeblich festliegende „proportio humana"<br />

seiner Vorstellung und seines Fühlens zu transzendieren. —<br />

Der Schreiber dieser Zeilen ist sich völlig im Klaren darüber,<br />

daß diese Stelle in seinem Text keinen „Text" im üblichen Sinne<br />

mehr darstellt; und daß er den Leser hier nicht mehr einfach als<br />

„Leser" anspricht. Aber letztlich gibt es wohl überhaupt keine<br />

Texte, deren raison d'etre nicht in etwas bestünde, was mehr wäre<br />

als Text. <strong>Die</strong> raison d'£tre unseres Textes haben wir hier erreicht.<br />

—<br />

Daß seine Aufforderung gewalttätig ist, ist ihm gleichfalls klar.<br />

In der Tat erinnert sein Verlangen, der Mensch solle seine Vermögen<br />

willentlich erweitern, frappant an jene gewalttätigen Überforderungen,<br />

die er bei der Erörterung <strong>des</strong> „Human Engineering"*<br />

geschildert und so heftig abgewiesen hatte. Aber er sieht<br />

nicht, daß anderes übrigbleibt. <strong>Die</strong> Waffen <strong>des</strong> Angreifers bestimmen<br />

die <strong>des</strong> Verteidigers. Wenn es unser Schicksal ist, in einer<br />

(von uns selbst hergestellten) Welt zu leben, die sich durch ihr<br />

Übermaß unserer Vorstellung und unserem Fühlen entzieht und<br />

uns dadurch tödlich gefährdet, dann haben wir zu versuchen, dieses<br />

Übermaß einzuholen.<br />

Ich sage: „einholen". Und damit ist ja die Differenz zwischen<br />

den Absichten <strong>des</strong> „Human Engineering" und denen unserer Versuche<br />

deutlich genug bezeichnet. Während das „Human Engineering"<br />

uns zu dem Zweck zu verwandeln sucht, um uns „sicut<br />

gadgets", also der Gerätewelt restlos konform, zu machen; erhoffen<br />

wir mit unseren Versuchen, die Gerätewelt „einzuholen" — und<br />

zwar eben „einzuholen" so wie man eine ausgeworfene Leine „einholt";<br />

das heißt: sie zurückzuholen.

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