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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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<strong>Die</strong> Rechtfertigung der Welt 187<br />

in den oben genannten Transformations-Zucht- und Schlachthäusern<br />

unterbringt, unabmeßbar breit. Aber etwas Gemeinsarnes ist<br />

doch unbestreitbar: Eben die höchst eigentümliche Grundunterstellung,<br />

daß das Sein unserer Hilfe bedarf, daß es von sich aus<br />

nötig habe, „eingehaust" zu werden, daß es ohne uns keinen Nu<br />

leben, mit sich selbst nicht fertig werden könne, erst bei uns seinen<br />

Stall und seine Stelle finden müsse. Hier wie dort ist man bemüht,<br />

dem „Idealismus" (im Sinne unserer Definition) eine realistische<br />

Wurzel und Rechtfertigung zu verschaffen: und zwar eben dadurch,<br />

daß man der Welt oder dem Sein selbst das Bedürfnis unterschiebt,<br />

meine Welt zu werden. Beiden Philosophien liegt der<br />

Wunsch zugrunde, dem <strong>Menschen</strong> eine metaphysische Mission zuzuschanzen;<br />

ihm einen Auftrag weiszumachen; bzw. dasjenige, was<br />

er ohnehin tut, ex post als Auftrag zu rechtfertigen. Unbegreiflich<br />

ist dieser Wunsch allerdings nicht. In beiden Fällen handelt es sich<br />

um verzweifelte Proteste gegen die heutige „Stellung <strong>des</strong> <strong>Menschen</strong><br />

im Kosmos" oder richtiger: gegen die Tatsache, daß der Mensch<br />

eben keine Stellung im Kosmos einnimmt, daß er, durch den Naturalismus<br />

zu einem Stück Natur unter Milliarden anderen Stücken<br />

Natur degradiert, der Illusion seines anthropozentrischen Privilegs<br />

beraubt worden ist. Beide Philosophien bezeugen, wie unsäglich<br />

schwer es ist, dieser Privileglosigkeit gewachsen zu bleiben, sie auszuhalten:<br />

denn in beiden wird eben der Versuch unternommen,<br />

eine Sonderstellung, eine Mission, eine Unentbehrlichkeit <strong>des</strong> <strong>Menschen</strong><br />

für die Welt durch eine Hintertüre einzuschmuggeln. Der<br />

„Hirte" ist eben Zentrum der Herde; als solcher selbst kein Schaf.<br />

Ist der Mensch „Hirte <strong>des</strong> Seins" oder der Welt, dann „ist" er eben<br />

auch nicht nur im gleichen Sinne wie die Welt, sondern in einem<br />

speziellen anderen; und der Schild seiner metaphysischen Ehre ist<br />

wieder blank. Das gleiche gilt vom „Schmied der Welt". — In beiden<br />

Philosophien handelt es sich nun freilich um verschämten Anthropozentrismus,<br />

um eine neue Spielart, denn was sie behaupten,<br />

ist ja nicht eigentlich, daß die Welt für den <strong>Menschen</strong>, sondern<br />

umgekehrt der Mensch für die Welt da sei. In beiden ist die dem<br />

<strong>Menschen</strong> zugewiesene Rolle die eines kosmischen Altruisten, die<br />

eines kosmischen Managers, dem, was er besorgt, nicht selbst gehört,<br />

und dem nur das Beste von Welt und Sein am Herzen liegt. —

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