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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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250 Über die Bombe und die Wurzeln unserer Apokalypse-Blindheit<br />

Aber damit nicht genug. Unterstellt selbst (was nicht der Fall<br />

ist), jemand verfolgte das herostratische Ziel, die Welt auszulöschen:<br />

Selbst dann wäre die weitere Herstellung atomarer Waffen<br />

keine Herstellung von „Mitteln"; heute jedenfalls nicht mehr.<br />

Und zwar <strong>des</strong>halb nicht, weil — darin sind sich alle Sachverständigen<br />

einig — die Quantität in die Qualität bereits umgeschlagen<br />

ist. Das heißt: weil die virtuelle Gewalt der heute aufgestapelten<br />

Bomben bereits absolut ist. Und das heißt wiederum, daß sie bereits<br />

ausreicht, um dieses „kosmisch-herostratische" Ziel zu erreichen.<br />

Aus diesem Grunde scheint es letztlich auch sinnlos, daß<br />

man die Große oder den Brisanzkoeffizienten oder die Zahl der<br />

Bomben immer weiter steigert. <strong>Die</strong> absolute Gefahr, die man in<br />

Händen hält; der Effekt, den man auslösen kann, ist nicht mehr<br />

steigerbar. Jedenfalls ergäbe die Steigerung <strong>des</strong> Mittels nichts Neues;<br />

nichts Neueres als der Komparativ <strong>des</strong> Eigenschaftswortes „tot".<br />

Das ist etwas Erstmaliges, das ist in der Geschichte der Produktion<br />

noch nicht dagewesen. Für den „Geist der Industrie", der<br />

unter der Zwangsidee steht, daß je<strong>des</strong> technische Produkt zur Steigerung,<br />

also zum Komparativ, verpflichtet sei, ist die Tatsache,<br />

daß dieser Komparativ zwar möglich ist, aber keinen Sinn hat; daß<br />

sich Kaliber und Wirkungsradius <strong>des</strong> Dinges zwar „verbessern"<br />

lassen, <strong>des</strong>sen Wirkung aber nicht, einfach unbegreiflich. „Es war<br />

einmal", könnte es bei einem Swift von heute heißen, „ein hoher<br />

Administrator der Atomwaffenproduktion, <strong>des</strong>sen Amt darin bestand,<br />

für die tägliche Steigerung <strong>des</strong> Brisanzkoeffizienten der<br />

Wasserstoffbombe Sorge zu tragen. Als sich dieser Mann, der lange<br />

Monate versucht hatte, diesen Gedanken abzuwehren, eines Tages<br />

der Einsicht nicht mehr verschließen konnte, daß sich mit der<br />

Steigerung seines Produktes <strong>des</strong>sen Wirkung nicht mehr mitsteigerte,<br />

da begann sich sein Geist zu verdunkeln, ja er wurde gemütskrank.<br />

„Aber begreifen Sie doch, Doktor!" rief er, „aber begreifen<br />

Sie doch! Ein Mittel, das sich steigern laßt — und <strong>des</strong>sen Effekt<br />

dennoch konstant bleibt! Hat man so etwas schon einmal gehört?<br />

Immer nur der gleiche Effekt, sage ich Ihnen, immer nur das<br />

gleiche Ende der Welt! Ja, ist denn das nicht zum Wahnsinnigwerden?<br />

Ist das nicht ein Skandal? Ist denn das nicht wirklich<br />

das Ende der Welt?"-

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