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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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190 <strong>Die</strong> Welt a l s Phantom und Matrize<br />

brauchten; weder Wege noch Anstrengungen noch Gefahren. Ja,<br />

die Perfektion geht soweit, daß sogar auch nach dem Konsum nichts<br />

als Rest bleibt, kein Kern, kein Haar und kein Knochen. Nicht einmal<br />

das Produkt selbst bleibt (etwa wie das Buch nach der Lektüre).<br />

Das Konsumgut ist pillengleich im Konsum aufgegangen, also verschwunden.<br />

Abgesehen von dem unsichtbaren Effekt, der darin<br />

besteht, daß der Konsument durch die Ware von neuem zum Massenmensch<br />

gemacht ist, ist alles beim alten. Nichts braucht fortgeräumt<br />

oder gewaschen zu werden; nichts ist geschehen, nichts<br />

geblieben, nichts bleibt; die Folgenlosigkeit ist vollkommen. Der<br />

Gefahr, daß dem Konsumenten eine unerwünschte Aufstapelung<br />

von Kulturgütern zugemutet werden könnte, ist jeder Riegel vorgeschoben.<br />

Keine Bildung droht. —<br />

Aber diese Darstellung ist noch unzulänglich. Nicht erst unser<br />

Brot ist ein künstliches Produkt, sondern bereits <strong>des</strong>sen Rohmaterial,<br />

das Getreide, das ja, obwohl noch wachsend, doch bereits so<br />

wächst und als eine solche Art wächst, wie es für <strong>des</strong>sen Verwendung<br />

als Produkt am günstigsten ist. Wesentlich für Kultur,<br />

namentlich für die heutige Massenproduktion, ist nicht nur die<br />

nachträgliche Bearbeitung <strong>des</strong> vom Schicksal geschenkten Stoffes,<br />

sondern bereits die Lenkung dieses Stoffes selbst. In der Tat<br />

gibt es keine Produktion, die nicht versuchte, in den Rohstoff so<br />

früh wie möglich einzugreifen, d. h.: ihm gar keine Zeit zu lassen,<br />

überhaupt „nur Rohstoff" zu sein; und die sich nicht bemühte,<br />

auch ihn schon einzuspannen und auch sein Werden schon zum<br />

ersten Stadium der Produktion zu machen. Und das gilt auch von<br />

dem Produktionszweig „Sendungen". Ihr Rohmaterial besteht zum<br />

großen Teile aus Ereignissen. Daher versucht man, auch diese bereits<br />

zu züchten, sie also so geschehen zu lassen, daß sie fit für ihre<br />

Fertigwarenfunktion sind; ihnen so früh wie möglich, oder von<br />

vorneherein, eine optimale Reproduktionseignung zu verleihen; also<br />

dafür zu sorgen, daß sie ihren Reproduktionen ohne Schwierigkeit<br />

als Unterlage dienen können. Das Wirkliche — das angebliche Vorbild<br />

— muß also seinen eventuellen Abbildungen angemessen, nach<br />

dem Bilde seiner Reproduktionen umgeschaffen werden. <strong>Die</strong> Tagesereignisse<br />

müssen ihren Kopien zuvorkommend nachkommen. Wirklich<br />

gibt es bereits zahllose Geschehnisse, die nur <strong>des</strong>halb so gesche-

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