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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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<strong>Die</strong> „passierte" Welt 189<br />

stehen, als aus derjenigen Qualität, die sie verkäuflich und verwendbar<br />

macht. Vollkommen wird dieses Ziel von keinem Produkte<br />

erreicht: je<strong>des</strong> schleppt, schon durch Volumen, Gewicht und Bedienungszumutung,<br />

eine Sündenlast von Attributen mit sich herum,<br />

auf die die Nachfrage nicht aus ist, die der Käufer in Kauf zu nehmen<br />

hat. In einem gewissen skurrilen Sinne scheint sich je<strong>des</strong>, der<br />

Seele gleich, zu schämen, an einen Leih gekettet zu sein, der Natur<br />

zuzugehören. Das Ideal, das es verfolgt, ist, diesen leiblichen<br />

Rest auf ein infinitesimales Minimum herabzudrücken, ein gewissermaßen<br />

engelhaftes Dasein zu erreichen.*<br />

Das gilt nicht nur von physischen Produkten, sondern von allen;<br />

nicht nur von dem physischen Stoff, aus dem physische Produkte<br />

hergestellt werden; sondern von jedem, der bearbeitet wird. Also<br />

auch von dem Stoff, der in „Sendungen" verarbeitet wird: also von<br />

den Ereignissen.<br />

So wie diese „von Natur aus" und als Einzelgeschehnisse passieren,<br />

taugen sie nichts; sind sie Rohstoff; schleppen sie eine Sündenlast<br />

von Attributen mit sich herum, die unverwendbar ist; können<br />

sie die Zensur der Wirtschafts-Ontologie nicht „passieren". Um<br />

etwas zu taugen, müssen sie vervielfacht, und da die Vervielfachung<br />

<strong>des</strong> Rohzustan<strong>des</strong> sinnlos wäre, „ p a s s i e r t werden", gewissermaßen<br />

erst durch die Passiermaschine getrieben, also gesiebt werden.<br />

Allein in diesem „passierten" Zustande sind sie nun gültig.<br />

<strong>Die</strong> Frage, was oder wie das Ereignis „in Wahrheit" sei oder gewesen<br />

sei, ist, da es sich eben um eine "Ware handelt, unsachlich gefragt.<br />

Vor der gebrauchsfertigen Marmelade fragte man ja auch<br />

nicht, welche ursprünglichen Früchte durch die Passiermaschine<br />

getrieben worden waren, um als Marmelade herauszukommen. Vielmehr<br />

findet man vor dem Produkt: „das ist das Wahre", wenn es<br />

in der Verwendung funktioniert; sich als dasjenige herausstellt,<br />

was man braucht, und wenn es, in dieser Brauchbarkeit aufgehend,<br />

sich bewährt.<br />

<strong>Die</strong>ser Wahrheitsbegriff <strong>des</strong> Produkts und der Ware, also der der<br />

Bewährung, wird nun durch die, im „passierten Zustande" als<br />

Radio- oder TV-Sendungen ankommenden Ereignisse auf das vollkommenste<br />

befriedigt. Da ist kein Totgewicht, von dem sie belastet<br />

wären; und nichts, was die Konsumenten in Kauf zu nehmen

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