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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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238 Ober die Bombe und die Wurzeln unserer Apokalypse-Blindheit<br />

von will ich hier gar nicht reden. Aber gegenüber dem heutigen<br />

<strong>Menschen</strong>, der sich in apokalyptischer Gefahr befindet, wird nun<br />

dieses Ideal <strong>des</strong> „Schwermachens" zur Spielerei. Einem Gefährdeten<br />

kann man nicht mit Erschwerungen kommen, sondern nur mit<br />

Worten, die ihn vielleicht zur Besinnung bringen könnten. In<br />

einem Moment, in dem derartiges nötig ist, ist die Frage, ob es<br />

möglich sei, falsch, weil unerlaubt. Schwermachen hin, Schwermachen<br />

her — wer Moralist ist, muß sich da irgendwie durchschwindeln,<br />

also ein Idiom finden, das nicht nur in bestimmten<br />

Gebäuden: in den Universitäten, verstanden wird. Und wenn es ihm<br />

dadurch passieren sollte, daß seine Betrachtungen nicht als „philosophisch"<br />

klassifiziert werden, dann wird ihm das bei der Wichtigkeit<br />

seiner Aufgabe nicht viel ausmachen; um so weniger, als es,<br />

(wie es in einem molussisehen Spruche heißt) „den wirklichen<br />

Philosophen definiert, daß ihn nichts so kalt lasse, wie die Klassifizierung<br />

seiner Überlegungen".<br />

Ob die Ausdrücke „Moral", „moralistisch", „Ethik" u. dgl. für<br />

die nachfolgenden Überlegungen noch passen, ist ungewiß. Vor<br />

der monströsen Größe <strong>des</strong> Gegenstan<strong>des</strong> klingen sie kraftlos und<br />

unangemessen. Denn als Moralproblcme waren bis heute ja diejenigen<br />

Fragen bezeichnet worden, die sich darauf bezogen hatten,<br />

wie <strong>Menschen</strong> <strong>Menschen</strong> behandeln, wie <strong>Menschen</strong> zu <strong>Menschen</strong><br />

stehen, wie Gesellschaft funktionieren solle. Abgesehen von einer<br />

Handvoll verzweifelter Nihilisten <strong>des</strong> vorigen Jahrhunderts hat<br />

es kaum je einen Moraltheoretiker gegeben, der die Voraussetzung,<br />

daß es <strong>Menschen</strong> geben werde und solle, jemals bezweifelt hätte.<br />

Sie zur Debatte zu stellen, wäre noch vor kurzem sinnlos gewesen.<br />

Aber durch die Bombe, bzw. durch unsere Stellungnahme oder<br />

NichtStellungnahme zu ihr, ist diese Frage akut geworden.<br />

Das heißt: an die Stelle der „Wie-Fragen" ist die „Ob-Frage"<br />

getreten; die ob die Menschheit weiterbestehen werde oder nicht.<br />

<strong>Die</strong> Frage klingt plump; und der Zeitgenosse, in seiner Apokalypse-Blindheit,<br />

in seiner Angst vor der Angst, vor der eigenen<br />

und der der Anderen; und in seiner Scheu davor, sich selbst und<br />

andere morituros kopfscheu zu machen, will sie nicht wahrhaben.

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