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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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Notwendige Übertreibung 237<br />

man seine Rede so scharf wie möglich zuspitzt. <strong>Die</strong>s also der Grund<br />

für die Überpointiertheit meiner Formulierungen. <strong>Die</strong> gluckliche<br />

Zeit, in der man es sich leisten kann, nicht zu überspitzen, und<br />

nicht zu übertreiben: die Zeit der Schlichtheit, haben wir noch<br />

nicht erreicht.<br />

Indirekt ist damit bereits gesagt, daß, min<strong>des</strong>tens in seinen<br />

Hauptstucken, der Aufsatz nicht akademisch ist. Es gibt Themen,<br />

die man bereits dadurch verfehlt, daß man sie falsch adressiert. Da<br />

die Bombe nicht über unseren Universitatsgebauden hangt, sondern<br />

über unser aller Hauptern, wäre es ja auch nicht angemessen,<br />

einer Fachgruppe etwas über die mögliche Apokalypse in einem<br />

Fachidiom vorzuphilosophieren. Im übrigen scheint mir die akademische<br />

Philosophie auch am wenigsten „interessiert" an diesem<br />

„Thema", da sie sich ja gewöhnlich erst dann bequemt, die Schlage,<br />

die die Wirklichkeit auf uns niederfallen laßt, in „Probleme" zu<br />

verwandeln, wenn die Opfer dieser Schlage nicht nur schon tot,<br />

sondern auch schon vergessen sind. Noch heute sind in den<br />

akademischen<br />

Ethiken die Liquidaüons-Installationen eine unentdeckte<br />

Sache der Zukunft.<br />

Worauf es ankommt, ist also, einen Ton zu finden, der in einem<br />

breiteren Kreise vernehmlich sein konnte, also populär zu philosophieren.<br />

Und damit sind wir bei unserer zweiten Schwierigkeit<br />

Denn „populäres Philosophieren" gibt es nicht.<br />

Und zwar <strong>des</strong>halb nicht, weil Massenwege zu philosophischen<br />

Problemlosungen so wenig existieren wie „Konigswege"; und weil<br />

Philosophieren „eine Sache schwer machen" bedeutet. Das ist dem<br />

Schreiber nicht weniger bekannt als jenen Philosophen, deren Beruf<br />

in Unerbittlichkeit besteht<br />

Aber dieses Bedenken gilt hier nicht mehr. Schließlich steht<br />

anderes heute auf dem Spiele als die Ehrenrettung <strong>des</strong> Schwierigen.<br />

Daß das philosophische Ideal <strong>des</strong> Schwermachens ohnehin Verachtung<br />

<strong>des</strong> Mitmenschen voraussetzt; Verachtung <strong>des</strong>sen, der als<br />

„man" lebt und es sich als solcher zu leicht macht; und daß man<br />

sich über das Unglück derer, die zum ,,man"-Sein verurteilt sind,<br />

gewohnlich nicht weiter seinen ontologischen Kopf zerbricht, da-

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