12.01.2014 Aufrufe

Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Unverwertbares ist nicht 185<br />

Analogie nicht besagen, daß die Wirtschaftsontologie eine reguläre<br />

Theodizee ausgebildet, daß sie ein „es gibt nichts Unverwertbares"<br />

als Lehrsatz ausgesprochen hätte. Von ausgesprochenen Lehrsätzen<br />

kann bei ihr ja keine Rede sein. Aber ihr Tun, beweiskräftiger als<br />

jede mögliche These, scheint doch von einem geradezu sportlichen<br />

Ehrgeiz befeuert, die Natur zu überlisten: von dem Ehrgeiz, es ihr<br />

zu „zeigen", ihr nachzuweisen, daß ihr ihre metaphysische Herumfaulenzerei<br />

letztlich eben doch nichts nutze; daß ihre Ziererei, ihr<br />

sich-Sträuben, ihre Prätention auf Unabhängigkeit vom Produktionskosmos<br />

vergeblich sei; von dem Ehrgeiz, sie zu vergewaltigen,<br />

ihr Kinder zu machen, ihr ihre Fruchtbarkeit abzuzwingen und ad<br />

oculos zu demonstrieren, daß man — und wäre es durch Erfindung<br />

und Herstellung der absur<strong>des</strong>ten Bedürfnisse, die man sogar ihrem<br />

Abfall anmessen würde — sie bis aufs Letzte verwerten könne. So<br />

unüberbietbar selbstsicher und titanenhaft diese herausfordernde<br />

Haltung zu sein scheint, völlig frei von Furcht und Zittern ist auch<br />

sie nicht. Auch dem Titanen ist der Weltschmerz <strong>des</strong> Industriezeitalters<br />

beigegeben; auch ihm die Angst davor, der Überfülle <strong>des</strong>sen,<br />

was er herausfordert, nicht gewachsen zu sein; davor, daß sich<br />

die Überfallene (obwohl vielleicht frigide und höhnisch das Maximum<br />

ihrer Fruchtbarkeit zurückhaltend) durch ein Übermaß von<br />

Nutzeffekt rächen könnte. Der von solcher Angst begleitete Kampf<br />

nimmt dann hektische Formen an; und da die Vergewaltigte: eben<br />

die Welt der Natur, aus jeder Umarmung in neuer Jungfräulichkeit<br />

hervorzugehen scheint und an jedem Morgen, so, als entsänne<br />

sie sich <strong>des</strong>sen, was man ihr angetan, nicht im min<strong>des</strong>ten, steigert<br />

sich der Kampf sogar zu sisyphushafter Wut. —<br />

Aber lassen wir dieses heikle und nicht ganz glaubhaft mythologisierende<br />

Bild. <strong>Die</strong> Maxime, die hier effektiv wirksam ist, lautet<br />

jedenfalls: „Es darf nichts Unverwertbares geben." Deren positive<br />

Imperativfassung: „Mache alles verwertbar!" In gewissem Sinne<br />

ist die Wirtschafts-Ontologie also zugleich eine Ethik; eben eine,<br />

die sich die Erlösung <strong>des</strong> Weltchaos aus seinem Zustand der Rohstofflichkeit,<br />

der „Sündigkeit", der „Uneigentlichkeit" zur Aufgabe<br />

setzt, also darauf abzielt, das „Uneigentliche" in ein „Eigentliches"<br />

zu verwandeln, das Chaos in einen Kosmos der Produkte — kurz:

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!